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Eritrea 2023

© Amnesty International
Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023
Es gab keinerlei Anzeichen für eine Verbesserung der Menschenrechtslage im Land. Wie schon in den vergangenen Jahren nahmen die Behörden auch 2023 Journalist*innen, Indigene, politisch Andersdenkende und Mitglieder religiöser Gemeinschaften willkürlich in Haft und ließen sie verschwinden. Das Recht auf Religionsausübung war stark eingeschränkt. Ein Religionsführer starb nach zehnjähriger Haft im Gefängnis. Die indigene Gemeinschaft der Afar wurde diskriminiert und verfolgt. Es wurden noch mehr Menschen auf unbestimmte Zeit zum obligatorischen Militärdienst eingezogen. Frauen im Militärdienst waren sexualisierter Gewalt ausgesetzt.
Hintergrund
In der an Eritrea grenzenden äthiopischen Region Tigray waren eritreische Streitkräfte auch 2023 großflächig für systematische sexualisierte Gewalt – einschließlich Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen – verantwortlich, obwohl bereits im November 2022 ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet worden war (siehe Länderkapitel Äthiopien). Die Regierung unternahm keine Bemühungen, eine Untersuchung zu diesen und anderen in Tigray begangenen völkerrechtlichen Verbrechen einzuleiten. Präsident Afwerki wies wohlbegründete Vorwürfe gegen das Verhalten der eritreischen Streitkräfte als "Fantastereien" zurück.
Nach wie vor lehnte es Eritrea ab, sich an internationalen Menschenrechtsmechanismen zu beteiligen, und verweigerte auch die Zusammenarbeit mit dem UN-Sonderberichterstatter über die Menschenrechtssituation in Eritrea.
Das bereits 2001 verhängte Verbot unabhängiger Medien bestand fort.
Willkürliche Inhaftierungen und Verschwindenlassen
Die Regierung setzte auch 2023 ihre bereits seit 22 Jahren verfolgte Politik der willkürlichen Inhaftierung und in einigen Fällen des Verschwindenlassens von Journalist*innen, tatsächlichen oder vermeintlichen politisch Andersdenkenden und Mitgliedern religiöser Gemeinschaften (siehe "Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit") als Repressionsmittel fort. Den Inhaftierten wurden die Rechte auf Haftprüfung und Zugang zu Rechtsbeiständen verweigert. Das Schicksal und der Verbleib von elf Mitgliedern einer als G-15 bekannten Gruppe blieb weiterhin unbekannt. Bei den G-15 handelte es sich um eine Gruppe von 15 hochrangigen Politiker*innen, die sich 2001 öffentlich gegen Präsident Afwerki gestellt hatten. Auch über das Schicksal und den Aufenthaltsort von 16 Journalist*innen, denen Verbindungen zu den G-15 vorgeworfen wurden, war nichts bekannt.
Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit
Die Behörden diskriminierten Menschen aufgrund ihres Glaubens und verweigerten Personen, die nichtregistrierten Religionsgemeinschaften angehörten, das Recht auf Religionsausübung. Hunderte Menschen waren übermäßig lange willkürlich inhaftiert, weil sie Mitglieder von Religionsgemeinschaften waren, die nicht anerkannt wurden. Einige fielen dem Verschwindenlassen zum Opfer.
Die einzigen zugelassenen Religionsgemeinschaften waren die eritreisch-orthodoxe Tewahedo-Kirche, der sunnitische Islam und die katholische sowie die evangelisch-lutherische Kirche von Eritrea. Die Baha'i-Religion war de facto erlaubt.
Am 9. April 2023 starb Pastor Tesfaye Seyoum, Gründer und Oberhaupt der mennonitischen Meserete-Kristos-Kirche, im Gefängnis Mai Serwa. Dort war er wegen der Zugehörigkeit zu einer verbotenen Religionsgemeinschaft zehn Jahre lang in Haft gehalten worden. Die Behörden erlaubten der Familie von Tesfaye Seyoum erst nach zehn Tagen, ihn zu bestatten, und zwangen sie dazu, ihn in der Hauptstadt Asmara und nicht in seiner Heimatstadt beizusetzen.
Rechte indigener Gemeinschaften
Die indigene Gemeinschaft der Afar war auch 2023 mit zahlreichen Versuchen der Regierung konfrontiert, Einfluss auf ihre traditionelle Lebensweise zu nehmen. Unter anderen wurde ihnen das Fischen verboten, das ihre wichtigste Existenzgrundlage war. Nach Angaben des UN-Sonderberichterstatters über die Menschenrechtssituation in Eritrea waren die Afar "Diskriminierung, Schikanen, willkürlicher Inhaftierung, Verschwindenlassen, Gewalt und großflächiger Verfolgung ausgesetzt". Im Mai 2023 waren mindestens 57.000 Angehörige der Afar als Flüchtlinge in Äthiopien registriert.
Zwangsarbeit
In Eritrea wurden Menschen nach wie vor auf unbestimmte Zeit zum nationalen Militärdienst eingezogen. Dieser kam Zwangsarbeit und in einigen Fällen auch Sklaverei gleich.
Der UN-Sonderberichterstatter über die Menschenrechtssituation in Eritrea erklärte in seinem Bericht an den UN-Menschenrechtsrat für die Sitzung in den Monaten Juni/Juli 2023, dass Wehrpflichtige nach seinen Informationen im August 2022 bei "großangelegten Razzien" zusammengetrieben worden seien. Noch bis November 2022 hätten die Streitkräfte "Zwangsmaßnahmen eingesetzt, um Personen zu zwingen, sich an militärischen Aktionen in Äthiopien zu beteiligen (...)". Familien seien gezwungen worden, ihre Angehörigen – auch Kinder – an die Streitkräfte auszuliefern.
Auch 2023 trafen Meldungen über Folter und andere Misshandlungen sowie sexualisierte Gewalt in den Ausbildungszentren für Wehrpflichtige ein. Der Sonderberichterstatter informierte in seinem Bericht darüber, dass laut Angaben von ehemaligen Rekrutinnen im Militärausbildungslager Sawa Offiziere des Lagers wehrpflichtige Frauen vergewaltigten und andere geschlechtsspezifische Gewalt ausübten.
Viele junge Menschen wurden gezwungen, ihr letztes Schuljahr im Militärausbildungslager Sawa zu absolvieren. Damit wurde ihnen der Abschluss der schulischen Ausbildung erschwert.