Algerien: Todesstrafe droht - Dichter im Hungerstreik

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Das Foto zeigt Mohamed Tadjadit sitzend auf einem Stuhl.

Der algerische Aktivist und Dichter Mohamed Tadjadit (undatiertes Foto)

Am 30. November 2025 beginnt ein neues Verfahren gegen den Dichter Mohamed Tadjadit und zwölf weitere Aktivist*innen. Die Anklagen beruhen allein auf ihrem friedlichen Aktivismus und privaten Unterhaltungen über politische Reformen. Bei einer Verurteilung drohen ihnen lange Gefängnisstrafen und sogar die Todesstrafe. Mohamed Tadjadit befindet sich seit Januar 2025 willkürlich in Haft. Bereits seit 2019 steht er immer wieder willkürlich vor Gericht. Erst am 11. November hatte ihn ein Gericht in Algier wegen haltloser terrorismusbezogener Vorwürfe zu fünf Jahren Haft verurteilt. Am 16. November 2025 trat Mohamed Tadjadit in den Hungerstreik.

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Exzellenz,

am 30. November 2025 beginnt ein neues Verfahren gegen den Dichter Mohamed Tadjadit und zwölf weitere Aktivist*innen. Die Anklagen beruhen allein auf ihrem friedlichen Aktivismus und privaten Unterhaltungen über politische Reformen. Bei einer Verurteilung drohen ihnen lange Gefängnisstrafen und sogar die Todesstrafe. Mohamed Tadjadit befindet sich seit Januar 2025 willkürlich in Haft. Bereits seit 2019 steht er immer wieder willkürlich vor Gericht. Erst am 11. November hatte ihn ein Gericht in Algier wegen haltloser terrorismusbezogener Vorwürfe zu fünf Jahren Haft verurteilt. Am 16. November 2025 trat Mohamed Tadjadit in den Hungerstreik.

Bitte sorgen Sie dafür, dass Mohamed Tadjadit und seine Mitangeklagten umgehend und bedingungslos freigelassen und die Anklagen gegen sie fallengelassen werden. Bitte sehen Sie davon ab, das Strafjustizsystem zur Unterdrückung friedlicher Kritik zu missbrauchen. Stellen Sie dringend sicher, dass Mohamed Tadjadit Zugang zu ärztlicher Betreuung und angemessener Gesundheitsversorgung hat.

Mit freundlichen Grüßen

Your Excellency, 

I write to urge you to ensure the immediate and unconditional release of peaceful activist and poet Mohamed Tadjadit, along with his 12 co-defendants. They are prosecuted for charges which stem solely from the peaceful exercise of their rights to freedom of expression and peaceful assembly and should be dropped. 

In a first case, on 11 November 2025, the Dar El Beïda tribunal of first instance in Algiers convicted Mohamed Tadjadit on his own of terrorism-related charges including "glorifying terrorism" and "using communication technologies to support terrorist organizations" and sentenced him to five years’ imprisonment. In a second separate case, on 30 November 2025, another trial will commence for him and 12 other activists. In this second case, a prosecutor accused Mohamed Tadjadit and 12 other activists – including whistleblower Mohamed Benhlima, already arbitrarily sentenced to life in prison in a separate trial – of charges including "conspiring to incite citizens against the authority of the state and to undermine national unity" and "receiving funds to carry out actions undermining state security". Among other criminal penalties, they risk being sentenced to death.  

These charges are based on the activists’ social media posts related to Hirak protests and publicly commenting on the political situation and socio-economic conditions in the country, and on private digital communications between the defendants and with other activists, including concerning the defendants’ participation in unauthorized spontaneous peaceful protests. Prosecutors are arguing that taking part in these peaceful actions advocating for political reforms constitutes support for "terrorism" and "conspiracy against the state", without providing any evidence of a crime that is recognized under international law. On 16 November, Mohamed Tadjadit started an open-ended hunger strike to protest his arbitrary detention. 

I urge you to ensure the immediate and unconditional release of Mohamed Tadjadit and his co-defendants, to drop all charges against them and to cease misusing the criminal justice system to suppress peaceful dissent. We also urge you to ensure that Mohamed Tadjadit has access to adequate medical supervision and health care.

