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Facebook Files: Wie ein Verbot von Überwachungswerbung Facebook sicherer machen kann
Zahlreiche Recherchen zeigen: Facebooks Geschäftsmodell basiert auf schädlichen und die Gesellschaft spaltenden Inhalten.
© IMAGO / Ralph Peters
Die jüngsten Enthüllungen der Whistleblowerin Frances Haugen haben es erneut bestätigt: Facebooks Geschäftsmodell basiert auf Überwachung, Fehlinformationen und feindseligen Inhalten, um die Reichweite und damit die eigenen Profite zu steigern.
Facebook kämpft momentan mit seiner größten Krise seit dem Cambridge Analytica-Skandal. Die explosiven Enthüllungen der Whistleblowerin Frances Haugen beweisen, dass die Führung des Unternehmens sich weigerte, Veränderungen an ihren Plattformen vorzunehmen, die sie sicherer gemacht hätten, da sie "ihren immensen Profit vor die Menschen stellen".
Die Vorwürfe von Haugen, die zuerst in den "Facebook Files" des Wall Street Journals erschienen, und welche sie vergangene Woche vor dem US Kongress wiederholt hat, bezogen sich auf:
- Facebooks Pläne, mehr Teenager_innen auf ihre Plattformen zu locken, obwohl sie durch interne Recherchen bereits wussten, dass Instagram negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit junger Mädchen haben kann
- Die Verbreitung von Falschinformationen über Impfungen auf Facebook
- Facebooks Rolle bei der Verbreitung von Fehlinformationen im Globalen Süden
- Veränderungen im Algorithmus, die nach Facebooks eigener Recherche zur Verbreitung von Fehlinformationen, Feindseligkeit und Inhalten, die einen Gewaltbezug enthalten, beitragen
- Ein von Facebook errichtetes System, welches einflussreiche Nutzer_innen von einigen oder gar allen Regeln der Plattform freispricht, wodurch sie schädliche Inhalte ohne Konsequenzen verbreiten können
Was hat das mit Überwachungswerbung zu tun?
Auch wenn diese Themen auf den ersten Blick als losgelöst voneinander erscheinen – beide haben damit zu tun, dass Facebook unter Druck steht, so viele aktive Nutzer_innen wie möglich auf ihren Plattformen zu halten.
Die Nutzung von Überwachungswerbung bildet den Kern des Geschäftsmodells von Facebook. Um den Nutzer_innen mit gezielter Werbung ansprechen zu können, muss Facebook so viel wie möglich über sie erfahren – über ihr Verhalten, ihre Beziehungen und ihre Schwachstellen.
Dafür werden das Verhalten und die Online-Aktivitäten beobachtet. Facebook nutzt konstante Überwachung von Online-Aktivitäten, weit über die Grenzen der eigenen Plattformen hinaus, um Daten zu sammeln, diese auszuwerten und dann zu entscheiden, welche Informationen die Nutzer_innen überhaupt sehen – und was ihnen als Werbung angezeigt wird. Mehr Aktivität bedeutet mehr Daten bedeutet mehr Werbeeinnahmen.
Das Resultat ist, dass Algorithmen extreme, spaltende und schädliche Inhalte stärker pushen – denn diese sorgen dafür, dass Nutzer_innen online aktiv bleiben. Die neuesten Enthüllungen untermauern frühere Recherchen zu diesem Problem auf Facebook und anderen Plattformen, vor allem YouTube.
Globale Auswirkungen
Facebook weist Haugens Anschuldigungen aufs Schärfste zurück. Mark Zuckerberg schrieb in einem Blog-Eintrag dass "die Auffassung, wir würden Profit über Sicherheit und Wohlergehen stellen ... einfach falsch" sei.
Zuckerberg sagte, er sei stolz auf den Einfluss, den Facebook auf die Welt gehabt hat. Aber Frances Haugen – und andere Whistleblower_innen wie Sophie Zhang – erzählen eine andere Geschichte.
