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Deutschland lässt die Opfer rassistischer Gewalt im Stich
Rund 500 Mitglieder von Amnesty International aus ganz Deutschland trafen sich in Dresden im Mai 2015.
© Amnesty International Photo: Tobias Ritz
09. Juni 2016 – Der deutsche Staat vernachlässigt seine menschenrechtlichen Verpflichtungen, indem er Geflüchtete und andere People of Color nicht ausreichend vor Diskriminierung und rassistischen Angriffen schützt. Das geht aus dem neuen Amnesty-Bericht "Leben in Unsicherheit: Wie Deutschland die Opfer rassistischer Gewalt im Stich lässt" hervor. Die deutschen Strafverfolgungsbehörden sind auch fünf Jahre nach ihrem Versagen beim NSU-Skandal nicht in der Lage, entschieden gegen rassistische Gewalt vorzugehen, die sich mehr denn je gegen Flüchtlinge und andere People of Color richtet.
"Die Zahl der erfassten rassistisch motivierten Angriffe ist so hoch wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik", sagt Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland.
"Das Bild, das Deutschland aktuell abgibt, könnte widersprüchlicher nicht sein: Auf der einen Seite haben wir die großartige, mitfühlende Willkommenskultur, die geprägt wird vom Engagement Zehntausender ehren- und hauptamtlicher Helferinnen und Helfer. Auf der anderen Seite sehen wir, wie rassistische Ressentiments mit erschreckender Hemmungslosigkeit ausgelebt werden."
Oft brechen sich solche Vorurteile gewaltsam Bahn: "Die abstoßenden Angriffe traumatisieren Flüchtlinge und Asylsuchende, die ohnehin schon Krieg und Verfolgung durchleben mussten, bevor sie nach Europa geflohen sind", sagt Marco Perolini, Researcher bei Amnesty International und Hauptautor des Berichts. "Fast täglich kommt es zu rechten Übergriffen, werden Menschen beleidigt, bedroht, verletzt, wird eine Flüchtlingsunterkunft angegriffen."
Selmin Çalışkan: "Amnesty fordert die Innenministerkonferenz dazu auf, ein bundesweites Konzept zum Schutz von Flüchtlingsunterkünften vor rassistischen Angriffen zu vereinbaren."
Gleichzeitig müssen die deutschen Strafverfolgungsbehörden rassistische Straftaten eben auch als solche behandeln. In dem Amnesty-Bericht finden sich zahlreiche Beispiele dafür, dass zum Beispiel Polizistinnen und Polizisten nicht erkennen, dass sie es mit einem Opfer rassistischer Gewalt zu tun haben.
Amnesty-Researcher Marco Perolini & Amnesty-Generalsekretärin Selmin Çalıskan bei der Berichtsvorstellung am 9.6.2016 in Berlin
© Amnesty International, Foto: Christian Ditsch
"Die deutschen Strafverfolgungsbehörden haben aus ihrem Versagen beim NSU-Komplex wenig gelernt. Außerdem gibt es deutliche Hinweise darauf, dass deutsche Behörden ein Problem haben: institutionellen Rassismus - also das Unvermögen, alle Menschen angemessen und professionell zu behandeln, unabhängig von ihrer Hautfarbe, ihres kulturellen Hintergrunds oder ethnischen Herkunft", so Çalışkan.
Amnesty fordert daher die Bundesregierung dazu auf, unabhängig untersuchen zu lassen, inwieweit institutioneller Rassismus bei den Strafverfolgungsbehörden, insbesondere in der Polizei, vorhanden ist und dieser die Ermittlungen bei rassistischen Straftaten behindert.
Hier können Sie den vollständigen Bericht "Leben in Unsicherheit: Wie Deutschland die Opfer rassistischer Gewalt im Stich lässt (PDF, deutsch, 84 Seiten) herunterladen
Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier.
Übersetzungen / Translations:
"Af Örgütü: Almanya ırkçılık kurbanlarını yüzüstü bırakıyor": Hier können Sie die türkische Übersetzung der Pressemitteilung und der Hauptbotschaften des Berichts herunterladen
"∆ιεθνής Αμνηστία : Η Γερμανία αφήνει τα θύματα ρατσιστικής βίας μόνα τους": Hier können Sie die griechische Übersetzung der Pressemitteilung und der Hauptbotschaften des Berichts herunterladen