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Todesstrafe in Kalifornien: Hinrichtungsmaschinerie gestoppt
Gavin Newsom begann seine Amtszeit mit einem Paukenschlag: Keine acht Wochen nachdem er den Posten des Gouverneurs von Kalifornien übernommen hatte, verkündete er Mitte März ein Moratorium für Hinrichtungen im bevölkerungsreichsten Staat der USA. Damit hebelte er das Ergebnis eines Referendums aus, bei dem sich im November 2016 gut die Hälfte der Wählerinnen und Wähler dafür ausgesprochen hatte, die Vollstreckung von Todesurteilen zu beschleunigen.
Von Arndt Peltner, San Francisco
Newsom wird die 737 in Kalifornien inhaftierten Todeskandidatinnen und Todeskandidaten nicht begnadigen – das kann und darf er nicht. Aber er stoppt den Exekutionsprozess, indem er den Gefangenen einen unbefristeten Aufschub gewährt, der in seiner Amtszeit nicht mehr angefochten werden kann. Außerdem kündigte der Gouverneur an, die Zusammensetzung des Giftcocktails nicht zu genehmigen, was Hinrichtungen unmöglich macht. Und schließlich wurde noch am Tag der Ankündigung die Hinrichtungskammer im Gefängnis von San Quentin geschlossen.
Ein deutliches Zeichen gesetzt
Das Moratorium hat weit über Kalifornien hinaus Bedeutung: In 30 US-Bundesstaaten gilt noch die Todesstrafe, in 19 wurde sie ausgesetzt, in drei weiteren sind Moratorien in Kraft. Die Entscheidung des Gouverneurs des Bundesstaats mit den meisten Todeskandidatinnen und Todeskandidaten – jede vierte zum Tode verurteilte Person in den USA ist in Kalifornien inhaftiert – setzt nun ein deutliches Zeichen.
Seine Haltung gegen die Todesstrafe leitet der 51-jährige Newsom aus seinen katholischen und jesuitischen Wurzeln her: Hinrichtungen seien "moralisch und ethisch" nicht verantwortbar, sagte er; zudem habe man nachgewiesen, dass Unschuldige in den USA zum Tode verurteilt würden. Als er im Februar gefragt wurde, ob er seine Unterschrift unter die Anordnung zu einer Hinrichtung setzen würde, antwortete er: "Ich kann diese Frage nicht beantworten, denn ich bin auf die Antwort zu dieser Frage nicht vorbereitet. Bei dieser Vorbereitung geht es um eine umfassende Gewissensprüfung."
Die Antwort hat er nun mit Verhängung des Moratoriums gegeben. Da in Kalifornien seit 2006 niemand mehr hingerichtet wurde, gab es zuletzt vor allem juristische Auseinandersetzungen darüber, wie man einen verurteilten Mörder oder eine verurteilte Mörderin "human" sterben lassen könne – mit der Folge, dass die Zahl der im Todestrakt von San Quentin Inhaftierten stetig wuchs. Forderungen nach einem Gefängnisneubau kamen immer wieder auf, denn im ältesten Staatsgefängnis von Kalifornien herrscht notorischer Platzmangel. Newsom begründete seinen Schritt auch damit, dass es 14 Jahre dauern würde, um den jetzigen Todestrakt zu leeren – selbst wenn jeden Monat ein Mensch hingerichtet würde. Dies widerspreche seinen Werten und denen Kaliforniens.
Nun gibt es viele offene Fragen, was passieren wird. Allen voran jene, ob die zum Tode Verurteilten weiterhin in San Quentin untergebracht bleiben oder in andere Gefängnisse in Kalifornien verlegt werden. Auch muss geklärt werden, wie die Todeskandidaten fortan behandelt werden. Bislang unterliegen sie einer besonders strengen Kontrolle und Überwachung, was zeit- und personalintensiv, aber auch teuer ist. Die im Todestrakt Inhaftierten sind zum einen erleichtert, zum anderen gespannt, was dieser Stopp der Hinrichtungsmaschinerie für jeden einzelnen bedeuten wird.
Befürworterinnen und Befürworter der Todesstrafe wollen klagen
Reaktionen auf die Ankündigung Newsoms blieben nicht aus. Befürworterinnen und Befürworter der Todesstrafe im Bundesstaat kündigten umgehend Klagen an, denn Newsom, so ihr Argument, setze sich über den Wählerwillen hinweg. Unter dem Hashtag #impeachnewsom fordern Kritikerinnen und Kritiker des Gouverneurs, ihn des Amtes zu entheben. Präsident Donald Trump teilte auf Twitter mit, dass er von dem Moratorium nicht begeistert sei – ebenso wenig wie Familien und Freundinnen und Freunde der Opfer. Der Demokrat Newsom wurde im vergangenen Herbst auch aufgrund seiner deutlichen Opposition zu Trump zum Gouverneur gewählt.
Kamala Harris, demokratische Senatorin Kaliforniens im Kongress und eine potenzielle Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, gratulierte ihrem Freund und Wegbegleiter hingegen. Harris hatte sich bereits als kalifornische Justizministerin gegen die Todesstrafe ausgesprochen. Auch der demokratische Präsidentschaftskandidatenanwärter Bernie Sanders, der sich seit jeher gegen die Todesstrafe wendet, wertete die Nachricht aus Kalifornien als positiv und ermutigend für das ganze Land.
Die Aussetzung der Todesstrafe ist freilich keine endgültige Entscheidung über diese verfehlte, unmenschliche und brutale Strafe. Was wohl kommen wird, ist ein neuerlicher Volksentscheid, dessen Ergebnis es möglicherweise erlaubt, die Todesstrafe in Kalifornien für immer aus den Gesetzbüchern zu streichen. Wenige Tage nach dem Moratorium kündigte Newsom an, er wolle prüfen lassen, ob er fortan Todesurteile in Kalifornien verhindern könne – zumindest so lange, bis die Todesstrafe von den Wählerinnen und Wählern im Bundesstaat offiziell abgeschafft wird.
Weitere Informationen zum Thema Todesstrafe und zur Todesstrafen-Statistik 2018 gibt es hier