Äthiopien: Baerbock muss Freilassung von Menschenrechtsverteidigern fordern

Wurden für ihr mutiges Engagement mit dem Amnesty-Menschenrechtspreis 2022 der deutschen Amnesty-Sektion ausgezeichnet: Mitarbeitende des Äthiopischen Menschenrechtsrats EHRCO in ihrem Büro in Addis Abeba (Archivaufnahme vom Januar 2022).
© Maheder Haileselassie Tadese
+++ Aktualisierung am 12. Januar 2023 um 15:26 Uhr: Dan Yirga, der Leiter des äthiopischen Menschenrechtsrats EHRCO, hat Amnesty International darüber informiert, dass die EHRCO-Mitarbeiter von der Polizei auf Kaution freigelassen wurden. Sie sind sehr erleichtert und glücklich. Die Anklagepunkte bleiben jedoch bestehen. Dan Yirga dankt Amnesty sehr für die Unterstützung, die maßgeblich zu den Freilassungen beigetragen habe. +++
Anlässlich der heutigen Reise der Außenministerinnen Frankreichs und Deutschlands nach Äthiopien fordert Amnesty International die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock auf, sich für kriminalisierte Menschenrechtsverteidiger*innen einzusetzen. An die äthiopische Regierung gerichtet fordert die Menschenrechtsorganisation die sofortige und bedingungslose Freilassung von vier Menschenrechtsverteidigern, die für den Äthiopischen Menschenrechtsrat (Ethiopian Human Rights Council, EHRCO) tätig sind.
Daniel Tesfaye, Bizuayehu Wendimu, Bereket Daniel und Nahom Hussien wurden am 5. Januar im Stadtteil Alem Bank in Addis Abeba festgenommen, während sie dort rechtswidrige Zwangsräumungen dokumentierten.
Anlässlich der heute beginnenden Äthiopien-Reise von Annalena Baerbock fordert Amnesty International die Außenministerin dazu auf, während ihrer Reise die desolate Menschenrechtssituation in Äthiopien anzusprechen – und sich für die tausenden Menschen einzusetzen, die aufgrund ihres politischen Engagements oder ihrer ethnischen Herkunft inhaftiert sind.
Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty in Deutschland, sagt: "Die Bundesregierung muss die äthiopische Regierung daran erinnern, dass friedliche Menschenrechtsverteidiger*innen nicht kriminalisiert werden dürfen und international verbriefte Menschenrechte nicht verhandelbar sind. Der Ausbau der Beziehungen muss mit der aktiven Achtung der Menschenrechte durch die äthiopische Regierung einher gehen."
"Die Außenministerin sollte in Äthiopien die offenkundigen Repressalien gegen die etablierte äthiopische Menschenrechtsorganisation EHRCO verurteilen und die Freilassung der willkürlich und zu Unrecht inhaftierten EHRCO-Mitarbeiter fordern. Diese vier Menschenrechtsverteidiger haben keine Straftat begangen. Ihre Arbeit besteht lediglich darin, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Die Vier hätten nicht inhaftiert werden dürfen und müssen sofort freigelassen werden.
Die äthiopischen Behörden müssen dringend die systematischen Einschüchterungsversuche und Schikanierung von Menschenrechtsverteidiger*innen beenden und vielmehr gewährleisten, dass diese in einem sicheren Umfeld arbeiten können."
Daniel Tesfaye, Bizuayehu Wendimu, Bereket Daniel und Nahom Hussien wurden am 6. Januar angeklagt, ohne polizeiliche Genehmigung Menschenrechtsbeobachtungen durchgeführt zu haben – was nach äthiopischem Recht keine Straftat darstellt. Die Polizei behauptet, sie hätten mit Betroffenen von rechtswidrigen Zwangsräumungen gesprochen, ohne dafür ein Unterstützungsschreiben ihrer eigenen Organisation vorweisen zu können. Die vier EHRCO-Mitarbeiter werden derzeit auf dem Polizeirevier von Gelan Guda festgehalten. Am 11. Januar forderte das Gericht die Staatsanwaltschaft auf, zum Antrag der Verteidigung auf Freilassung auf Kaution bis zum 12. Januar Stellung zu nehmen. Heute entschied das Gericht, die Vier auf Kaution freizulassen. Amnesty International fordert von der Polizei, diese Entscheidung unverzüglich umzusetzen.
Hintergrund
Der EHRCO setzt sich als unabhängige Menschenrechtsorganisation bereits seit drei Jahrzehnten für die Menschenrechte in Äthiopien ein. Amnesty International zeichnete die Organisation 2022 in Berlin mit dem Menschenrechtspreis aus und würdigte damit ihren selbstlosen Einsatz für die Menschenrechte.