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Anliegen von Amnesty International zur Herbsttagung der ständigen Konferenz der Innenminister_innen und Senator_innen der Länder vom 9. bis 11. Dezember 2020

BEKÄMPFUNG VON RASSISMUS UND RECHTSEXTREMISMUS
Der Kabinettausschuss der Bundesregierung hat am 25.11.2020 einen Katalog an Maßnahmen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus beschlossen, der von der Bundesregierung verabschiedet werden soll.
Einige dieser Maßnahmen sehen eine enge Zusammenarbeit von Bund und Ländern vor, z.B. für den Austausch zum disziplinarischen Umgang mit extremen Tendenzen.[1] Hier sind die Bundesländer – allen voran die Innenministerien – gehalten, konsequent an der Umsetzung mitzuwirken. Andere Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundesinnenministeriums – wie die Stärkung des fachlichen Austauschs und der Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Sicherheitsbehörden[2] – sollten auf Länderebene ebenfalls von den Innenministerien etabliert werden, soweit nicht bereits geschehen.
Die Bundesländer, insbesondere die Innenministerien, haben aufgrund ihrer Zuständigkeit für die Polizeiarbeit eine besondere Verantwortung bei der Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus und müssen ihre Bemühungen hierzu intensivieren.
Schutz vor rassistischen Straftaten
Amnesty fordert die Innenminister_innen und -senatoren dazu auf, sich auch für einen besseren Schutz vor Rassismus und rassistischen Straftaten einzusetzen.
Der rassistisch motivierte Anschlag mit elf Toten in Hanau am 19. Februar 2020 hat in erschreckender Weise bestätigt, dass Menschen mit Migrationshintergrund und People of Colour in Deutschland besonders gefährdet sind, Opfer von Gewalttaten zu werden. Weil es eine zentrale Aufgabe der Sicherheitsbehörden ist, dafür zu sorgen, dass alle Menschen sich in Deutschland sicher fühlen können, müssen sie eine gemeinsame Kraftanstrengung zur Bekämpfung rechtsextremer Netzwerke und rassistischer Gewalt unternehmen.
Nach der aktuellen Statistik zu Politisch Motivierter Kriminalität (PMK) für das Jahr 2019 gab es im vergangenen Jahr einen besorgniserregenden Anstieg der Straftaten im Themenfeld Hasskriminalität. In diesem Bereich muss außerdem das hohe Dunkelfeld berücksichtigt werden, da viele Betroffene Angriffe gar nicht anzeigen. Bei manchen Gewaltdelikten wird die rassistische Tatmotivation nicht erkannt und die Taten finden daher keinen Eingang in die Statistik. In jedem Fall bildet die PMK-Statistik nur einen Teil der tatsächlich begangenen rassistischen Straftaten ab.
Um möglichst alle Fälle von rassistischer Gewalt zu erfassen, müssen die Ermittlungsbehörden bei Gewaltkriminalität grundsätzlich rassistische Tatmotivationen prüfen und die Ergebnisse dokumentieren.
Amnesty International fordert die Innenminister_innen und -senatoren dazu auf, die Bekämpfung rassistischer Gewalt als prioritäres Thema zu behandeln und gemeinsame Handlungsansätze zu finden.
Auseinandersetzung mit Rassismus innnerhalb der polizei
Amnesty International fordert die Innenminister_innen und -senatoren dazu auf, die Auseinandersetzung der Polizei mit Rassismus und Rechtsextremismus voranzutreiben. Dabei geht es nicht um einen Generalverdacht gegen die Polizei oder um eine Annahme, wonach Polizist_innen grundsätzlich rassistisch handeln. Vielmehr hat die Polizei eine besondere Verantwortung durch ihre Aufgabe, die größtmögliche Sicherheit von Menschen zu gewährleisten – auch vor rassistischer Gewalt und Diskriminierung. Für die Wahrnehmung dieser Verantwortung und um das Vertrauen von People of Colour und Menschen mit Migrationshintergrund in die Polizei zu erhalten, ist es essentiell, dass die Polizei selbst nicht diskriminiert – auch nicht unbewusst.
