Aktuell 20. Januar 2023

Gemeinsame Erklärung: Mehr als 30 Organisationen fordern Handelsverbot für Folterwerkzeuge

Das Bild zeigt zwei Männer mit einem Protestschild

"Für ein Handelsabkommen, das Folterwerkzeuge verbietet": Amnesty-Protest im Rahmen einer Konferenz mit mehreren zivilgesellschaftlichen Organisationen am 19. Januar 2023 in London.

Schlagstöcke, Gummigeschosse oder Pfefferspray: Diese und andere Ausrüstungsgegenstände werden von Sicherheitsbehörden häufig für Folter oder andere Misshandlungen eingesetzt. Amnesty International fordert gemeinsam mit mehr als 30 weiteren Organisationen ein Abkommen, um den Handel mit Folterwerkzeugen zu kontrollieren.

Ausrüstungsgegenstände von Sicherheitsbehörden, wie Schlagstöcke oder Gummigeschosse, werden oft missbräuchlich eingesetzt und tragen so zu Menschenrechtsverletzungen bei. Um dies zu verhindern, fordern Amnesty und mehr als 30 weitere Organisationen nun ein internationales Abkommen.

Dieses Abkommen soll einerseits ein Verbot der Herstellung und des Handels von Ausrüstung enthalten, deren Anwendung grundsätzlich eine Menschenrechtsverletzung darstellt. Dazu zählen zum Beispiel Schlagstöcke mit Stacheln oder Elektroschockgeräte, die an Taille, Arm, Bein oder Fußgelenk angebracht werden. Andererseits sollen menschenrechtsbasierte Kontrollen für den Handel mit der Standardausrüstung für Strafverfolgungsbehörden, wie Pfefferspray, Gummigeschosse oder Handschellen, eingeführt werden.

"Viel zu lange haben Staaten den Handel mit Folterwerkzeugen ignoriert und es Unternehmen weltweit ermöglicht, aus menschlichem Leid und Elend Profit zu schlagen. Alle Staaten haben die Verantwortung, entschlossen zu handeln, um diesen Handel unter Kontrolle zu bringen. Diese Erklärung ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem internationalen Übereinkommen," sagte Verity Coyle, Beraterin für Recht und Politik bei Amnesty International.

Tränengas, Gummigeschosse, Schlagstöcke und Fesseln wurden in den vergangenen Jahren dazu eingesetzt, um Protestierende, Menschenrechtsverteidiger*innen und andere bei Demonstrationen und in Hafteinrichtungen einzuschüchtern, zu unterdrücken und zu bestrafen.

Die Untersuchungen von Omega über den Handel mit Folterwerkzeugen zeigen, dass dieser außer Kontrolle geraten ist. Er ist ein globales Problem, das eine globale Antwort erfordert.

Dr. Michael
Crowley
Omega Research Foundation

Demonstrant*innen erlitten Augenverletzungen durch den rücksichtslosen Einsatz von Gummigeschossen. Andere wurden von Tränengasgranaten getroffen, mit übermäßigen Mengen chemischer Reizstoffe besprüht, mit Schlagstöcken geschlagen oder durch Fesseln in Stresspositionen gezwungen.

Dennoch gibt es derzeit keine umfassende menschenrechtsbasierte Kontrolle des Handels mit der Ausrüstung von Strafverfolgungsbehörden. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat jetzt die historische Gelegenheit, für die Aufnahme von Verhandlungen über ein solches Abkommen zu stimmen.

Dr. Simon Adams, Präsident und Geschäftsführer der internationalen gemeinnützigen Organisation Center for the Victims of Torture mit Sitz in den USA, sagte: "Ich treffe überall auf der Welt Menschen, die Folter überlebt haben. Ich sehe ihre Wunden und die Folgen eines Klimas der Straflosigkeit, das es Firmen erlaubt, Folterinstrumente auf dem Weltmarkt ungehindert zu verkaufen. Ein darauf ausgerichtetes Handelsabkommen kann Folter verhindern, indem es den Verkauf von Waren reguliert und verbietet, die dazu eingesetzt werden, unvorstellbares Leid zuzufügen."

Einige der unterzeichnenden Organisationen der Erklärung gaben an, mit Folteropfern gearbeitet zu haben, die durch Gummigeschosse geblendet worden waren. Sie kannten schwangere Frauen, die nach der Einwirkung von Tränengas eine Fehlgeburt erlitten hatten, Menschen, die nach Schlägen mit Schlagstöcken dauerhaft entstellt waren, und Überlebende, die ein Leben lang traumatisiert waren.

Eine Untersuchung ergab, dass der Einsatz von Tränengas durch die Polizei im Kanjuruhan-Fußballstadion in Ostjava (Indonesien) im Oktober 2022 die Hauptursache für die Massenpanik war, bei der 132 Menschen starben.

Tweet von Center for Victims of Torture:

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Alex Kigoye, Programmverantwortlicher bei der NGO African Centre for Treatment and Rehabilitation of Torture in Kampala, Uganda, sagte: "Folter zerstört die Würde und Persönlichkeit des Menschen. Sie hat schwerwiegende Auswirkungen für Mensch und Gesellschaft. Ein entsprechender Vertrag würde eine entscheidende Rolle bei der Wahrung der Menschenwürde spielen."

Dr. Michael Crowley von der Omega Research Foundation erklärte: "Die Untersuchungen von Omega über den Handel mit Folterwerkzeugen zeigen, dass dieser außer Kontrolle geraten ist. Er ist ein globales Problem, das eine globale Antwort erfordert. Durch das aktuelle Verfahren der Vereinten Nationen haben wir jetzt die einmalige Chance, diesen Handel unter Kontrolle zu bringen."

Fatia Maulidiyanti, Koordinatorin der pan-asiatischen Menschenrechtsgruppe Kontras, betonte, dass der Handel mit Tränengas dringend kontrolliert werden müsse.  

Lucila Santos vom Menschenrechtsverband International Network of Civil Liberties (INCLO) sagte: "Ein Abkommen für die Kontrolle des Handels mit Folterwerkzeugen könnte Geräte, mit deren Einsatz ausnahmslos ein Missbrauch begangen wird, aus dem Verkehr ziehen und dazu beitragen, Menschenrechtsverletzungen auf der Straße im Zusammenhang mit Protesten zu verhindern. Ohne strenge und auf den Menschenrechten basierende internationale Handelskontrollen werden Demonstrierende in ganz Lateinamerika weiterhin schwere physische und psychische Traumata erleiden."

Dass Staaten weltweit sich auf einen gemeinsamen Vertrag zur Kontrolle des Waffenhandels einigen können, zeigt der globale Waffenhandelsvertrag ("Arms Trade Treaty" oder ATT). Der Vertrag regelt verbindlich den internationalen Handel mit konventionellen Rüstungsgütern und trat  2014 in Kraft.

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