Aktuell Blog Guatemala 07. August 2019

Aufklärung unerwünscht

Viele Menschen demonstrieren auf einem öffentlichen Platz

Demonstration in Guatemala City gegen Korruption (Archivaufnahme)

Seit Jahren kämpfen mutige Menschen in Guatemala für Gerechtigkeit. Vor allem die UN-Kommission CICIG konnte bis 2017 große Fortschritte im Kampf gegen die Straflosigkeit erzielen – zum Missfallen der aktuellen guatemaltekischen Regierung. Sie hat angekündigt, das Mandat der Kommission, das noch bis Ende September 2019 läuft, nicht zu verlängern.

"Der Traum von Gerechtigkeit und Menschenrechten zerbröckelt und die Mauer der Straflosigkeit wird wieder errichtet." Mit diesen Worten fasste ein Anwalt aus Guatemala im Gespräch mit Amnesty International die Entwicklungen der letzten zwei Jahre ernüchtert zusammen.

Um die Entwicklungen der vergangenen beiden Jahre und die Enttäuschung der Menschen in Guatemala zu verstehen, ist ein kleiner Zeitsprung in die Mitte der 1990er Jahre notwendig: 1996 wurde ein jahrzehntelanger Bürgerkrieg in Guatemala durch die Unterzeichnung eines Friedensvertrags beendet. In den darauffolgenden Jahren zeigte sich jedoch, dass sich nicht alle bewaffneten kriminellen Strukturen aufgelöst hatten. Zu ihnen gehören auch die sogenannten Cuerpos Ilegales y Aparatos Clandestinos de Seguridad (CIACS), die im Untergrund weiter existieren. Durch ihre guten Beziehungen zu Politik und Justiz behielten die CIACS weiterhin großen Einfluss und konnten ihre kriminellen Machenschaften wie Drogenhandel, Erpressungen, Geldwäsche und Gewalt sowie Morde an Menschenrechtsverteidiger_innen ungehindert weiterführen. Die Folge davon waren systematische Korruption und die Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen. 

Nach Protesten der Zivilgesellschaft bat die guatemaltekische Regierung um internationale Hilfe. Denn die Justizbehörden des Landes konnten dieses gewaltige Problem nicht alleine bewältigen und die Behörden waren zudem selbst von CIACS unterwandert. 2006 wurde daraufhin die Internationale Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (Comisión Internacional contra la Impunidad en Guatemala, CICIG) eingerichtet. Im Rückblick bewerten Expertinnen und Experten die Arbeit der Kommission als überaus erfolgreich. So hat die CICIG sich zwischen 2007 und 2018 mit mehr als 100 Fällen beschäftigt, von denen viele eng mit Menschenrechtsverletzungen im Land zusammenhängen. So wurden im Fall Sepur Zarco 30 ehemalige Militärangehörige, Wehrbeauftragte und Mitglieder von Zivilschutzpatrouillen wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen – einschließlich Folter, Verschwindenlassen, außergerichtlicher Hinrichtungen und sexueller Sklaverei – verurteilt.

Seit 2017 beobachtet Amnesty jedoch eine rückläufige Entwicklung. Die Behörden Guatemalas haben eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, die die Fortschritte der vergangenen Jahre zunichte machen. So behinderte die neue Regierung in Guatemala unter Präsident Jimmy Morales die Arbeit der CICIG und kündigte im August 2017 schließlich an, das Mandat nicht mehr zu verlängern. Damit wird die jahrelange, wertvolle Arbeit der Kommission im September 2019 enden. Die Fortsetzung der Untersuchung der noch offenen Fälle ist damit unmittelbar bedroht. Eine Bereitschaft der Generalstaatsanwaltschaft, diese Untersuchungen weiterzuführen, ist nach Einschätzungen von Amnesty nicht zu erkennen. 

Die Menschen in Guatemala befürchten nun, dass die alten Verhältnisse, in denen Straflosigkeit herrschte, wieder zurückkehren. Amnesty International fordert daher die guatemaltekischen Behörden eindringlich dazu auf, dieser Politik der Rückschritte ein Ende zu setzen und sich wieder mehr im Kampf gegen die Straflosigkeit und für die Durchsetzung von Menschenrechten zu engagieren. Dies ist umso wichtiger, weil die CICIG auch für andere Staaten der Region als positives Beispiel dient – ein Scheitern hätte eine fatale Signalwirkung für die Nachbarländer.

Weitere Informationen zu diesem Thema findest du im englischsprachigen Bericht "Last Chance for Justice. Dangerous setbacks for Human Rights and the fight against impunity in Guatemala

 

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