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Katar 2017/18
Der Abbruch der Beziehungen zu Katar durch einige seiner Nachbarstaaten in der Region brachte für Katar willkürliche Einschränkungen mit sich, die Menschenrechtsverletzungen nach sich zogen. Die Behörden schränkten weiterhin das Recht auf freie Meinungsäußerung erheblich ein. Erste Schritte wurden unternommen, um Arbeitsmigranten, deren Rechte verletzt worden waren, den Zugang zu Entschädigungszahlungen zu erleichtern. Als Teil einer Vereinbarung mit der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization – ILO) verpflichtete sich die Regierung zu einer Überarbeitung der Gesetze und einer Reform des Sponsorensystems. Nach jahrelanger Verzögerung trat ein neues Gesetz zum Schutz der Rechte von Hauspersonal in Kraft, das jedoch noch Mängel aufwies. Frauen waren nach wie vor sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben von Diskriminierung betroffen. Katar hielt an der Todesstrafe fest, Meldungen über Hinrichtungen lagen jedoch nicht vor.
Hintergrund
Am 5. Juni 2017 brachen Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten ihre Beziehungen zu Katar ab. Die Regierung des Landes wurde beschuldigt, "Terroristen" finanziert und beherbergt und sich in die inneren Angelegenheiten seiner Nachbarstaaten eingemischt zu haben. Saudi-Arabien riegelte Katars einzige Landgrenze ab. Die anderen vier Länder schlossen ihren Luftraum für Flüge nach Katar. Saudi-Arabien, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate verboten ihren Staatsangehörigen, Katar zu besuchen oder dort zu leben. Katarische Staatsangehörige, die sich in den vier Staaten aufhielten, mussten binnen zwei Wochen unter Androhung von Geldstrafen oder anderen nicht näher bestimmten Maßnahmen bei Nichtbeachtung ausreisen. Trotz Stellungnahmen als Antwort auf internationale Proteste blieb unklar, welche praktischen Schritte diese Staaten unternommen hatten, um die schwerwiegenden Folgen für Familien, Menschen in Ausbildung oder Personen, die ärztlicher Hilfe bedürfen, abzumildern. Im Rahmen der Streitigkeiten wurden die katarischen Truppen aus der von Saudi-Arabien geführten internationalen Militärallianz ausgeschlossen, die in den bewaffneten Konflikt im Jemen eingriff (siehe Länderbericht Jemen), außerdem zog sich Katar aus einer UN-Mission in Dschibuti zurück. Die Regierung von Katar verstärkte derweil ihre Bemühungen, die Schlagkraft ihrer Streitkräfte zu erhöhen, und begann eine militärische Zusammenarbeit mit der Türkei und weiteren Staaten. Im Juli 2017 erließ der Emir, Scheich Tamim bin Hamad bin Khalifa Al Thani, eine Verordnung, mit der einige Bestimmungen des Gesetzes zur Terrorismusbekämpfung von 2004 geändert werden sollen. Neben einer Neudefinition mancher Begriffe wird damit Einzelpersonen und Gruppen, die "terroristischer Aktivitäten" beschuldigt werden, das Einlegen von Rechtsmitteln vor Gericht ermöglicht. Im November 2017 kündigte der Emir Vorbereitungen für die ersten Wahlen der Beratenden Versammlung (Shura-Rat) an und bestellte vier Frauen in die Beratende Versammlung.
Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
Die Behörden schränkten die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit weiterhin empfindlich ein und verletzten damit das Völkerrecht und internationale Menschenrechtsstandards. Unabhängige politische Parteien wurden nicht geduldet. Gewerkschaften standen nur katarischen Staatsangehörigen offen und auch nur dann, wenn sie strenge Auflagen erfüllten. Äußerungen, die als Beleidigung des Staatsoberhauptes angesehen wurden, blieben gesetzlich verboten.
Im Januar 2017 belegte die Regierung den Menschenrechtsanwalt Najeeb al-Nuaimi willkürlich mit einem Reiseverbot. Er bekam die Mitteilung zunächst per SMS. Das Verbot war zum Jahresende noch in Kraft und schränkte das Recht auf Bewegungsfreiheit des Anwalts ein.
Folter und andere Misshandlungen
Am 25. Mai lieferten die Behörden den saudi-arabischen Menschenrechtsaktivisten Mohammad al-Otaibi an Saudi-Arabien aus, wo ihm Folter und ein Gerichtsverfahren drohten. Mohammad al-Otaibi war im Februar 2017 nach Katar gekommen. Al-Otaibi war am 24. Mai auf dem Flughafen von Doha festgenommen worden, als er zusammen mit seiner Frau nach Norwegen reisen wollte, wo ihm Asyl gewährt worden war.
Der philippinische Staatsbürger Ronaldo Lopez Ulep, dessen Schuldspruch wegen Spionage 2016 bestätigt worden war, blieb trotz eines unfairen Gerichtsverfahrens und Foltervorwürfen in Haft.
