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Weltklimakonferenz: Amnesty fordert Wiedergutmachung von Klimaschäden durch Globalen Norden
Vor Beginn der Weltklimakonferenz (COP27) im ägyptischen Scharm-el-Scheich am Sonntag fordert Amnesty International die Bundesregierung dazu auf, sich entschieden für einen überfälligen Entschädigungsmechanismus für Klimaschäden einzusetzen. Ein neuer Bericht der Organisation zeigt, dass die Menschenrechte marginalisierter Gruppen im Globalen Süden, etwa von Indigenen und Bewohner*innen von informellen Siedlungen, am gravierendsten durch die Klimakatastrophe verletzt werden. Überdurchschnittlich betroffen sind auch ältere und wohnungslose Menschen und Menschen mit Behinderung in Europa. Von den ägyptischen Behörden fordert Amnesty International, ihr repressives Vorgehen gegen Aktivist*innen und Kritiker*innen zu beenden und zivilgesellschaftlichen Protest zu ermöglichen.
Annelen Micus, Expertin für die Klimakrise und Menschenrechte bei Amnesty International in Deutschland, sagt: "Der Globale Norden hat die Klimakrise hauptsächlich verursacht, doch die Menschen im Globalen Süden sind am stärksten von den verheerenden Klimakatastrophen betroffen. Es ist deshalb höchste Zeit, dass die Industriestaaten Verantwortung für die Folgen ihrer Emissionen der vergangenen Jahrzehnte übernehmen und Wiedergutmachung für Klimaschäden weltweit leisten. In Scharm-el-Scheich müssen die Industriestaaten einen verbindlichen Finanzierungsmechanismus für klimabedingte Schäden sowie Verluste beschließen und angemessenen finanziell ausstatten".
Die Bundesregierung spielt hier eine Schlüsselrolle. Jennifer Morgan, die Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt, koordiniert auf der COP27 die internationalen Verhandlungen zu klimabedingten Schäden und Verlusten. Micus erklärt: "Wir begrüßen, dass Jennifer Morgan Verantwortung für eine gerechte Entschädigung übernimmt. Die Bundesregierung kann hier einer menschenrechtsbasierten Klima-Außenpolitik zum Durchbruch verhelfen. Als einer der Hauptverursacher der Klimakrise hat Deutschland die menschenrechtliche Pflicht, einen fairen Beitrag für Klimagerechtigkeit zu leisten. Ziel muss es sein, dass die internationale Klimadiplomatie letztlich spürbare Verbesserungen für Küstenbewohner*innen in Bangladesch oder Fischer*innen in Honduras und Senegal bringt. Für sie geht es um die nackte Existenz."
Amnesty International fordert von den Ländern des Globalen Nordens einen dauerhaften Finanzierungsmechanismus für klimabedingte Verluste und Schäden. Sie müssen ausreichende finanzielle Mittel und technische Unterstützung etwa für Soforthilfe, Rehabilitation, Wiederaufbau und unvermeidliche Umsiedlungen für die besonders von der Klimakatastrophe betroffenen Menschen bereitstellen. Die Maßnahmen müssen marginalisierte und insbesondere indigene Gemeinschaften von Beginn an beteiligen, ihnen direkten Zugang zu den Geldern sicherstellen, keine neuen Schulden verursachen und sich nicht auf reine Versicherungslösungen beschränken. Zudem müssen auch bereits existierende Finanzierungsinstrumente zur Eindämmung der Erderhitzung und Anpassung an die Klimakrise verstärkt werden.
Der Bericht "Any Tidal Wave Could Drown Us" beschreibt in sieben Fallstudien aus Bangladesch, Fidschi, Honduras, Senegal, Russland, Kanada, Österreich und der Schweiz die Probleme der am stärksten von der Klimakatastrophe betroffenen Bevölkerung. In allen untersuchten Ländern werden durch Überschwemmungen, Hitze und Stürme besonders die Menschenrechte von marginalisierten, diskriminierten und benachteiligten Menschen verletzt. Dazu zählen etwa Bewohner*innen von informellen Siedlungen in Fidschi, Dalits in Bangladesch, marginalisierte Fischergemeinden in Honduras und Senegal oder indigene Gruppen in Russland und Kanada.
Die Klimakonferenz findet in einer Situation massiver Repression gegen die Zivilgesellschaft in Ägypten statt. Es besteht die Befürchtung, dass Organisationen und Aktivist*innen nicht frei an der COP27 teilnehmen können, ohne Repressalien während und nach der Konferenz befürchten zu müssen. Mindestens fünf ägyptische Menschenrechtsorganisationen, darunter die Ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten und das Kairo-Institut für Menschenrechtsstudien, haben keine Akkreditierung zur COP27 erhalten. Antiterrorgesetzgebung und andere drakonische Gesetze dienen als Mittel zur Unterdrückung, das Versammlungsrecht lässt den Sicherheitskräften freie Hand zum Verbot von Demonstrationen und übermäßiger Gewalt. Im Vorfeld der COP27 haben die Sicherheitsbehörden zahlreiche Aktivist*innen verhaftet und sind gewaltsam gegen Proteste vorgegangen. Unabhängig von der Klimakonferenz sitzen mindestens 22 Journalist*innen in Haft und mehr als 600 Webseiten werden zensiert. Tausende werden nach unfairen Verfahren willkürlich gefangen gehalten, darunter Menschenrechtsverteidiger*innen, Anwält*innen und Oppositionspolitiker*innen. Die entsetzlichen Bedingungen in den ägyptischen Gefängnissen verstoßen mitunter gegen das Folterverbot.