Amnesty Report Côte d'Ivoire 24. April 2024

Côte d’Ivoire 2023

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023

Anhänger*innen der Opposition wurden lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit festgenommen. Gerichte erklärten die Vertreibung von Hunderten von Familien aus ihren Unterkünften in Abidjan für rechtswidrig. Mehr als 7 Mio. Menschen waren seit 2022 in das allgemeine Krankenversicherungsprogramm aufgenommen worden, das allerdings nicht alle Behandlungen abdeckte. Die Regierung ergriff Maßnahmen zur Eindämmung der steigenden Kosten für wichtige Konsumgüter. Der Kakaoanbau trug auch 2023 zur Abholzung von Wäldern bei, doch hatte die Regierung ein Projekt für den Erhalt und die Vergrößerung des Waldbestands eingerichtet. In verschiedenen Wirtschaftszweigen wurde auch weiterhin Kinderarbeit eingesetzt.

Hintergrund

Im September 2023 fanden friedliche Kommunal- und Regionalwahlen statt, nachdem es 2020 bei den Präsidentschaftswahlen zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen war.

Nach juristischen Ermittlungen zu der Gewalt während der Krise nach den Wahlen 2010/2011, in deren Verlauf Hunderte Menschen rechtswidrig getötet worden waren, wurden die sterblichen Überreste von 47 Personen an ihre Angehörigen übergeben. 

Bis November 2023 hatte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge mehr als 30.000 Personen, die auf der Flucht vor dem bewaffneten Konflikt in Burkina Faso nach Côte d’Ivoire gekommen waren, als Flüchtlinge registriert.

Mehr als 30 Personen kamen Angaben der Regierung zufolge zwischen April und Juni 2023 bei Überschwemmungen ums Leben. 

Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Am 24. Februar 2023 nahmen die Behörden 31 Aktivist*innen der oppositionellen Partei Le Parti des peuples africains – Côte d’Ivoire (PPA-CI) willkürlich fest, nachdem sie den Generalsekretär ihrer Partei zu einer Vorladung vor Gericht begleitet hatten. Dieser wurde beschuldigt, an dem Angriff auf eine Militärkaserne 2021 in der Metropole Abidjan beteiligt gewesen sein. Am 9. März wurden 26 von ihnen wegen "Störung der öffentlichen Ordnung" zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, am 22. März jedoch wieder freigelassen, nachdem ihre Strafen im Berufungsverfahren zur Bewährung ausgesetzt worden waren. 

Am 25. Februar 2023 wurden vier Männer festgenommen, weil sie auf einer Versammlung der PPA-CI in Yopougon, einem Vorort von Abidjan, die russische Fahne geschwenkt hatten. Sie wurden im Strafvollzugszentrum von Abidjan inhaftiert und am 22. März ohne Anklage freigelassen.

Rechtswidrige Zwangsräumungen

Im März 2023 erklärte ein erstinstanzliches Gericht in Abidjan die Vertreibung von Hunderten Familien aus den Distrikten Houphouet Boigny 1 und 2 der Gemeinde Koumassi in Abidjan für rechtswidrig. Die rechtswidrigen Zwangsräumungen waren 2021 im Rahmen von Hochwasserschutzmaßnahmen durch die Stadtverwaltung von Koumassi angeordnet worden. 

Die Stadtverwaltung von Yopougon setzte sich über das Urteil eines erstinstanzlichen Gerichts vom Juli 2023 hinweg, das die Vertreibung von 178 Familien aus dem Gebiet Banco Nord Extension 2 für rechtswidrig erklärt hatte. Im September 2023 setzten die Behörden die Zwangsräumungen und den Abriss von Häusern in diesem Gebiet fort.

Recht auf Gesundheit

Im Oktober 2023 gab der Minister für Beschäftigung und Sozialschutz bekannt, dass 7,2 Mio. Menschen in die 2022 eingeführte allgemeine Krankenversicherung aufgenommen worden waren. Damit sollte der Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung verbessert werden. Medienberichten zufolge gab es jedoch nach wie vor Bedenken hinsichtlich der geringen Anzahl von Arzneimitteln, die im Rahmen des Programms erstattungsfähig waren, sowie der begrenzten Anzahl von Gesundheitszentren, die Zahlungen im Rahmen der allgemeinen Krankenversicherung akzeptierten.

Recht auf Nahrung

Nach einem im Dezember 2023 veröffentlichten Bericht des Nationalen Statistikinstituts lag die jährliche Inflationsrate bei 4,4 Prozent. Um die Kaufkraft der Bevölkerung zu sichern, setzten die Behörden im September die Ausfuhr von Reis und Zucker bis zum Ende des Jahres aus, um den Kostenanstieg für diese Produkte einzudämmen und eine stabile Versorgung des Binnenmarktes zu gewährleisten.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Im Jahr 2023 begann die zweite Phase des forstwirtschaftlichen Projekts Forestry Investment Project, das von der Weltbank mit 148 Mio. US-Dollar (etwa 136 Mio. Euro) unterstützt wird. Der Regierung zufolge dient das Projekt dem Erhalt und der Vergrößerung des Waldbestandes und der Verbesserung der Lebensbedingungen der in den entsprechenden Waldgebieten lebenden Gemeinschaften. Laut einer im Mai 2023 in der Online-Zeitschrift Nature Food veröffentlichten Studie "ist der Kakaoanbau in Côte d’Ivoire für mehr als 37 Prozent des Waldverlustes in geschützten Gebieten verantwortlich". In der Studie wurde die Notwendigkeit einer faireren Preisgestaltung und der Unterstützung für verbesserte Anbaumethoden hervorgehoben. 

Kinderrechte

Zum Abschluss seines Besuchs in Côte d’Ivoire erklärte der UN-Sonderberichterstatter für moderne Formen der Sklaverei, er sei während seines Besuchs darüber informiert worden, dass es "in verschiedenen Wirtschaftssektoren, darunter Landwirtschaft, Hausarbeit, Straßenverkauf und traditioneller Goldabbau, nach wie vor Kinderarbeit gibt". Er äußerte sich auch besorgt "über das Schicksal von Mädchen, die zum Zweck der sexuellen Ausbeutung aus anderen Ländern der Region nach Côte d'Ivoire verschleppt oder die zur Frühverheiratung gezwungen wurden".

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