Yours sincerely,

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Bitte abschicken bis: 18.04.2026

Appell an

Lotfi Boudjemaa
Ministere de la Justice
8, Place Bir Hakem, El Biar 
16003 Alger
ALGERIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Demokratischen Volksrepublik Algerien
S.E. Herrn Larbi El Hadj Ali
Görschstraße 45-46
13187 Berlin

Fax: 030 – 48 09 87 16
E-Mail: info@algerische-botschaft.de

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Mohamed Tadjadit und seine Mitangeklagten umgehend und bedingungslos freigelassen und die Anklagen gegen sie fallengelassen werden.
  • Bitte sehen Sie davon ab, das Strafjustizsystem zur Unterdrückung friedlicher Kritik zu missbrauchen.
  • Stellen Sie dringend sicher, dass Mohamed Tadjadit Zugang zu ärztlicher Betreuung und angemessener Gesundheitsversorgung hat.

Sachlage

Mohamed Tadjadit, der als "Dichter des Hirak" bekannt ist, steht mit zwölf weiteren Personen wegen Anklagen vor Gericht, die lange Haftstrafen oder gar die Todesstrafe nach sich ziehen können. Grundlage ist allein die friedliche Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die Anklagen müssen daher fallengelassen werden. 

Am 11. November 2025 verurteilte das erstinstanzliche Gericht in Dar El Beïda, einem Vorort von Algier, Mohamed Tadjadit wegen "Terrorismusverherrlichung" und "Nutzung von Kommunikationstechnologien zur Unterstützung terroristischer Organisationen" zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe. Das nun anstehende Verfahren am 30. November ist ein separater Prozess gegen ihn und zwölf weitere Aktivist*innen. Darin wird den Angeklagten vorgeworfen, "sich verabredet zu haben, Bürger*innen gegen die Autorität des Staates aufzuwiegeln und dazu anzustiften, die nationale Einheit zu untergraben" und "Gelder empfangen zu haben, um Maßnahmen zur Untergrabung der Staatssicherheit durchzuführen". Zu den Angeklagten zählt auch der Whistleblower Mohamed Benhlima, der bereits in einem separaten Verfahren willkürlich zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Neben anderen strafrechtlichen Sanktionen droht ihnen die Verurteilung zum Tode.

Die Vorwürfe basieren auf Social-Media-Beiträgen in Verbindung mit den sogenannten Hirak-Protesten, öffentlichen Kommentaren zur politischen Situation und sozio-ökonomischen Lage im Land, privaten digitalen Unterhaltungen zwischen den Angeklagten und anderen Aktivist*innen, und der Teilnahme an spontanen, nicht genehmigten friedlichen Protestveranstaltungen. Laut der Staatsanwaltschaft sind diese friedlichen Aktionen für politische Reformen mit Unterstützung von "Terrorismus" und "Verschwörung gegen den Staat" gleichzusetzen. Es wurden keine Nachweise dafür vorgelegt, dass eine international anerkannte Straftat begangen wurde. 

Am 16. November 2025 trat Mohamed Tadjadit in einen unbefristeten Hungerstreik, um gegen seine willkürliche Inhaftierung zu protestieren. 

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 20. Januar 2025 verurteilte das erstinstanzliche Gericht in Rouiba – einem Vorort von Algier – Mohamed Tadjadit zu fünf Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 200.000 DZD (1.322 EUR). Dies geschah in einem Schnellverfahren, ohne ihm ausreichend Zeit zur Vorbereitung seiner Verteidigung zu geben. Grundlage war seine Kritik an der algerischen Regierung und an der politischen und sozioökonomischen Lage im Land, die er auf Facebook und TikTok gepostet hatte, z. T. mit dichterischen Mitteln, sowie sein Online-Austausch mit anderen Aktivist*innen. Am 22. Mai 2025 wurde sein Schuldspruch im Rechtsmittelverfahren bestätigt, das Strafmaß jedoch von fünf Jahren auf ein Jahr Gefängnis reduziert.

Mohamed Tadjadit wurde in einem separaten Prozess am 11. November 2025 wegen Vorwürfen vor Gericht gestellt, für die er zuvor neun Monate lang – von Januar bis November 2024 – willkürlich in Untersuchungshaft festgehalten worden war. Das erstinstanzliche Gericht in Dar El Beïda verurteilte ihn zu fünf Jahren Gefängnis und zu einer Geldstrafe von 200.000 DZD (1.322 Euro) sowie zu 500.000 DZD (3.305 Euro) Schadensersatz. Die Staatsanwaltschaft warf ihm "Terrorismusverherrlichung", "Nutzung von Kommunikationstechnologien zur Unterstützung terroristischer Organisationen", "Anstiftung zur unbewaffneten Versammlung" und "Diffamierung öffentlicher Einrichtungen" unter den Paragrafen 87bis 4, 87bis 12, 100 und 146 des Strafgesetzbuchs vor. Ein Termin für das Rechtsmittelverfahren steht noch aus. 

