Aktuell 09. September 2013

Privatsphäre und Datenschutz

Demonstration vor dem britischen Konsulat in Barcelona gegen die Verhaftung von Wikileaks-Gründer Assange, 11.12.2010

Demonstration vor dem britischen Konsulat in Barcelona gegen die Verhaftung von Wikileaks-Gründer Assange, 11.12.2010

Das Recht auf Privatsphäre ist ein wichtiges Menschenrecht, für dessen Schutz sich Amnesty International einsetzt (Art. 12 AEdMR, Art. 19 IPBürg, Art. 8 EMRK). Es umfasst die informationelle Selbstbestimmung, also das Recht, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung der eigenen personenbezogenen Daten zu bestimmen. Auch die Kommunikation mit anderen Menschen gehört zum Privatleben.

Daher sind beim Versenden von E-Mails und anderer Internet-basierten Kommunikation die Korrespondenz selbst, der Vorgang und die dazugehörigen elektronisch gespeicherten Daten geschützt.

Durch das Internet macht die Verbreitung von Daten, aber auch deren Speicherung und Verwendung, längst nicht mehr an nationalen Grenzen Halt. Die weitverbreitete, intensive Nutzung des Internets und des Mobilfunks generiert Verbindungsdaten in unendlichem Ausmaß und macht staatliche Überwachung einfach. Der gesetzliche Schutz hat mit den modernen Kommunikationsmitteln und dem damit einhergehenden Überwachungsrisiko nicht Schritt gehalten. Fast alle relevanten Datenschutzregelungen und damit auch die entsprechenden Kontrollmechanismen sind noch nationaler Natur. Seit 1985 ist die Europäische Datenschutzkonvention in Kraft, der alle Staaten weltweit beitreten können. Bislang ist jedoch Uruguay einziger nicht-europäischer Vertragsstaat. Die Konvention ist insgesamt nicht mehr zeitgemäß (wird derzeit überarbeitet) und hat mangels internationaler Reichweite nur begrenztes Schutzpotential. Die Bundesregierung hat im Zuge der NSA-Affäre angekündigt, sich für ein internationales Datenschutzabkommen bzw. ein datenschutzrechtliches Zusatzprotokoll zum UN-Zivilpakt einsetzen zu wollen.

Alle Staaten müssen sich bei der Überwachung von Kommunikation (Telefon, Post, Internet, etc.) an die menschenrechtlichen Vorgaben zum Schutz der Privatsphäre halten. So müssen Eingriffe in das Recht auf Privatsphäre gesetzlich geregelt sein und ein spezifisches und legitimes Ziel verfolgen. Die Überwachungsmaßnahme muss zur Erreichung dieses Ziels notwendig (nicht nur nützlich!) und in sich verhältnismäßig sein.

Neben dem Verbot für Staaten, in unerlaubtem Maße Telekommunikation zu überwachen, bewirkt das Menschenrecht auf Privatsphäre und Datenschutz auch eine Pflicht aller Staaten, die Bürger vor Ausspähung oder Missbrauch durch private Unternehmen zu schützen. Im Rahmen dieser Schutzpflicht müssen die Staaten effektive Maßnahmen ergreifen, um Datenmissbrauch durch Unternehmen zu verhindern. Notwendig sind z.B. gesetzliche Regelungen zur Kontrolle und Ahndung missbräuchlicher Datenverwendung durch Unternehmen.

Häufig werden Überwachungsmaßnahmen damit gerechtfertigt, dass sie für die nationale Sicherheit notwendig sind, weil sie helfen z.B. terroristische Anschläge zu verhindern. Systematische, auf einen Großteil der Bevölkerung angewandte Überwachungsmaßnahmen sind jedoch in der Regel nicht verhältnismäßig. Sie bewirken massive Eingriffe bei einer großen Anzahl von Menschen und damit eine hohe Freiheitseinbuße, ihr tatsächlicher Beitrag zur Verhinderung von terroristischen Akten ist jedoch ungewiss. Staatliche Überwachungsmaßnahmen müssen durch ein rechtstaatliches Verfahren gerichtlich überprüfbar sein. Diesem Anspruch werden z.B. die "secret courts" (Geheimgerichte) in den USA, die die Datenüberwachung durch die NSA überprüfen, nicht gerecht.

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