Es liegt in der Verantwortung der Innenbehörden, die Polizist_innen für ihre herausfordernden Aufgaben ausreichend zu schulen. Hierzu gehört auch die Vermittlung einer Vielfaltskompetenz und die Sensibilisierung für verschiedene Erscheinungsformen von Rassismus. Amnesty fordert daher verpflichtende Antirassismustrainings für alle Mitarbeiter_innen der Polizeibehörden. Sie können Polizist_innen Handlungssicherheit in einer zunehmend komplexen Gesellschaft geben und sie dadurch auch vor dem Vorwurf von Rassismus schützen.
In den vergangenen Monaten wurden in mehreren Bundesländern rechtsextreme Chatgruppen von Polizist_innen aufgedeckt. Auch wenn diese Vorkommnisse sicher nicht für die Mehrheit der Polizist_innen stehen, so schaden sie doch dem Ansehen der Polizei und dem Vertrauen in die Polizeiarbeit – v.a. beim Schutz vor rassistischer Gewalt. Die Innenbehörden müssen daher sicherstellen, dass rassistische und rechtsextreme Einstellungen von Polizist_innen frühzeitig aufgedeckt und im Sinne einer Null-Toleranz-Politik angemessen sanktioniert werden. Hierfür sind unabhängige Meldestellen unabdingbar, bei denen Polizist_innen anonym auf entsprechende Äußerungen von Kolleg_innen hinweisen können.
Um mehr Klarheit über das Ausmaß derartiger Einstelllungen zu bekommen, fordert Amnesty die Innenminister dazu auf, eine unabhängige wissenschaftliche Studie zu rassistischen bzw. rechtsextremen Einstellungen in der Polizei durchzuführen. Der aktuelle Zwischenbericht des Forschungsprojekts "Körperverletzung im Amt" der Ruhruniversität Bochum verdeutlicht den Bedarf an unabhängiger Forschung bezüglich dieser Frage und weist ausdrücklich auf die veraltete Studienlage hin.[3]
Amnesty begrüßt, dass Nordrhein-Westfalen mit der Einrichtung einer Stabsstelle "Rechtsextreme Tendenzen in der Polizei Nordrhein-Westfalen" einen ersten wichtigen Schritt geht, um die Auseinandersetzung mit diesem Problemkomplex voranzutreiben und fordert die Innenministerien aller Bundesländer auf, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen.[4]
Auch die lange überfällige Einrichtung von unabhängigen Untersuchungsmechanismen für rechtswidriges Polizeiverhalten kann dazu beitragen, das Ausmaß von diskriminierendem und anderweitig rechtswidrigem Polizeihandeln klarer zu sehen und den Betroffenen zu Wiedergutmachung zu verhelfen. Viele Menschen, die aus ihrer Sicht von der Polizei diskriminiert oder Opfer rechtswidriger Gewalt wurden, verzichten auf eine Anzeige oder Meldung bei der Polizei selbst, weil sie dies nicht für zielführend halten. Zwar gibt es in einigen Bundesländern unabhängige Polizeibeauftragte, doch diesen fehlen eigene Ermittlungsbefugnisse, so dass die Betroffenen mit einer Beschwerde keine Hoffnung auf ein Strafverfahren verknüpfen.
Amnesty mahnt die Innenminister_innen und -senatoren der Länder und den Bundesinnenminister, die Auseinandersetzung mit strukturellem Rassismus in der Polizei und mit rechtsextremen Tendenzen in der Polizei mit konkreten Maßnahmen voranzutreiben. Notwendige Schritte sind die Einführung von verpflichtenden Antirassismustrainings für Polizist_innen, unabhängige Beschwerde- und Untersuchungsmechanismen sowie eine Null-Toleranz-Politik gegenüber rechtsextremen und rassistischen Äußerungen innerhalb der Polizei. Darüber hinaus sollte eine unabhängige Studie zu rechtsextremen Einstellungen in der Polizei durchgeführt werden, die einen Überblick über das Ausmaß des Problems und den Handlungsbedarf geben würde.
IT-Sicherheit stärken, nicht schwächen
Hinsichtlich des möglichen Einsatzes von Quellen-Telekommunikationsüberwachung ("Staatstrojaner") durch die Nachrichtendienste von Bund und Ländern, wie sie im "Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts" vorgesehen ist, hat Amnesty grundsätzliche menschenrechtliche Bedenken.
Erst in diesem Jahr stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Überwachungsbefugnisse des BND in ihrer gegenwärtigen Form verfassungswidrig sind und seine Kontrolle ungenügend ist. Die derzeitige Kontrolle der Dienste kann eine unabhängige gerichtsähnliche Kontrolle nicht ersetzen. Diese ist für den Einsatz eines so eingriffsintensiven Instrumentes wie der Quellen-Telekommunikationsüberwachung jedoch erforderlich. Es gibt zudem erhebliche grundsätzliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit eines Staatstrojaner-Einsatzes in der bloßen Vorfeldaufklärung.
Darüber hinaus weist das Vorhaben erhebliche Risiken für die IT-Sicherheit in Deutschland und international auf. Insbesondere warnt Amnesty davor, die Anbieter von IT-Diensten künftig zu verpflichten, bei der Installation von Überwachungstechnologie zu unterstützen. Dieser tiefe Eingriff in das vom Bundesverfassungsgericht definierte "Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" kann zu mangelndem Vertrauen in die eigenen Geräte und die deutsche IT-Infrastruktur führen und Menschen sogar davon abhalten, sicherheitsrelevante Updates herunterzuladen. Darüber hinaus verfügen deutsche Nachrichtendienste bislang nicht über einen Schwachstellenmanagement-Prozess, der die Verhältnismäßigkeit des Ausnutzens einer Schwachstelle angesichts der damit verbundenen Risiken für die Allgemeinheit evaluiert. Eine seitens der Behörden mit dem Ziel der eigenen Ausnutzung geheim gehaltene Sicherheitslücke besteht in allen Geräten weltweit fort, nicht nur in den Geräten, die Ziel der staatlichen Überwachungsmaßnahme sind. Die gravierenden Folgen eines solchen Vorgehens zeigte 2017 das weltweite Sicherheitsproblem "WannaCry", das auf einer Sicherheitslücke des US-Geheimdienstes NSA basierte.
Überwachung unter Verpflichtung der Mithilfe von IT-Unternehmen wird weltweit zunehmend auch zur Überwachung von Menschenrechtler_innen, Medien und Oppositionellen genutzt. Erst kürzlich dokumentierte Amnesty, wie auf diese Weise unabhängige Journalist_innen in Marokko überwacht werden. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Vorgehen riskiert daher, auch international ein schlechtes Vorbild abzugeben.
Amnesty International fordert die Innenminister_innen und -senatoren der Länder auf, einer Verpflichtung von IT-Dienstleistern zur Mithilfe bei der Installation von Überwachungstechnologie im Bundesrat die Zustimmung zu verweigern. Amnesty fordert das Bundesinnenministerium auf, die vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Missstände des BND-Gesetzes und der Kontrolle der Nachrichtendienste zu beheben. Amnesty bittet die Innenminister_innen und -senatoren, vom Einsatz von Quellen-Telekommunikationsüberwachung in der Vorfeldaufklärung abzusehen und Überwachungsmaßnahmen auf solche zu beschränken, die notwendig und verhältnismäßig sind und einer unabhängigen gerichtsähnlichen Kontrolle unterliegen.
