Klares Statement in Mali

"Timbuktu" erzählt von den schleichenden Veränderungen unter dem Besatzungsregime
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Fußball ohne Ball – das gibt ein schräges Ballett. Aber die Jungs in der malischen Stadt Timbuktu in Abderrahmane Sissakos gleichnamigen Film sind schon echte Meister in dieser Disziplin.
Gezwungenermaßen: Denn seit die Dschihadisten ihr Regime aufgezogen haben, sind Fußbälle verboten. Wie auch Frauen ohne Socken, Sex ohne Ehe, Singen. Die Strafen, die die zusammengewürfelten Fundamentalisten aus aller Herren Länder verhängen, sind drakonisch. "Den Tod muss ich nicht fürchten", sagt Filmheld Kitane, der mit Frau und Kind im Zentrum der Handlung steht. "Er ist ein Teil von mir." Und er weiß, wovon er redet: Droht ihm doch in einem wirren Gerichtsverfahren die Todesstrafe.
Der mauretanische Regisseur Sissako erzählt nicht ohne Sinn fürs Absurde: Kitanes Kuh heißt "GPS", und wenn die Dschihadisten mal Pause vom heiligen Krieg machen, stehen sie in der Raucherecke und diskutieren. War Zidane der bessere Fußballer oder ist es Messi? Ohne Arbeitsgerät schwer festzustellen.
Im Jahr 2012 erlangten islamistische Gruppen Macht in Mali - zerstörten Kulturstätten wie den Alltag. Dieser Film erzählt von den schleichenden Veränderungen unter dem Besatzungsregime. "Ihr wollt den heiligen Krieg führen – hier in der Moschee? Benutzt euren Verstand, und nicht eure Waffen", rät der alte Mann den Bewaffneten.
Warum sie ihre Regeln aufstellen und andere zur Einhaltung zwingen, ist ihnen oft selbst nicht ganz klar. Sie erscheinen als erwachsene Kleinkinder. "Timbuktu" ist ein bildhaft subtiler, inhaltlich sehr expliziter und vor allem topaktueller Film.
Jürgen Kiontke
"Timbuktu". F/MAUR 2014. Regie: Abderrahmane Sissako, Darsteller Abel Jafri, Hichem Yacoubi. Kinostart: 11. Dezember 2014