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US-Lieferung von Streumunition an die Ukraine untergräbt Bemühungen, unterschiedslos wirkende Waffen zu ächten
Eine russische Trägerrakete mit Streumunition ist nahe der ukrainischen Stadt Slowjansk eingeschlagen (7. Juli 2023).
© IMAGO / ZUMA Wire
Die US-Regierung plant, Streumunition an die Ukraine zu liefern. Dies würde internationale Bemühungen untergraben, die Zivilbevölkerung während und nach bewaffneten Konflikten vor Gefahren unterschiedslos wirkender Waffen wie Streumunition zu schützen. Amnesty fordert die US-Regierung auf, das Vorhaben zu überdenken.
Unmittelbar nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verurteilte Amnesty International das russische Vorgehen als einen Akt der Aggression, der ein Völkerrechtsverbrechen darstellt. Amnesty International hat Kriegsverbrechen und andere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht dokumentiert, die im Zuge des russischen Angriffskrieges begangen wurden, darunter außergerichtliche Hinrichtungen von Zivilpersonen durch russische Streitkräfte, Folter und andere Misshandlungen, die Misshandlung von Kriegsgefangenen und die absichtliche Bombardierung des Theaters in Mariupol, in dem Zivilpersonen Schutz gesucht hatten. Insbesondere hat Amnesty wiederholt den rechtswidrigen Einsatz von Streumunition durch die russischen Streitkräfte in mehreren Städten in der Ostukraine dokumentiert; einige dieser Angriffe stellen Kriegsverbrechen dar.
Zur geplanten Lieferung von Streumunition durch die USA an die Ukraine sagt Patrick Wilcken, Experte für Militär-, Sicherheits- und Polizeifragen bei Amnesty International:
"Amnesty International betont seit Langem, dass es sich bei Streumunition um eine unterschiedslos wirkende Waffe handelt, die der Zivilbevölkerung auf der ganzen Welt unsägliches Leid zugefügt hat – in einigen Fällen auch noch Jahrzehnte nach dem Ende eines Konflikts.
Der russische Angriffskrieg hat tiefes Leid über die ukrainische Bevölkerung gebracht. Humanitäre Erwägungen und die Sorge um die Zivilbevölkerung in Ländern, die von Krieg und seinen Folgen gezeichnet sind, haben 111 Staaten dazu veranlasst, das Übereinkommen über Streumunition ("Oslo-Übereinkommen") zu ratifizieren und damit Einsatz, Herstellung, Weitergabe und Lagerung dieser Waffen zu verbieten – darunter auch viele Verbündete der Ukraine.
Das Vorhaben der Biden-Regierung, Streumunition an die Ukraine zu liefern, ist ein Rückschritt. Es untergräbt die beträchtlichen Fortschritte, die die internationale Gemeinschaft bei ihren Bemühungen gemacht hat, die Zivilbevölkerung während und nach bewaffneten Konflikten vor Gefahren unterschiedslos wirkender Waffen wie Streumunition zu schützen.
Amnesty International fordert die US-Regierung auf, das Vorhaben zu überdenken, dem Übereinkommen beizutreten, ihre Bestände zu vernichten und die Herstellung, den Einsatz und die Weitergabe von Streumunition einzustellen."
Hintergrund:
- Streumunition sind Raketengefechtsköpfe, Artilleriegranaten und Bomben, die jeweils eine hohe Anzahl kleiner Sprengkörper (so genannte Submunition) enthalten, die nach dem Abschuss oder Abwurf über große Flächen verstreut werden und dort explodieren sollen.
- Viele Systeme weisen eine hohe Blindgängerquote auf, sodass große Gebiete mit nicht explodierter Submunition kontaminiert sind, die noch lange nach Beendigung des Konflikts tödliche Folgen haben können. Berichten zufolge planen die USA die Entsendung von DPICM-Streumunition (Dual-Purpose Improved Conventional Munition), die eine Blindgängerquote von mindestens 6 Prozent aufweist. US-amerikanisches Recht verbietet grundsätzlich die Weitergabe von Waffen mit einer Blindgängerquote von über 1 Prozent.
- Zivilpersonen, insbesondere Kinder, sind nach einem Konflikt am stärksten von Verletzung oder Tod durch nicht explodierte Streumunition bedroht. Der Boden kann jahrelang kontaminiert bleiben, so dass er nicht mehr für die Landwirtschaft oder andere Zwecke genutzt werden kann.
- Das Übereinkommen über Streumunition, das am 1. August 2010 in Kraft trat und von 111 Staaten ratifiziert wurde, verbietet Einsatz, Entwicklung, Herstellung, Lagerung und Weitergabe von Streumunition. Unter anderem Russland, die Ukraine und die USA sind keine Vertragsstaaten des Übereinkommens.
- Das humanitäre Völkergewohnheitsrecht verbietet den Einsatz von Waffen und Munition, die an sich unterschiedslos wirken. Wahllose und willkürliche Angriffe, bei denen Zivilpersonen getötet oder verletzt werden, sind Kriegsverbrechen.
- Amnesty International hat dokumentiert, dass die russischen Streitkräfte bereits Streumunition in der Ukraine eingesetzt haben. Diesen Einsatz verurteilt Amnesty International.