In einem dritten separaten Verfahren, das am 30. November 2025 beginnen soll, steht Mohamed Tadjadit mit zwölf weiteren Aktivist*innen vor Gericht. Zu den Angeklagten zählen u. a. die ehemaligen Armeeangehörigen Mohamed Benhlima und Mohamed Abdellah, ebenso wie die Hirak-Aktivisten Malik Riahi, Noureddine Khimoud, Souheib Debbaghi Ahmed Tarek Debbaghi, Mustapha Guira und Sofiane Rebai. Ihnen wird vorgeworfen, "sich verabredet zu haben, Bürger*innen gegen die Autorität des Staates aufzuwiegeln und dazu anzustiften, die nationale Einheit zu untergraben" – eine Straftat, die gemäß der Paragrafen 77(1), 78 und 79 des Strafgesetzbuchs mit Gefängnisstrafen und der Todesstrafe geahndet werden kann. Zudem wird ihnen unter den Paragrafen 95bis, 95bis 1, 96 und 100 zur Last gelegt, "Gelder empfangen zu haben, um Maßnahmen zur Untergrabung der Staatssicherheit durchzuführen", "Inhalte veröffentlicht zu haben, die dem nationalen Interesse zuwiderlaufen" und "zu unbewaffneter Versammlung angestiftet" zu haben. Zusammengenommen stehen auf diesen Anklagen mindestens elf Jahre Haft. Von den zwölf Mitangeklagten befinden sich zwei in Untersuchungshaft und vier sind bereits wegen anderer Fälle inhaftiert. Zwei befinden sich im Ausland im Exil. Die übrigen sind bis zur Verhandlung auf freiem Fuß. 

In den beiden jüngsten Verfahren basieren die Anklagen auf Social-Media-Beiträgen und privaten Nachrichten der Angeklagten, die unter das Recht auf freie Meinungsäußerung fallen, sowie auf dem friedlichen Eintreten für politische Reformen. Die ins Feld geführten Gesetze sehen schwere strafrechtliche Sanktionen vor, und gleichzeitig fehlt es ihnen an Rechtsklarheit. Sie stützen sich insbesondere auf eine zu weit gefasste Definition von "Terrorismus". In dem Verfahren wegen Verschwörung gegen den Staat verwies die Staatsanwaltschaft auf ein Video, das von Mohamed Tadjadit und vier Mitangeklagten im April 2021 auf Facebook gestellt wurde und in dem ein minderjähriger Junge angibt, von fünf Polizisten sexuell missbraucht worden zu sein. Die fünf Männer waren hierfür bereits willkürlich zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt wurden. 

Seit 2019 haben die algerischen Behörden Mohamed Tadjadit in mindestens sieben verschiedenen Fällen inhaftiert und strafrechtlich verfolgt, die alle lediglich mit seinem friedlichen Aktivismus und der Äußerung abweichender Meinungen zusammenhängen. Er befindet sich derzeit im Gefängnis El Harrach in Algier. 

Seit dem Ausbruch der "Hirak"-Proteste im Jahr 2019, bei denen umfassende politische Reformen gefordert wurden, gehen die algerischen Behörden brutal gegen friedliche Dissident*innen vor, indem sie Aktivist*innen, Journalist*innen und weitere Bürger*innen, die sich gegen die Regierung aussprechen oder andere regimekritische Meinungen vertreten, festnehmen, inhaftieren und verurteilen. Die Verwendung vager Terrorismusvorwürfe zur Verfolgung friedlicher Demonstrant*innen und Regimekritiker*innen ist zu einem gängigen Instrument für die Unterdrückung der Menschenrechte geworden.

Seit 1993 sind in Algerien keine Hinrichtungen mehr vollzogen worden. Das Land hat die Todesstrafe jedoch nicht abgeschafft und hat in der Vergangenheit Kritiker*innen in unfairen Prozessen zum Tode verurteilt. Die Regierung hat das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe bisher weder unterzeichnet noch ratifiziert. Amnesty International wendet sich in allen Fällen und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode.