Pressemitteilung 12. April 2018

Amnesty-Bericht zur Todesstrafe 2017: Zahl dokumentierter Hinrichtungen rückläufig, mehr Länder setzen auf Todesurteile bei Drogendelikten

993 dokumentierte Hinrichtungen in 2017, 84 Prozent davon in nur vier Staaten // Amnesty schätzt, dass China wieder Tausende hinrichtete // Mehr Staaten bestrafen Drogendelikte mit der Todesstrafe

BERLIN, 12.04.2018 – Mindestens 2.591 Menschen sind 2017 zum Tode verurteilt worden. In 23 Ländern wurden vergangenes Jahr mindestens 993 Menschen hingerichtet – 84 Prozent davon allein in den vier Staaten Iran (mehr als 507), Saudi-Arabien (146), Irak (mehr als 125) und Pakistan (mehr als 60). Das dokumentiert der neue Bericht zur Todesstrafe von Amnesty International. Damit sind im Vergleich zum Vorjahr sowohl weniger Todesurteile verhängt (2016: 3.117) als auch vollstreckt worden (2016: 1.032). Allerdings enthält die Bilanz − wie in den Vorjahren − keine Zahlen zu China, da das Land Angaben zur Todesstrafe unter Verschluss hält. Amnesty geht davon aus, dass dort weiterhin jährlich die Todesstrafe tausendfach verhängt und vollstreckt wird. Weltweit lebten Ende 2017 insgesamt 16 Prozent mehr Menschen mit einem Todesurteil (2017: 21.919) als ein Jahr zuvor (2016: 18.848). Mit Guinea und der Mongolei haben 2017 zwei weitere Staaten die Todesstrafe vollständig abgeschafft.

"Jedes Jahr streichen weitere Staaten diese menschenverachtende Strafe aus ihren Gesetzesbüchern: Waren es 1987 lediglich 69 Staaten, die die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft hatten, sind es 30 Jahre später 142 und damit zwei Drittel aller Staaten. Das ist ein wichtiger Erfolg", sagt Andrea Berg, Leiterin der Abteilung Politik und Activism von Amnesty International in Deutschland. "Dennoch sitzen 2017 weltweit mehr als zwanzigtausend Menschen in Todestrakten, weil Regierungen immer noch auf diese menschenverachtende und menschenrechtswidrige Form der Bestrafung setzen, anstatt die Ursachen von Kriminalität zu bekämpfen und wirksame Maßnahmen gegen Drogenmissbrauch, Korruption oder Terrorismus zu ergreifen.

Amnesty hat dokumentiert, dass die Todesstrafe 2017 vermehrt im Anti-Drogenkampf angewendet wurde: 15 Länder verhängten oder vollstreckten 2017 Todesurteile wegen Drogenvergehen. Zehn von 16 Staaten Asiens sprachen im vergangenen Jahr bei Drogendelikten die Todesstrafe aus. Mit 264 Hinrichtungen wurden 2017 in Nordafrika und dem Mittleren Osten so viele Menschen wegen Drogenstraftaten hingerichtet wie in keiner anderen Region der Welt. Waren im Iran hingegen 2016 noch 58 Prozent aller Hinrichtungen auf Drogendelikte zurückzuführen (328 von 567), sank dieser Anteil 2017 auf 40 Prozent (205 von mehr als 507).

Die USA blieben auch 2017 das einzige Land in ganz Nord-, Süd- und Mittelamerika, das die Todesstrafe vollstreckt: 23 Menschen wurden dort voriges Jahr hingerichtet und 41 neue Todesurteile verhängt.

In Iran fanden 2017 mehr als die Hälfte aller von Amnesty dokumentierten Hinrichtungen statt (mehr als 507). Wie schon in den Vorjahren wurden dort abermals Menschen hingerichtet (mindestens fünf), die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren. Die meisten von Amnesty dokumentierten Todesurteile wurden 2017 in Nigeria gefällt (621), gefolgt von Ägypten (mehr als 402) und Bangladesch (mehr als 273). Damit stieg die Zahl der in Nigeria zum Tode Verurteilten auf 2.285. Nur in den Todestrakten von Sri Lanka (2.717), den USA (2.724) und Pakistan (mindestens 7.000) erwarteten 2017 mehr Menschen ihre Hinrichtung.

Den kompletten Bericht in englischer Sprache, Grafiken sowie weiteres Material finden Sie unter bit.ly/AmnestyTodesstrafe2017. Für Interviewanfragen wenden Sie sich an die Pressestelle.

Weitere Artikel