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Mosambik 2023
© Amnesty International
Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023
Die bewaffnete Gruppe al-Shabaab tötete 17 Zivilpersonen. Auch die staatlichen Sicherheitskräfte und ihre Verbündeten verletzten die Menschenrechte der Zivilbevölkerung. Die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wurden unterdrückt. Die Polizei ging während der Wahlen mit scharfer Munition gegen Oppositionsmitglieder und -unterstützer*innen vor und tötete Demonstrierende und Unbeteiligte. Hunderte Personen wurden willkürlich festgenommen. Ein Mann kam in Polizeigewahrsam unter verdächtigen Umständen ums Leben. Es kam häufig vor, dass Geschäftsleute von Kriminellen zwecks Erpressung von Lösegeld entführt wurden.
Hintergrund
Im Januar 2023 begann Mosambik als nichtständiges Mitglied seine zweijährige Amtszeit im UN-Sicherheitsrat.
Die Regierung richtete die Interministerielle Kommission für Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht (Comissão Interministerial de Direitos Humanos e Direito Humanitário Internacional) ein. Es kam jedoch – noch verstärkt durch den Konflikt in der Provinz Cabo Delgado und andere strukturelle Faktoren – weiterhin zu erheblichen Menschenrechtsverstößen.
Obwohl Mosambik nur für 0,02 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich war, gehörte es zu den Ländern, die am stärksten durch den Klimawandel gefährdet waren.
Im Februar 2023 starben bei Überschwemmungen in der Provinz Maputo zwölf Menschen, und etwa 40.000 weitere Personen waren von den Folgen betroffen. Infolge der starken Regenfälle im März 2023 verloren in der Stadt Pemba fünf Kinder ihr Leben, und 20 Häuser wurden zerstört.
Zwischen Februar und März 2023 wurden mehr als 1,3 Mio. Menschen in den Provinzen Inhambane, Sofala, Manica, Tete, Zambezia und Niassa von den Auswirkungen des Zyklons Freddy in Mitleidenschaft gezogen. Überschwemmungen hatten 250.000 Binnenvertriebene, 453 Tote und 630 Verletzte zur Folge. Etwa 51 Prozent der Betroffenen waren Frauen und Kinder. Die Behörden sorgten nicht dafür, dass die Opfer zeitnah humanitäre Hilfe erhielten.
Am 11. Oktober 2023 fanden Kommunalwahlen in 65 Landkreisen statt.
Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht
Angehörige der bewaffneten Gruppe al-Shabaab, der Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (Forças de Defesa e Segurança – FDS) und der Mission der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika in Mosambik (Missão Militar da Africa Austral em Moçambique – SAMIM) begingen im Rahmen des anhaltenden bewaffneten Konflikts in der nördlichen Provinz Cabo Delgado Kriegsverbrechen gegen Zivilpersonen. Soweit bekannt, besteht zwischen al-Shabaab in Mosambik und der bewaffneten Gruppe al-Shabaab in Somalia kein Zusammenhang.
Zwischen Juni und September 2023 verübte al-Shabaab Anschläge im Bezirk Mocímboa da Praia. Mitglieder der bewaffneten Gruppe töteten in Limala einen Mann und brannten zehn Häuser nieder. In Kalugo töteten sie eine Frau und in Naquitengue 13 Menschen. Im Juli 2023 enthaupteten al-Shabaab-Mitglieder zwei christliche Männer in Litamanda im Distrikt Macomia.
Am 24. Juli 2023 vergewaltigte ein FDS-Angehöriger eine 17-Jährige im Bezirk Nangade. Ebenfalls im Juli wurde ein Mann in Ingoane, Bezirk Mucojo, von einem SAMIM-Angehörigen angeschossen. Die Behörden nahmen in keinem der Fälle Ermittlungen auf.
Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit
Die Sicherheitskräfte gingen mit großer Härte gegen Protestierende vor. Im Januar 2023 hinderte ein massives Polizeiaufgebot, unterstützt von der Schnellen Eingreiftruppe und Hundestaffeln der Polizei (Policia canina), 130 Angestellte der Gemeinde Namaacha daran, in der Provinz Maputo mit einem Protestmarsch gegen eine fünfmonatige Verzögerung ihrer Gehaltszahlungen zu demonstrieren. Ein*e Protestierende*r gab an, dass sie sich alle aus Angst zurückgezogen hätten.
Am 8. August 2023 hinderte die Polizei der Republik Mosambik (PRM) streikende Ärzt*innen daran, kostenlose Gesundheitsdienste im Stadtteil Zimpeto in der Hauptstadt Maputo anzubieten. Am 21. August drohte ein Sprecher der Regierung den noch in der Probezeit befindlichen Ärzt*innen mit Entlassung, falls sie ihren Streik fortsetzen sollten.
Exzessive Gewaltanwendung
Am 18. März 2023 ging die PRM in den Städten Maputo und Beira mit scharfer Munition, Gummigeschossen und Tränengas gegen Hunderte Menschen vor, die an friedlichen Versammlungen zum Gedenken an den kurz zuvor verstorbenen gesellschaftskritischen Rapper Edson da Luz teilnahmen. Eine nur unter dem Namen Belarmina bekannte Frau wurde erschossen, und zahlreiche weitere Teilnehmende wurden verletzt, darunter Inocêncio Manhique, der ein Auge verlor. In beiden Städten nahm die Polizei 22 Personen fest.