Sicherheitslage in Syrien unverändert– ABschiebungsstopp Verlängern
Amnesty International zeigt sich unverändert besorgt über die alarmierende Menschenrechtslage in Syrien. Die Assad-Regierung geht in den von ihr kontrollierten Gebieten weiterhin gegen tatsächliche oder mutmaßliche Oppositionelle vor. Amnesty International hat wiederholt systematische Folter, außergerichtliche Hinrichtungen, willkürliche Festnahmen und Verschwindenlassen durch syrische Sicherheitskräfte dokumentiert.[5]
Nach wie vor leiden die Menschen unter den Konsequenzen und Folgen der Kriegsverbrechen, welche von Seiten der syrischen Regierung mit Hilfe des russischen Militärs verübt wurden.[6] Zahlreiche Angriffe auf Idlib zwangen zwischen Dezember 2019 und März 2020 nahezu eine Million Menschen – mehr als 80% davon Frauen und Kinder – zur Flucht in Gebiete in der Nähe der türkischen Grenze.[7] In den letzten Wochen und Monaten kam es trotz einer Waffenruhe unter anderem durch das russische Militär wieder zu Angriffen auf Ziele in der Region Idlib. Außerdem wurden bei einem israelischen Angriff Mitte November Ziele bis in die Vororte von Damaskus beschossen.[8]
Auch die Ausbreitung des Covid-19-Virus verschlechtert die ohnehin schon verheerende Menschenrechtslage in Syrien, u.a. in den Gefängnissen. Mittlerweile hat das Covid-19-Virus die Flüchtlingslager im Nordwesten Syriens erreicht.[9] Aufgrund der extrem beengten und unhygienischen Bedingungen ist die Eindämmung des Virus in den Lagern fast unmöglich und es besteht die Gefahr einer unkontrollierten Ausbreitung. Die wirtschaftliche Situation vieler Syrer_innen sowie die Versorgungslage ist durch die im Zuge der Wirtschaftskrise explodierten Lebensmittelpreise dramatisch.[10]
Seit Mai 2020 hat sich die alarmierende Menschenrechts- und Sicherheitslage keineswegs verbessert. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass es nach wie vor keine sicheren Gebiete in Syrien gibt. Angesichts dessen fordert Amnesty International die Innenminister_innen und -senatoren der Länder auf, den seit 2012 geltenden Abschiebungsstopp nach Syrien auch nach dem 31.12.2020 aufrechtzuerhalten. Amnesty International spricht sich dagegen aus, den Abschiebungsstopp nach Syrien für Straftäter und Gefährder aufzuweichen. Art. 3 der EMRK verbietet Abschiebungen bei drohender Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung, dies gilt für alle Menschen.
Keine Abschiebungen nach Afghanistan
Amnesty International ist besorgt, dass Abschiebungen nach Afghanistan wieder aufgenommen werden sollen. Ein für den 16. November geplanter Abschiebungsflug nach Kabul wurde letztlich kurzfristig abgesagt – auch künftig müssen Abschiebungen nach Afghanistan aufgrund der desaströsen Sicherheitslage sowie der andauernden Covid-19-Pandemie unbedingt unterlassen werden.
Bereits das zweite Jahr in Folge ist Afghanistan laut Global Peace Index 2020 noch vor Syrien das am wenigsten friedliche Land der Welt.[11] Der bereits knapp vier Jahrzehnte währende Konflikt dauert dort unvermindert an. In den ersten neun Monaten des Jahres 2020 verzeichnete die Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) 5.939 zivile Opfer, darunter 2.117 Tote und 3.822 Verwundete. Vor dem Hintergrund der Friedensgespräche haben sich die Kämpfe zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban in den letzten Monaten verschärft und Hunderte von Zivilistinnen und Zivilisten getötet.[12] Auch Kabul kann aufgrund der nach wie vor prekären Sicherheitslage keineswegs als "interne Schutzalternative" für Rückkehrende, die besonders gefährdet sind, nach ihrer Rückkehr Opfer von Gewalt zu werden[13], bewertet werden. Der tödliche Angriff auf Studierende der Universität von Kabul durch den Islamischen Staat Anfang November ist nur einer von zahlreichen Angriffen auf die Zivilbevölkerung in der Hauptstadt in diesem Monat, die dies abermals veranschaulichen.[14]
An die katastrophale Sicherheitslage fügt sich nun die Covid-19-Pandemie, die das Land, dessen Gesundheitssystem zu einem der schlechtesten der Welt gehört, vor eine weitere lebensbedrohliche Herausforderung stellt. Laut Schätzungen des afghanischen Gesundheitsministers haben sich bereits ein Drittel der Afghaninnen und Afghanen mit dem Virus infiziert. Erneut ist Kabul besonders betroffen: Hier soll sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung infiziert haben[15]. Aufgrund der sich durch die Pandemie weiter verschlechternden humanitären Lage haben bereits einige Verwaltungsgerichte ihre Rechtsprechung geändert und Abschiebungsverbote in Hinblick auf Afghanistan festgestellt - auch für junge, gesunde und arbeitsfähige Männer.[16]
Amnesty fordert die Innenminister_innen und -senatoren auf, sich gegenüber der Bundesregierung auch über die Covid-19-Krise hinaus für ein Abschiebungsverbot einzusetzen und keine weiteren Rückführungen dorthin durchzuführen, bis sich die Lage vor Ort signifikant verbessert hat.