Arbeitnehmerrechte – Arbeitsmigranten
Im Januar unterzeichnete der Emir eine Änderung von Katars neuem Sponsorengesetz, das im Dezember 2016 in Kraft getreten war. Gesetz Nr. 1/2017 bestätigte, dass Arbeitsmigranten weiterhin die Erlaubnis ihrer Arbeitgeber benötigten, wenn sie das Land verlassen wollten. Die Arbeitnehmer müssen demnach ihren Arbeitgeber "benachrichtigen". Im Oktober 2017 soll das Kabinett eine neue Änderung bei der Ausreiseerlaubnis genehmigt haben, doch bis zum Jahresende wurden keine diesbezüglichen Informationen veröffentlicht.
Am 8. November 2017 wurde das Beschwerdeverfahren der ILO gegen Katar eingestellt, nachdem sich die Regierung zu einer Überarbeitung der Gesetze verpflichtet hatte, damit diese internationalen Arbeitsnormen sowie den Empfehlungen von ILO-Experten entsprechen. Die vollständige Umsetzung dieser Vereinbarung würde den Rechtsschutz von Arbeitsmigranten verbessern.
Am 18. August 2017 stimmte der Emir der Bildung eines neuen Ausschusses zu. Der unter der Leitung eines Richters stehende Ausschuss zur Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten soll gemäß Gesetz Nr. 13/2017 Arbeitsstreitigkeiten innerhalb von drei Wochen nach Einreichen einer Beschwerde schlichten. Sollte dieser neue Ausschuss fair und wirkungsvoll arbeiten, könnte damit eine weitere Hürde für Arbeitsmigranten auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit überwunden werden. Die Gerichte zur Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten hatten bis zum Jahresende ihre Arbeit noch nicht aufgenommen.
Zum ersten Mal wurden gesetzliche Schutzmechanismen für die Arbeitsrechte von Hausangestellten verabschiedet. Das Gesetz Nr. 15/2017 schreibt eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit fest, fordert mindestens 24 zusammenhängende Stunden Freizeit pro Woche und drei Wochen bezahlten Jahresurlaub. Es fehlen jedoch die notwendigen Absicherungen, die verhindern, dass Arbeitszeiten über die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen hinaus ausgedehnt werden könnten: Wenn Arbeitnehmer ihr "Einverständnis erklären", können sie zu Mehrarbeit herangezogen werden.
Unabhängige Kontrolleure berichteten zwar von vorsichtigen Verbesserungen bei den Bauvorhaben im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft 2022, mussten aber in allen zehn der von ihnen untersuchten Unternehmen Verletzungen der Rechte von Arbeitsmigranten feststellen.
Katars Streitigkeiten mit den Nachbarländern wirkten sich auch auf zahlreiche Arbeitsmigranten aus. Arbeiter mit sehr geringem Einkommen waren unverhältnismäßig hart von den steigenden Preisen für Nahrungsmittel betroffen. Arbeitnehmer im Hotel- und Tourismussektor berichteten, sie seien gezwungen worden, für längere Zeit unbezahlten Urlaub zu nehmen. Einigen ausländischen Arbeitnehmern wurde ihr Jahresurlaub gestrichen, und ihre Ausreisegenehmigungen wurden widerrufen.
Frauenrechte
Frauen wurden weiterhin durch Gesetze und im Alltag benachteiligt. Gesetzliche Regelungen bezüglich Eheschließung, Scheidung, Erbschaftsangelegenheiten, Sorgerecht für die Kinder, Staatsangehörigkeit und Bewegungsfreiheit diskriminierten Frauen nach wie vor.
Im Juni 2017 drängte der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes die Behörden dazu, Verbrechen im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Gewalt zu untersuchen und die Täter vor Gericht zu stellen. Der Ausschuss appellierte an die Behörden, das Staatsbürgerschaftsgesetz zu ergänzen und Frauen zu erlauben, ihre Staatsangehörigkeit auf ihre Kinder zu übertragen, wie dies für katarische Männer bereits erlaubt ist. Obwohl ein bestätigter Gesetzentwurf Kindern katarischer Frauen, die mit Ausländern verheiratet sind, ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht einräumt, sind Frauen noch immer benachteiligt, weil sie ihre Staatsangehörigkeit nicht an ihre Kinder übertragen können.
Kinderrechte
Im Juni zeigte sich der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes besorgt über geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt gegen Kinder in der Schule und zu Hause sowie über Gesetze, die das Recht auf Staatsbürgerschaft für in Katar geborene Kinder einschränkten. Der Ausschuss rief die Regierung auf, Maßnahmen zur Abschaffung dieser Praktiken einzuleiten. Zudem forderte der Ausschuss ein Ende der Kinderehen und die Anhebung des Strafmündigkeitsalters, das in Katar immer noch bei sieben Jahren liegt und damit internationale Menschenrechtsstandards verletzt. Der Ausschuss brachte erneut seine Besorgnis über die Diskriminierung von Kindern von Arbeitsmigranten zum Ausdruck und empfahl die "unverzügliche" Abschaffung des Sponsorensystems (kafala).
Todesstrafe
Gerichte verhängten Berichten zufolge mindestens zwei neue Todesurteile, die bereits vom Kassationsgericht, Katars Oberstem Gericht, bestätigt wurden. Es gab keine Berichte über Hinrichtungen.