Amnesty Report Brunei / Darussalam 03. Mai 2015

Brunei Darussalam 2015

 

Mangelnde Transparenz und unzureichende Informationen erschwerten eine unabhängige Kontrolle der Menschenrechtslage. Unter heftiger internationaler Kritik trat am 1. Mai 2014 das neue Strafgesetzbuch in Kraft, allerdings mit der Ankündigung, dass seine Umsetzung phasenweise erfolgen würde. Das neue Strafrecht, das die Einführung der Scharia-Rechtsprechung vorsieht, enthält eine Reihe von Bestimmungen, die gegen die Menschenrechte verstoßen.

So weitet es die Anzahl der Straftatbestände aus, die mit der Todesstrafe geahndet werden können, sowie die Anwendung von Folter und grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Strafen. Außerdem schränkt es die Rechte auf Meinungs- und Religions- bzw. Glaubensfreiheit ein und diskriminiert Frauen.

Ebenfalls im Mai 2014 fand im Zuge der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung durch die UN eine Einschätzung der Menschenrechtslage in Brunei Darussalam statt.

Todesstrafe

Das neue Strafgesetzbuch sieht Tod durch Steinigung als mögliche Strafe für Handlungen vor, die international nicht als Straftaten gelten, wie außereheliche geschlechtliche Beziehungen und einvernehmlicher Geschlechtsverkehr zwischen gleichgeschlechtlichen Personen. Auch Straftaten wie Diebstahl und Vergewaltigung können mit dem Tod durch Steinigung geahndet werden. Außerdem erlaubt das Strafgesetzbuch die Verhängung der Todesstrafe für minderjährige Straftäter und für Vergehen wie die Verhöhnung des Propheten Mohammed. Allerdings war die Todesstrafe trotz ihrer gesetzlichen Verankerung in Brunei Darussalam in der Praxis abgeschafft.

Folter und andere Misshandlungen

Brunei Darussalam hat das UN-Übereinkommen gegen Folter nicht ratifiziert. Das neue Strafgesetzbuch des Landes hat den Einsatz von Körperstrafen, die als Folter zu betrachten sind bzw. zu betrachten sein könnten (darunter Tod durch Steinigung – siehe oben), beträchtlich erweitert.

Eine große Zahl von Straftaten, darunter auch Diebstahl, können mit Peitschenhieben oder Amputation bestraft werden. Die Bestrafung mit Stockhieben ist bei Straftaten wie Drogenbesitz und Verstößen gegen Einwanderungsbestimmungen nach wie vor üblich. Berichten zufolge wurden 2014 in mindestens drei Fällen Prügelstrafen vollzogen. Das geltende Recht sieht die Möglichkeit vor, Kinder mit Prügelstrafen zu belegen; nach dem neuen Strafrecht könnten auch Kinder mit Amputation bestraft werden. Darüber hinaus enthält das neue Strafrecht Gesetze, die Frauen diskriminieren, darunter die Bestrafung von Abtreibungen durch öffentliche Auspeitschung.

Rechte auf freie Meinungsäußerung und Religionsfreiheit

Journalisten wurden nach wie vor zensiert. Im Februar 2014 ordnete der Sultan ein Ende jeglicher Kritik am neuen Strafrecht an.

Die Verfassung sieht den Schutz des Rechts von Nichtmuslimen auf Ausübung ihrer Religion vor, doch wurde dieses Recht durch Gesetze und Richtlinien für Muslime wie Nichtmuslime gleichermaßen eingeschränkt. Nach dem neuen Strafrecht ist es strafbar, muslimische Kinder den Sitten und Gebräuchen anderer Religionen auszusetzen.

Antiterror- und Sicherheitsmaßnahmen

Das Gesetz zur inneren Sicherheit ermöglichte die Haft ohne Verfahren für unbegrenzt verlängerbare Zwei-Jahres-Fristen und wurde zur Inhaftierung regierungskritischer Aktivisten eingesetzt. Einem indonesischen Staatsbürger, der sich unter Anwendung dieses Gesetzes seit Februar 2014 ohne Verfahren in Haft befand, wurde zwei Monate lang der Besuch durch Vertreter seiner Botschaft untersagt.

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