Das Unternehmen ist verantwortlich für die Verbreitung von schädlichen und spaltenden Inhalten auf der ganzen Welt – und das Risiko ist in Ländern des Globalen Südens noch höher, wo Facebook eine immense Rolle zukommt.
Amnesty-Video zu Überwachungswerbung:
Dass Facebooks Algorithmen extreme Inhalte stark pushen, hat schon jetzt weitreichende Auswirkungen auf den Globalen Süden. Zum Beispiel haben sowohl eine unabhängige Einschätzung von Facebook selber sowie ein Bericht der Vereinten Nationen gezeigt, dass die Plattform eine entscheidende Rolle beim Schüren von Gewalt gegen die Rohingya in Myanmar gespielt hat. Eine andere, ebenfalls von Facebook in Auftrag gegebene Recherche zeigte ebenfalls, dass die Plattform zur Verbreitung von ethnischer Gewalt in Sri Lanka beigetragen hat.
Trotz dieser globalen Wirkung: Laut Facebooks eigenen Daten, welche durch Frances Haugen bekannt wurden, befinden sich nur 13% der Facebook-Mitarbeiter_innen, die spezifisch für die Eindämmung von Fehlinformationen zuständig ist, außerhalb der USA.
Ein Aufruf zur Übernahme von Verantwortung
Die "Facebook Files" von Frances Haugen liefern zusätzliche Beweise für das, was Amnesty und viele andere schon lange sagen: Facebooks überwachungsbasiertes Geschäftsmodell führt direkt zu Menschenrechtsverletzungen. Die Plattform ist darauf angewiesen, dass Nutzer_innen so lange wie möglich aktiv bleiben, um ihre Daten sammeln und sie mit gezielter Werbung ansprechen zu können. Denn das ist die Haupteinnahmequelle für Facebook. Und genau das ist der Grund, warum Amnesty ein Verbot der Überwachungswerbung fordert.
Während ihrer Aussage vor dem Senat sagte Frances Haugen: "Wenn sich die Anreize nicht ändern, wird sich Facebook nicht ändern". Werbung, die nicht auf übergriffige Verfolgung angewiesen ist, würde bedeuten, dass Facebook keine Anreize mehr hätte, die Aktivität ihrer Nutzer_innen und Überwachung über alles andere zu stellen – inklusive der Menschenrechte.
Facebook wird sich nicht selber regulieren – die interne Recherche liegt vor, das Unternehmen weiß über die Gefahren Bescheid und führt die schädlichen Praktiken trotzdem fort, um mehr Online-Aktivität und so höhere Wachstumsraten zu erzielen. Diese Krise wird schon als der "Big Tobacco"-Moment der Tech-Branche beschrieben. Wir erwarten jetzt Handlungen von Regierungen, um diese Gefahren einzuschränken, und fordern:
- Die Überwachung aus Profitgründen zu stoppen: Verbieten Sie Werbung, die auf invasivem Verfolgen unseres Online-Verhaltens beruht!
- Manipulierende Algorithmen zu kontrollieren: Sorgen Sie für eine unabhängige Kontrolle und Transparenz über die Algorithmen, die die Plattformen verwenden!
- Echte Wahlmöglichkeiten zu schaffen: Stellen Sie sicher, dass Menschen Alternativen zu großen Anbietern wie Google und Facebook wählen können, die ihre Menschenrechte tatsächlich respektieren!
Jetzt gibt es eine große Chance, bedeutende Gesetze in der EU zu verabschieden – den Digital Services Act (DSA). Es ist entscheidend, dass Parlamente diesen Moment nutzen, um Facebook und andere Big Tech-Firmen dazu zu bringen, ihre Geschäftsmodelle zu überarbeiten und so sicherzustellen, dass die Menschenrechte auf ihren Plattformen geschützt und respektiert werden.
Bis Regierungen den politischen Willen zeigen, aktiv zu werden und Technikfirmen zur Verantwortung zu ziehen, werden die Folgen von einem auf Überwachung basiertem Geschäftsmodell weiter in die analoge Welt überlaufen. Wie Frances Haugen gesagt hat:"Wir können es besser machen."