Hunderte inhaftiert

Ägypten - Streetart

Ägypten - Streetart

Ägypten hat sich Anfang April dazu entschieden, zwei unbewohnte Inseln im Roten Meer an Saudi-Arabien zu übertragen. Sicherheitskräfte nahmen Hunderte Menschen willkürlich fest, die in ganz Ägypten gegen die Übertragung protestierten. Dutzende wurden bereits vor geplanten Demonstrationen in ihren Häusern und in Cafés festgenommen. Vielen von ihnen drohen strafrechtliche Verfahren.

Appell an

STAATSANWALT
Nabil Sadek
Office of the Public Prosecutor
Madinat al-Rehab

New Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President
Al Ittihadia Palace

Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2391 1441
E-Mail: p.spokesman@op.gov.eg
Twitter: @AlsisiOfficial

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE ASSISTENTIN DES MINISTERS FÜR ÄUSSERES UND MENSCHENRECHTE
Laila Bahaa El Din
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2574 9713
E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg
Twitter: @MfaEgypt

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. Juni 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, TWITTER-NACHRICHTEN UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie bitte alle Personen unverzüglich und bedingungslos frei, die nur wegen der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit inhaftiert wurden.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass andere inhaftierte Personen freigelassen werden, sofern sie nicht unverzüglich einer anerkannten Straftat angeklagt werden, die nicht die Wahrnehmung der Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit kriminalisiert, und ein Verfahren erhalten, das den internationalen Standards für faire Verfahren entspricht.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass alle Inhaftierten vor Folter und anderweitiger Misshandlung geschützt sind, und unverzüglich regelmäßigen Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen erhalten.

  • Bitte heben Sie das Demonstrationsgesetz, das Antiterrorgesetz und alle anderen Gesetze auf, mit denen die Versammlungs- und Meinungsfreiheit willkürlich eingeschränkt werden, oder ändern Sie diese Gesetze im Einklang mit internationalen Standards.

Sachlage

Laut der Front of Defence for Egyptian Protesters (FDEP) wurden am 25. April an verschiedenen Orten des Landes mindestens 238 Personen festgenommen. Bei der FDEP handelt es sich um eine Gruppe lokaler Aktivist_innen, der auch Menschenrechtsanwält_innen angehören und die gegründet wurde, um friedliche Demonstrierende vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen. Die Bewegung "Freedom for the Brave" erstellte am Abend des 25. April eine Liste mit 168 Namen, die am folgenden Tag mithilfe von Aktivist_innen, die weitere Gefangene identifizierten, ausgeweitet wurde. Die NGO The Association for Freedom of Thought and Expression gab an, dass sie 387 Fälle dokumentiert habe, in denen Demonstrierende bei Protesten im ganzen Land am 15. April angehalten und festgenommen wurden.

Eine Reihe von zivilgesellschaftlichen Organisationen hat die Übertragung der Inseln als verfassungswidrig und intransparent verurteilt. Der 25. April ist ein Feiertag in Ägypten. Es ist der Jahrestag des Rückzugs Israels von der Sinai-Halbinsel im Jahre 1982. Am 15. April, wenige Tage nachdem die Regierung bekanntgegeben hatte, dass man die beiden Inseln an Saudi-Arabien geben werde, fanden zahlreiche Demonstrationen statt. Laut ägyptischen Menschenrechtsgruppen und Aktivist_innen wurden mehr als 90 Personen zwischen dem 19. und 24. April festgenommen. Zahlreiche der Festgenommenen sind in mehreren Punkten angeklagt und in Untersuchungshaft genommen worden. Unter anderem wirft man ihnen Verstöße gegen das Antiterrorgesetz, das Demonstrationsgesetz und andere gesetzliche Richtlinien über öffentliche Versammlungen vor. Auch gemäß dem Strafgesetzbuch wurden Anklagen wegen die "nationale Sicherheit" gefährdender Straftaten erhoben.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Unter den jüngst in Ägypten Inhaftierten befinden sich mehrere führende Aktivist_innen aus dem Bereich Menschenrechte und von Protestbewegungen. Zu ihnen gehört auch Ahmed Abdullah, Vorsitzender des Stiftungsrats der Menschenrechtsorganisation "Ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten", der am 25. April laut seinen Rechtsbeiständen von "Sondereinsatzkräften" in seinem Haus festgenommen wurde. Gegen ihn wurde in mehreren Punkten Anklage erhoben, unter anderem wegen Anstiftung zu Gewalt, um die Regierung zu stürzen, Beitritt zu einer "terroristischen" Gruppe und Unterstützung von "Terrorismus".

Der Arbeitsrechtanwalt und Sprecher des Revolutionary Socialist Movement, Haytham Mohammedein, wurde am frühen Morgen des 22. April ebenfalls von Angehörigen der Sicherheitskräfte in seinem Haus festgenommen, die sich weigerten, ihm einen Haftbefehl vorzulegen. Einer seiner Rechtsbeistände sagte Amnesty International, dass Haytham Mohammedein während der Befragung die Augen verbunden wurden und dass er entgegen der Rechtsvorschriften erst über 24 Stunden nach seiner Festnahme der Staatsanwaltschaft vorgeführt wurde. Der Staatsanwalt ordnete eine 15-tägige Untersuchungshaft wegen "Beitritts zur verbotenen Muslimbruderschaft", "Planungen zum Sturz der Regierung" und "Aufrufens zu Protesten gegen die Neuziehung der Meergrenzen des Landes" an. Haytham Mohammedein wird in einem Lager der Zentralen Sicherheitskräfte auf der Wüstenstraße zwischen Kairo und Alexandria, das "10,5 Kilo" genannt wird, festgehalten.

Unter den Personen, die ins Visier der Behörden geraten sind, befanden sich auch die bekannte Aktivistin Sanaa Seif, die am 27. April von der Staatsanwaltschaft zur Befragung vorgeladen wurde, und der Rechtsanwalt Malek Adly, gegen den ein Haftbefehl ausgestellt wurde.

Seit dem frühen Morgen des 25. April kursierten Berichte über eine erhöhte Präsenz der Sicherheitskräfte im Zentrum von Kairo, darunter auch Straßensperren und bewaffnete Polizeikräfte, was darauf hindeutete, dass die ägyptische Regierung plante, die Proteste zu unterdrücken. Der Präsident beschrieb die geplanten Demonstrationen als einen Versuch, den Staat zu destabilisieren, und der Innenminister drohte mit harten Konsequenzen für jeden, der "rote Linien" übertrete.

Das ägyptische Demonstrationsgesetz verbietet es Protestierenden, Demonstrationen ohne die Genehmigung der Behörden durchzuführen, und gewährt den Sicherheitskräften weitreichende Befugnisse, um "nicht genehmigte" Demonstrationen aufzulösen. In der Praxis haben die Behörden Proteste von Unterstützer_innen von Präsident Abdel Fattah al-Sisi erleichtert, wohingegen Demonstrationen seiner Gegner_innen regelmäßig aufgelöst werden.

Amnesty International hat wiederholt Kritik am drakonischen Antiterrorgesetz Ägyptens geäußert. Die vage und sehr breite Definition einer "terroristischen Handlung", die das Gesetz beinhaltet, erlaubt es den Behörden, jede Form des friedlichen Widerspruchs zu unterdrücken. Die Demonstrationen am 25. April waren eine Folge der Massenproteste, die am 15. April stattfanden, nachdem die Übertragung der unbewohnten Inseln angekündigt worden war. Die Proteste am 15. April waren die größten in Ägypten seit über zwei Jahren.