Haft verlängert

Die Haftanordnung des bekannten Menschenrechtsverteidigers Dr. Ahmed Abdullah ist am 7. Mai um weitere 15 Tage verlängert worden. Er befindet sich seit dem 25. April in Haft. Amnesty International betrachtet Ahmed Abdullah als gewaltlosen politischen Gefangenen, der allein deshalb festgenommen wurde, weil er sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat.

Appell an

STAATSANWALT
Nabil Sadek
Office of the Public Prosecutor
Madinat Al-Rihab
New Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2391 1441
E-Mail: p.spokesman@op.gov.eg
Twitter: @AlsisiOfficial

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Laila Bahaa El Din
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil
Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2574 9713
E-Mail: Contact.US@mfa.gov.eg
Twitter: @MfaEgypt

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 22. Juni 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, LUFTPOSTBRIEFE UND TWITTER-NACHRICHTEN MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, Dr. Ahmed Abdullah sofort und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit festgenommen wurde. Bitte sorgen Sie dafür, dass alle gegen ihn erhobenen Anklagen fallengelassen werden.

  • Bitte sorgen Sie zudem dafür, dass Dr. Ahmed Abdullah vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und seine Folter- und Misshandlungsvorwürfe unabhängig untersucht werden.

  • Ich möchte außerdem an Sie appellieren, sicherzustellen, dass Dr. Ahmed Abdullah nicht länger zum Ziel der Behörden wird, weil er sich als Menschenrechtsverteidiger mit dem Fall des Verschwindenlassens von Giulio Regeni beschäftigt.

Sachlage

Die Haftanordnung von Ahmed Abdullah ist am 7. Mai von einem Gericht in Kairo um 15 Tage verlängert worden. Der Vorsitzende des Stiftungsrats der Menschenrechtsorganisation "Ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten" steht in einem Fall zusammen mit 46 weiteren Angeklagten vor Gericht, von denen 19 inhaftiert wurden. Das Gericht entschied am 7. Mai die Freilassung von 14 Angeklagten gegen Kaution und verlängerte die Haftanordnung von Ahmed Abdullah und vier weiteren Inhaftierten. Die Rechtsbeistände von Ahmed Abdullah haben Amnesty International mitgeteilt, dass sie keinen Zugang zu der Fallakte haben und in der Folge keine Verteidigung vorbereiten können.

Ahmed Abdullah wurde in den frühen Morgenstunden des 25. April in seinem Haus festgenommen. An diesem Morgen waren Proteste in Kairo angekündigt worden. Viele Menschen gingen auf die Straße, um gegen die Entscheidung der ägyptischen Regierung zu protestieren, zwei Inseln im Roten Meer an Saudi-Arabien zu übertragen. Ahmed Abdullah hat einem seiner Rechtsbeistände gesagt, dass ihn Sicherheitskräfte bei seiner Festnahme misshandelt haben. Er hat zudem erklärt, dass er glaube, der Grund für seine Festnahme sei seine Arbeit zum Verschwindenlassen und zum Fall von Giulio Regeni. Der italienische Student war im Februar in Kairo zu Tode gefoltert worden. Ahmed Abdullah berät die Familie von Giulio Regeni rechtlich und vertritt sie als Anwalt.

Gegen Ahmed Abdullah sind mehrere konstruierte Anklagen unter dem drakonischen Antiterrorgesetz, den Demonstrationsgesetzen und dem Strafgesetzbuch erhoben worden. Man wirft ihm vor, Mitglied einer verbotenen "Terrorgruppe" zu sein, über das Internet seine "terroristischen Ansichten" verbreitet zu haben und versucht zu haben, die Regierung zu stürzen sowie die Verfassung und die Staatsform zu ändern. Bei einem Schuldspruch könnte ihm eine lebenslange Haftstrafe drohen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Laut den Rechtsbeiständen von Ahmed Abdullah ist er mit mehreren Anklagen konfrontiert, einschließlich: Anstiftung zur Gewalt zum Sturz der staatlichen Ordnung, Anstiftung zu "terroristischen" Angriffen auf Polizeiwachen, Einsatz von Gewalt und Einschüchterungen, um den Präsidenten bei der Ausübung seiner Pflichten und Befugnisse zu behindern, Mitgliedschaft in einer "terroristischen Gruppierung", Förderung des "Terrorismus" durch Online-Publikationen, Anstiftung von Menschen, sich auf eine Weise zu versammeln, die die öffentliche Sicherheit gefährdet und dem "Terrorismus" Vorschub leistet, Verbreitung von Nachrichten, Informationen und "falschen Gerüchten" sowie Besitz von Flugblättern, in denen der Sturz der Regierung und die Änderung der Verfassung gefordert werden. Die Festnahme von Ahmed Abdullah ist ein weiterer Rückschlag für die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit in Ägypten. Sie steht im Kontext der Unterdrückung von ägyptischen Menschenrechtsverteidiger_innen, die zunehmend Verhören unterzogen werden, denen man Reiseverbote erteilt und deren Finanzmittel eingefroren werden.