LandesAufnahmeProgramme für Schutzsuchende aus Griechenland
Die Situation für die knapp 20.000 Schutzsuchenden auf den griechischen Inseln ist unverändert katastrophal.[17] Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie hatte die Lage bereits im Frühjahr 2020 deutlich verschärft, da der Zugang zu hygienischer oder medizinischer Versorgung kaum gewährleistet war. Amnesty International hat deshalb die Aufnahmezusagen für knapp 2.700 besonders Schutzbedürftigen und bereits anerkannten Flüchtlingen aus Griechenland in Deutschland ausdrücklich begrüßt. Angesichts der – auch nach dem Brand in Moria – anhaltend menschenunwürdigen Zustände in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln ist es aber nicht zuletzt im Hinblick auf den bevorstehenden Winter geboten, deutlich mehr Schutzsuchende aufzunehmen. Neben der zügigen Herstellung der Familieneinheit unter der Dublin III-Verordnung und der zeitnahen Aufnahme weiterer Schutzbedürftiger durch den Bund können Landesaufnahmeprogramme einen wichtigen Beitrag zur Lösung der humanitären Krise darstellen.
Amnesty International bittet den Bundesinnenminister zusammen mit den Innenminister_innen und –senatoren deshalb eindringlich, pragmatische und zeitnahe Lösungen für die Aufnahme weiterer besonders Schutzbedürftiger aus Griechenland zu entwickeln.
SChutz von Bewohner_innen von Flüchtlingsunterkünften in der Covid-19-Krise
Die Covid-19-Krise hat auch Einfluss auf die Unterbringung von Schutzsuchenden in den Bundesländern. In den Unterbringungseinrichtungen der Länder sind oft Hunderte von Menschen ohne Einzelzimmer, separate Küchen oder Sanitärbereiche untergebracht. Für besonders gefährdete Personengruppen wie ältere Menschen oder solche mit Vorerkrankungen stellt dies eine besondere Gefahr dar. Sofern die Belegungsdichte, die von der Regierung vorgegebenen Maßnahmen im Hinblick auf Abstands- und Hygieneregeln nicht zulässt, appelliert Amnesty International an die Landesinnenminister_innen und -senatoren durch geeignete Maßnahmen, wie z.B. eine Umverlegung der betroffenen Personen zu reagieren.[18] Den vom Robert-Koch-Institut im Juli 2020 herausgegebenen Empfehlungen[19], wie mit der Situation in Unterbringungseinrichtungen für Schutzsuchende umzugehen ist, sind – wo noch nicht geschehen – dringend Folge zu leisten. Der Zugang zu einer adäquaten medizinischen und psychologischen Versorgung wie auch zu für die Betroffenen verständlichen Informationen ist in allen Fällen zu gewährleisten.
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[1] Kabinettausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus, "Maßnahmenkatalog", 25.11.2020, Maßnahme Nr. 18, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/resource/blob/997532/1819984/4f1f9683cf3faddf90e27f09c692abed/2020-11-25-massnahmen-rechtsextremi-data.pdf?download=1.
[2] Ebd., Maßnahme Nr. 16.
[3] Abdul-Rahman et al., "Rassismus und Diskriminierungserfahrungen im Kontext polizeilicher Gewaltausübung. Zweiter Zwischenbericht zum Forschungsprojekt "Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamt*innen" (KviAPol), Ruhr-Universität Bochum, 11.11.2020, abrufbar unter: https://kviapol.rub.de.
