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Pipeline für Europa
Die EU plant ein Handelsabkommen mit der turkmenischen Regierung,
der schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.
Die Kinder von Annakurban Amanklitschew haben ihren Vater lange nicht mehr gesehen. Da der Journalist Informationen über Menschenrechtsverletzungen in Turkmenistan gesammelt und an internationale Medien weitergeleitet hatte, ist er im Juni 2006 gemeinsam mit seinen Gefährten Ogulsapar Muradowa und Sapardurdi Chadschijew zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Vieles spricht dafür, dass die drei Menschenrechtler gefoltert wurden. Muradowa kam dabei ums Leben. Ihre beiden Töchter und ihr Sohn haben bis heute keine Gewissheit über die Umstände des Todes ihrer Mutter. Die beiden Männer befinden sich weiterhin in Haft.
Als Präsident Berdymuchammedow im Februar 2007 in sein Amt eingeführt wurde, war damit die Hoffnung auf die Freilassung gewaltloser politischer Gefangener verbunden. Und westliche Regierungen hofften auf ein Ende der Isolation, in die Präsident Nijasow das Land geführt hatte, denn Turkmenistan verfügt über enorme Gasvorkommen. Die Europäische Union treibt die Planungen der Nabucco-Pipeline, die Gas über die Türkei in die EU transportieren soll, voran. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dafür geworben, dass turkmenisches Gas in diese Pipeline eingespeist wird, als Berdymuchammedow im vergangenen November erstmals in Berlin zu Gast war.
Bis heute mangelt es allerdings an einer vertraglichen Grundlage für die europäisch-turkmenischen Beziehungen. Ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) liegt zur Unterschrift bereit. Doch selbst ein vorläufiges Handelsabkommen konnte bisher von der Kommission nicht auf den Weg gebracht werden, denn im Oktober 2006 sprach sich der Ausschuss für Internationalen Handel des Europäischen Parlaments dagegen aus. Damals war bekannt geworden, dass Ogulsapar Muradowa in der Haft gestorben war. Der Ausschuss forderte zunächst nachhaltige Fortschritte auf dem Bereich der Menschenrechte.
Diese Fortschritte sind bisher noch nicht auszumachen. Menschen werden aus politischen Gründen inhaftiert oder bedroht. Auch Präsident Berdymuchammedow tritt Menschenrechte mit Füßen. Nur wenige Tage bevor EU-Vertreter im vergangenen Juni zu einem Menschenrechtsdialog mit Turkmenistan nach Aschgabat reisten, wurden Journalisten festgenommen und misshandelt, andere unter Hausarrest gestellt.
Dennoch befürworten Europaabgeordnete wie der Deutsche Daniel Caspary und EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner den Abschluss des Handelsabkommens. Sie meinen, Verbesserungen beim Thema Menschenrechte erkennen zu können. Es ist wahrscheinlich, dass das Parlament im März den Weg für das Handelsabkommen und auch das PKA freigeben wird. Es wird an den Abgeordneten liegen, ob sie gleichzeitig eine deutliche Sprache finden, die die Menschenrechtslage nicht beschönigt, sondern grundlegende Reformen von der turkmenischen Regierung einfordert.
Von Imke Dierßen
Die Autorin ist Europa- und Zentralasien-Expertin der deutschen Sektion von Amnesty International.