Im Zeitraum vor und nach den Kommunalwahlen setzten die Sicherheitskräfte scharfe Munition ein, um Proteste und Versammlungen von Mitgliedern und Unterstützer*innen der Oppositionspartei RENAMO zu verhindern. Am 12. Oktober schoss die PRM im Bezirk Chiúre in der Provinz Cabo Delgado auf drei Menschen, von denen einer starb. Auch in der Stadt Nampula eröffnete die Polizei das Feuer auf RENAMO-Unterstützer*innen und verletzte dabei ein Kind. Die Angriffe wurden am darauffolgenden Tag zwischen ein und vier Uhr morgens fortgesetzt. Später am selben Tag wurde eine weitere Person in der Gemeinde Guruè in der Provinz Zambezia durch Schüsse verletzt, durch die eine Versammlung von RENAMO-Unterstützer*innen aufgelöst werden sollte.
Am 26. Oktober 2023 wurde bekannt gegeben, dass die Regierungspartei FRELIMO in den von der Oppositionspartei RENAMO heiß umkämpften Landkreisen den Wahlsieg errungen hatte. Daraufhin kam es zwei Tage lang zu Protesten von Mitgliedern und Unterstützer*innen der RENAMO. Die PRM setzte erneut exzessive Gewalt ein, um die Proteste aufzulösen, wobei mindestens vier Unbeteiligte getötet wurden. In Nampula wurde der 14-jährige Atipo Ajum erschossen, als er auf der Straße Getränke verkaufte; Sabonete Saíde wurde getötet, als er in seinem Haus von einer Kugel getroffen wurde. In Nacala wurde Issa Félix erschossen, als er die Straße überqueren wollte, und der 17-jährige Braimo Arlindo verlor sein Leben, als er und sein schwer verletzter Vater Schutz vor den Schüssen suchten. Zahlreiche Menschen erlitten Symptome einer Tränengasinhalation. Zeug*innen berichteten, dass die PRM-Angehörigen in Maputo durch Polizeikräfte in Zivil und mit AK-47-Sturmgewehren ausgerüstete Bereitschaftspolizist*innen unterstützt wurden. Am 27. Oktober erklärte ein Polizeisprecher, dass Untersuchungen der Tötungen eingeleitet würden, die Polizei jedoch auch weiter alle Mittel einsetzen werde, um gewaltsame Proteste zu verhindern.
Im Dezember 2023 ging die PRM in Guruè mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Unterstützer*innen der Opposition vor, die gegen die Ergebnisse der Wahl vom Oktober protestierten. Dabei wurde mindestens eine Person – ein 15-jähriger Junge – im Bezirk Marromeu erschossen, fünf weitere Menschen erlitten Schussverletzungen.
Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen
Die Sicherheitskräfte nahmen Menschen willkürlich fest, darunter auch Demonstrierende.
Der angolanische Staatsangehörige Gerson Emanuel Quintas (auch bekannt als Man Genas), seine Frau und seine beiden Kinder wurden am 26. Februar 2023 von der PRM festgenommen, als sie Asyl beantragen wollten. Seither standen sie in Maputo unter Hausarrest. Berichten zufolge war Gerson Emanuel Quintas aufgrund von Morddrohungen aus Angola geflohen, die er erhalten hatte, nachdem er die mutmaßliche Beteiligung eines hochrangigen Polizeibediensteten am Drogenhandel offengelegt haben soll.
Im Juli 2023 wurde Macassar Bacar einen Tag nach seiner Festnahme durch den Nationalen Dienst für strafrechtliche Ermittlungen (Serviço Nacional de Investigaçao Criminal) auf dem Dritten Polizeirevier in Maputo tot aufgefunden. Die Polizei gab an, dass er eines natürlichen Todes gestorben sei, während eine lokale NGO vermutete, dass er an den Folgen von Folter starb.
Im November 2023 erklärte der Innenminister, dass Hunderte Menschen im Zusammenhang mit den Oktoberprotesten festgenommen und angeklagt worden seien. Nur 17 von ihnen waren bis zum Jahresende freigelassen worden. Die meisten blieben in Haft (siehe "Exzessive Gewaltanwendung").
Recht auf Leben und Sicherheit der Person
Kriminelle entführten auch 2023 weiterhin Geschäftsleute asiatischer Herkunft oder deren Familienangehörige, um Lösegeld zu erpressen. Die PRM ergriff keine angemessenen Maßnahmen, um die Sicherheit der Betroffenen zu gewährleisten. Die Unternehmerin Sheinaz Gani und die beiden Unternehmer Sanjay Dhalani und Firoz Mussa Judge wurden zwischen März und September 2023 in Maputo entführt und monatelang gefangen gehalten, bevor sie wieder freikamen. Firoz Mussa Judge wurde freigelassen, nachdem seine Familie ein Lösegeld an seine Entführer gezahlt hatte.