[4] Westdeutscher Rundfunk, "Rechtsextreme Polizisten im Visier", 19.11.2020, abrufbar unter: https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/rechtsextreme-tendenzen-polizei-nrw-stabsstelle-100.html.
[5] Amnesty International, "Jahresbericht Syrien", 18.02.2020, abrufbar unter: https://www.amnesty.de/jahresbericht/2019/syrien.
[6] Human Rights Watch, "Targeting Life in Idlib – Syrian and Russian Strikes on Civilian Infrastructure", 15.10.2020, abrufbar unter: https://www.hrw.org/report/2020/10/15/targeting-life-idlib/syrian-and-russian-strikes-civilian-infrastructure Syrian and Russian Strikes on Civilian Infrastructure | HRW; Amnesty International, "Nowhere is safe for us – Unlawful attacks and mass displacement in North-West Syria", Mai 2020, abrufbar unter: https://www.amnesty.de/sites/default/files/2020-05/Amnesty-Bericht-Syrien-Idlib-Angriffe-auf-Krankenhaeuser-und-Schulen-Mai-2020.PDF.
[7] Amnesty International, "Nowhere is safe for us – Unlawful attacks and mass displacement in North-West Syria".
[8] Tagesschau, "Syrien: Tote bei israelischem Luftangriff", 18.11.2020, abrufbar unter: https://www.tagesschau.de/ausland/angriffe-israel-syrien-101.html.
[9] Ärzte ohne Grenzen, "Syrien: Unser Einsatz gegen Covid 19", 13.11.2020, abrufbar unter: https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/syrien-coronavirus.
[10] Welthungerhilfe, "Factsheet Syrien", 13.06.2020, abrufbar unter: https://www.welthungerhilfe.de/fileadmin/pictures/publications/de/fact_sheets/countries/factsheet-syrien.pdf.
[11] Institute for Economics & Peace, "Global Peace Index 2020", 06.2020, abrufbar unter: https://www.visionofhumanity.org/wp-content/uploads/2020/10/GPI_2020_web.pdf.
[12] Amnesty International, "Afghanistan: Donor’s conference must prioritise human rights at critical moment", 18.11.2020, abrufbar unter: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2020/11/afghanistan-donors-conference-must-prioritise-human-rights-at-critical-moment/.
[13] Friederike Stahlmann, Studie zum Verbleib und zu den Erfahrungen abgeschobener Afghanen, in: Asylmagazin, Zeitschrift für Flüchtlings- und Migrationsrecht, 8-9/2019, S. 276-285.
[14] Zeit Online, "Mindestens 22 Tote bei Angriff auf Universität in Kabul", 02.11.2020, abrufbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-11/afghanistan-kabul-universitaet-tote-angriff-feuergefecht.
[15] Ärzteblatt, "Hochrechnung: Rund zehn Millionen Infektionen in Afghanistan", 05.08.2020, abrufbar unter: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/115352/Hochrechnung-Rund-zehn-Millionen-Infektionen-in-Afghanistan.
[16] Informationsverbund Asyl & Migration, "Rechtsprechungsübersicht: Auswirkungen der Corona-Pandemie in verschiedenen Herkunftsstaaten", 11.08.2020, https://www.asyl.net/view/detail/News/rechtsprechungsuebersicht-auswirkungen-der-corona-pandemie-in-verschiedenen-herkunftsstaaten/.
[17] United Nations High Commissioner for Refugees, "Aegean Islands Weekly Snapshot", 22.11.2020, abrufbar unter: https://data2.unhcr.org/en/documents/details/83232.
[18] Die EU-Kommission hat dies in einer Mitteilung angeregt: "COVID-19: Guidance on the implementation of relevant EU provisions in the area of asylum and return procedures and on resettlement (C(2020) 2516 final)", 16.04.2020, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020XC0417(07)&from=EN.
[19] Robert-Koch-Institut, "Coronavirus SARS-CoV-2-Empfehlungen für Gesundheitsämter zu Prävention und Management von COVID-19-Erkrankungen in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte für Schutzsuchende (im Sinne von §§ 44, 53 AsylG)", Stand vom 01.12.2020, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/AE-GU/Aufnahmeeinrichtungen.html.