Pressemitteilung Aktuell 06. Juni 2023

EU: Geplante Asylreform wird Menschenrechte von Schutzsuchenden verletzen

Das Foto zeigt ein Banner, das circa einen Meter über dem Boden zwischen zwei Säulen gespannt ist. Auf dem Banner steht: "Solidarität mit Flüchtenden".

Banner vor dem Landtag in Potsdam bei einer Kundgebung von "Potsdam-Konvoi – Initiative für Solidarität mit Menschen auf der Flucht" (21. Juli 2021)

Amnesty International fordert die Bundesregierung auf, beim Treffen der europäischen Innenminister*innen am 8. Juni keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes zu schließen und gegen die geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zu stimmen.

Die geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) verstößt nach der Ansicht von Amnesty International gegen menschenrechtliche Grundsätze und wird zu völkerrechtswidrigen Abschiebungen führen.

Julia Duchrow, stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagt:

"Sollte die Bundesregierung am Donnerstag den aktuellen Änderungsvorschlägen zum europäischen Asylsystem zustimmen, wäre das ein menschenrechtlicher Tabubruch, der die Allgemeingültigkeit von Menschenrechten und rechtsstaatliche Grundsätze infrage stellt. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, das Leid an den EU-Außengrenzen zu beenden und bessere Standards in Asylverfahren zu etablieren. Das Gegenteil ist nun der Fall: Die Bundesregierung scheint bereit zu sein, einer vollständigen Aushöhlung des europäischen Flüchtlingsrechts zuzustimmen."

Die vorgeschlagenen verpflichtenden Asylverfahren für Schutzsuchende an den EU-Außengrenzen hätten massive menschenrechtliche Konsequenzen: Geflüchtete – darunter Kinder – dürften bis zu drei Monaten der Freiheit beraubt werden. Schutzsuchende würden weder angemessene Asylberatung noch rechtlichen Beistand erhalten. Fälle von menschenrechtswidrigen Pushbacks würden weiter zunehmen.

Menschenfeindliche Rhetorik bekämpft man nicht, in dem man klein beigibt und einer menschenfeindlichen Asylpolitik den Weg bereitet.

Julia
Duchrow
stellvertretende Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion

Duchrow sagt: "Besondere Sorge bereitet uns die deutsche Verhandlungsposition hinsichtlich der 'sicheren Drittstaaten'. Unterstützt die Ampel-Koalition den Vorschlag, die Anforderungen an diese Staaten zu senken, bricht sie ihr Versprechen, jedes Asylgesuch inhaltlich zu prüfen. Asylanträge könnten so pauschal als unzulässig abgelehnt werden und die Gefahr völkerrechtswidriger Kettenabschiebungen in Herkunftsländer wie Syrien oder Afghanistan wäre deutlich erhöht. Die Bundesregierung sollte sich an den sogenannten Asylkompromiss von 1993 erinnern: Menschenfeindliche Rhetorik bekämpft man nicht, in dem man klein beigibt und einer menschenfeindlichen Asylpolitik den Weg bereitet. Amnesty International erwartet von der Bundesregierung, dass sie bei dem EU-Ratstreffen gegen die Änderungsvorschläge zum Asylsystem stimmt und sich damit für eine menschenrechtsbasierte Asylpolitik stark macht."

Bereits am 16. Mai appellierten über 50 Organisationen, darunter Amnesty International und Pro Asyl, an die Bundesregierung, bei der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes zu schließen.

Tweet von Amnesty International:

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