Am 7. Mai wurde die Haftanordnung von Ahmed Abdullah um 15 Tage verlängert. Er steht zusammen mit 46 weiteren Angeklagten vor Gericht. Die Haftanordnung von vier Angeklagten sind erneuert worden, 14 andere wurden gegen Kaution freigelassen. Elf der Freigelassenen mussten eine Kaution in Höhe von 10.000 Ägyptischen Pfund (etwa 980 Euro) und drei andere eine Kaution in Höhe von 20.000 Ägyptischen Pfund (etwa. 1.970 Euro) hinterlegen. Die Staatsanwaltschaft legte ein Rechtsmittel gegen die Freilassung der 14 Angeklagten ein. Das Berufungsgericht lehnte dieses jedoch am 9. Mai ab. Ahmed Abdullah und die vier weiteren Angeklagten, deren Haftanordnung verlängert wurde, haben ebenfalls Rechtsmittel gegen diese Entscheidung eingelegt. Die Anhörung dazu soll am 12. Mai stattfinden.

Die Festnahme von Ahmed Abdullah war Teil eines weitverbreiteten harten Durchgreifens vor geplanten Demonstrationen am 25. April 2016. An diesem Morgen waren Proteste in Kairo angekündigt worden. Viele Menschen gingen auf die Straße, um gegen die Entscheidung der ägyptischen Regierung zu protestieren, zwei Inseln im Roten Meer an Saudi-Arabien zu übertragen (weitere Informationen finden Sie in UA-098/2016, online unter http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-098-2016/hunderte-inhaftiert). Laut ägyptischen Menschenrechtsgruppen und Aktivist_innen wurden mehr als 90 Personen in den Tagen vor den Protesten und mindestens 238 am 25. April selbst festgenommen. Die geplanten Demonstrationen wurden durch eine enorm starke Präsenz von Sicherheitskräften in ganz Kairo und zahlreiche Festnahmen wie der von Ahmed Abdullah unterdrückt. Die Rechtsbeistände von Ahmed Abdullah haben Amnesty International gegenüber angegeben, dass ein Staatsanwalt aus Ost-Kairo vor den geplanten Protesten Haftbefehle gegen Ahmed Abdullah und Dutzende weitere Personen ausgestellt hatte. Ahmed Abdullah wurde von schwerbewaffneten und maskierten Sicherheitskräften festgenommen. Einer seiner Rechtsbeistände sagte Amnesty International, dass Ahmed Abdullah während seiner Festnahme von einem der Sicherheitskräfte mehrfach mit dem Griff einer Waffe geschlagen worden sei.

Als Vorsitzender des Stiftungsrats der Menschenrechtsorganisation "Ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten" (ECRF) leitet Ahmed Abdullah die Arbeit der Organisation zu Fällen des Verschwindenlassens in Ägypten. Er hat in seiner Funktion bei der ECFR die Familie des 28-jährigen Doktoranden Giulio Regeni rechtlich beraten. Giulio Regeni war am 25. Januar 2016 in Kairo "verschwunden". Seine Leiche wurde am 3. Februar am Stadtrand von Kairo gefunden. Die Familie von Giulio Regeni hat am 26. April eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die Festnahme von Ahmed Abdullah verurteilte und bekräftigte, dass die ECFR das Zielt hat, die Wahrheit über die Entführung, Folter und den Tod von Giulio Regeni herauszufinden.

Die ägyptischen Behörden haben Ahmed Abdullah wegen seiner Menschenrechtsarbeit und seiner Arbeit bei der ECFR immer wieder drangsaliert und eingeschüchtert. Am 9. Januar 2016 durchsuchten drei Angehörige des ägyptischen Geheimdiensts in Zivil ein Café im Kairoer Stadtteil El Agouza, in dem er sich bekanntermaßen häufig aufhält. Die Beamt_innen legten keinen Durchsuchungsbeschluss oder Haftbefehl vor. Sie durchsuchten dennoch das Café nach ihm und fragten Mitarbeiter_innen, wo er sich befindet.

Ahmed Abdullah war eine bekannte Persönlichkeit der "Jugendbewegung des 6. April", einer basisdemokratischen Bewegung junger Aktivist_innen, die während der Aufstände 2011 und in den darauffolgenden Jahren gegen die ägyptischen Behörden protestiert hat. 2014 verbot ein ägyptisches Gericht die Gruppe. Die Entscheidung des Gerichts wird von Amnesty International als politisch motiviert erachtet.