Aktuell Myanmar 06. Dezember 2021

Myanmar: Aung San Suu Kyi zu Haftstrafe verurteilt

Das Bild zeigt das Porträt einer Frau mit Mundschutz

+++ Dieser Artikel wurde am 7. Dezember 2021 um 10:04 Uhr aktualisiert, nachdem bekannt wurde, dass die vierjährige Haftstrafe für Aung San Suu Kyi auf zwei Jahre verkürzt wurde. +++

 

Aung San Suu Kyi, Friedensnobelpreisträgerin und De-facto-Regierungschefin in Myanmar, wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil sie angeblich zu Gewalt aufgerufen habe. Dieses Gerichtsurteil entbehrt jeglicher Grundlage und offenbart erneut, wie skrupellos das Militär gegen oppositionelle Stimmen vorgeht.

Auf die Nachricht, dass Aung San Suu Kyi in Myanmar zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde, reagierte Ming Yu Hah, stellvertretende Regionaldirektorin für Kampagnen bei Amnesty International, mit folgender Einschätzung: 

 

"Der harte Urteilsspruch gegen Aung San Suu Kyi auf der Grundlage von fabrizierten Anklagen zeigt die Entschlossenheit des Militärs, jegliche Opposition im Keim zu ersticken und die Grundfreiheiten in Myanmar zu unterdrücken. Dieses absurde und jeder Grundlage entbehrende Gerichtsurteil verdeutlicht einmal mehr das gängige Muster willkürlicher Bestrafung, unter dem seit dem Militärputsch im Februar mehr als 1.300 Menschen getötet und Tausende festgenommen wurden. 

 

In Myanmar befinden sich zahlreiche Menschen hinter Gittern, die nicht über den Bekanntheitsgrad von Aung San Suu Kyi verfügen und denen jahrelange Inhaftierung droht, weil sie friedlich von ihren Menschenrechten Gebrauch gemacht haben. Diese Gefangenen dürfen nicht vergessen und ihrem Schicksal überlassen werden. 

 

Die derzeitige Lage in Myanmar ist äußerst besorgniserregend. Die eskalierende Gewalt hat zur Vertreibung Zehntausender Menschen geführt und sorgt für eine humanitäre Krise inmitten der anhaltenden Pandemie. Wenn die internationale Gemeinschaft nicht entschlossen, vereint und umgehend handelt, wird sich die Situation nur noch weiter verschärfen.  

 

Die internationale Gemeinschaft muss dringend aktiv werden und dafür sorgen, dass die Zivilbevölkerung geschützt und die für Menschenrechtsverstöße Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Außerdem muss eiligst humanitäre und medizinische Hilfe geleistet werden. Das Gesundheitssystem des Landes liegt am Boden, die wirtschaftliche Lage ist prekär, und es droht eine Nahrungsmittelknappheit. Die Welt darf nicht untätig zusehen und ASEAN das Handeln überlassen. Die Staatengemeinschaft muss jetzt Maßnahmen ergreifen und dafür sorgen, dass rechtswidrige Tötungen, willkürliche Inhaftierungen, Folter und andere schwere Menschenrechtsverstöße unterbunden werden. Darüber hinaus muss der jahrzehntelangen Praxis der Straffreiheit, die zu dieser Situation geführt hat, ein Ende gesetzt werden. 

 

Es ist beschämend, dass der im April angenommene Fünf-Punkte-Konsens zu Myanmar von ASEAN immer noch nicht vollständig umgesetzt wurde. Außer dem Ausschluss von Armeechef Min Aung Hlaing von einer Handvoll Treffen hat der südostasiatische Staatenbund erschütternd schwach reagiert angesichts der Unterdrückung friedlicher Kritik, großflächigen Verwüstung und Knebelung der Meinungsfreiheit durch das myanmarische Militär." 

Amnesty-Tweet zur Verurteilung von Aung San Suu Kyi:

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Hintergrund 

  

Die myanmarische Staatsrätin und De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi wurde am 1. Februar festgenommen, gemeinsam mit weiteren gewählten Regierungsmitgliedern, Angehörigen der Wahlkommission und Aktivist_innen.  

 

Die Schuldsprüche vom 6. Dezember wurden auf der Grundlage der Anklagen "Aufhetzung gegen das Militär" gemäß Paragraf 505 (b) des Strafgesetzbuchs und "Verstöße gegen die Corona-Maßnahmen" gemäß Paragraf 25 des Gesetzes über Katastrophenmanagement verhängt. Ihr drohen insgesamt elf Strafverfahren, unter anderem wegen Vorwürfen unter Paragraf 67 des Telekommunikationsgesetzes und wegen Anklagen unter dem Import-/Export-Gesetz im Zusammenhang mit dem Besitz von Walkie-Talkies. Darüber hinaus wird ihr vorgeworfen, gegen Paragraf 55 des Antikorruptionsgesetzes und gegen das Gesetz zum Schutz von Staatsgeheimnissen verstoßen zu haben. Alle gerichtlichen Anhörungen fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. 

 

Am 24. April hielt der südostasiatische Staatenbund ASEAN in Jakarta einen Sondergipfel zu Myanmar ab. Dort wurde unter Anwesenheit des myanmarischen Armeechefs Min Aung Hlaing ein Fünf-Punkte-Konsens erzielt.  

 

Dieser Konsens fordert ein sofortiges Ende der Gewalt in Myanmar und einen konstruktiven Dialog zwischen allen betroffenen Parteien. Er sieht außerdem humanitäre Hilfen für Myanmar vor sowie die Ernennung eines ASEAN-Sonderbotschafters als Vermittler in dem Dialogprozess, der Myanmar einem Besuch abstatten sollte. Mehr als sieben Monate nach dem Gipfeltreffen ist es offensichtlich, dass keine wirksamen Ergebnisse erzielt wurden. Dem ASEAN-Sonderbotschafter wurde kein Zugang zu Aung San Suu Kyi gewährt, die an einem unbekannten Ort in der Hauptstadt Naypyidaw festgehalten wird. 

 

Das Militär tötet weiterhin Protestierende, Unbeteiligte und andere Zivilpersonen. Aktivist_innen, Menschenrechtler_innen, Medienschaffende, medizinisches Personal, Künstler_innen, politische Oppositionelle und Kritiker_innen des Militärs werden nur deshalb festgenommen, strafrechtlich verfolgt und und inhaftiert, weil sie friedlich ihre Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wahrnehmen. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Assistance Association for Political Prisoners Burma (AAPPB) töteten Armeeangehörige bis zum 3. Dezember mehr als 1.300 Menschen und nahmen mindestens 10.000 Personen fest. 

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