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Ägypten: Meinungsfreiheit steht auf dem Spiel
Alaa Abdel Fattah, Archivaufnahme
© Hossam el-Hamalawy
03. April 2013 – In Folge eines immer härteren Vorgehens gegen die Meinungsfreiheit wurden in Ägypten innerhalb der vergangenen zwei Wochen bis zu 33 Menschen festgenommen und angeklagt.
Gegen Einige wurden anscheinend politisch motivierte oder haltlose Beschuldigungen erhoben. Andere wurden der "Präsidentenbeleidigung" oder der "Diffamierung der Religion" bezichtigt - für Handlungen, die nicht kriminalisiert werden sollten, da sie lediglich eine friedliche Ausübung der Meinungsfreiheit darstellen.
"Wir beobachten Festnahmen und Anklagen für buchstäblich nicht mehr als das Reißen einiger Witze. Dies ist ein wahrhaft alarmierendes Zeichen der wachsenden Intoleranz der Regierung gegen Kritik jedweder Art," sagte Ann Harrison, stellvertretende Direktorin für das Amnesty-Programm für den Mittleren Osten und Nordafrika. "Und es gibt keine Anzeichen, dass diese juristische Hetzkampagne ein Ende haben wird. Im Gegenteil: Die Regierung verstärkt ihre Bemühungen, die Meinungsfreiheit auszumerzen."
Zu den Betroffenen zählen der landesweit bekannteste politische Satiriker Bassem Youussef, Oppositionsaktivisten, Blogger und ein prominenter Oppositionspolitiker. Die meisten Betroffenen wurden auf Kaution freigelassen, bleiben aber weiter unter Beobachtung. Gegen Einige wurden Anklagen erhoben wegen vermeintlicher Straftaten, die vor Monaten – in einem Fall sogar vor mehr als einem Jahr – begangen worden sein sollen.
Am 3. April wurde der Komiker Ali Qandil von der Staatsanwaltschaft verhört. Es ging dabei um Vorwürfe der Religionsbeleidigung in Bassem Youssefs Satiresendung im Fernsehen. Qandil bestritt, den Islam beleidigt zu haben und betonte, dass er sich über die Instrumentalisierung der Religion und weniger über die Religion selbst lustig gemacht habe. Er wurde auf Kaution freigelassen.
Die Anklageprotokolle:
Bassem Youssef: Einer der bekanntesten Komiker Ägyptens und Moderator der Satiresendung ‚Al-Bernameg’
Stellte sich am 31. März den Behörden, nachdem ein Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde, und kam später gegen eine Kaution von 15.000 ägyptischen Pfund frei.
Die Anklagepunkte: eine Reihe von Anschuldigungen, die Präsidentenbeleidigung und "Diffamierung der Religion" einschließen. Die Ermittlungen laufen weiter.
Die Straftat: Youssefs Sendung macht sich häufig über die ägyptischen Machthaber und die Instrumentalisierung der Religion für politische Zwecke lustig. Zuletzt veralberte er Präsident Mursis Wahl eines Graduierten-Huts während einer Feierlichkeit in Pakistan und dessen dürftige Englischkenntnisse.
Ali Qandil: Komiker
Stellte sich am 3. April 2013 den Behörden, nachdem ein Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde. Er wurde nach dem Verhör gegen Kaution freigelassen.
Die Anklagepunkte: Diffamierung der Religion. Die Ermittlungen laufen weiter.
Die Straftat: Qandli trat in Youssefs Sendung auf und machte Witze über die Art und Weise, wie Religion durch Einige in Ägypten ausgeübt wird, indem er das Beispiel der Freitagsgebete und des Gebetsrufs verwendete.
Hamdi Al-Fakharany: Ehemaliger Parlamentarier und bekannter Oppositionspolitiker aus Mahalla
Bekannt für das Offenlegen der Korruption während der Regierungszeit des früheren Präsidenten Hosni Mubarak und für seine politischen Auseinandersetzungen mit der Muslimbruderschaft. Hamdi Al-Fakharany wurde am 26. März 2013 verhaftet und verblieb 36 Stunden lang in Isolationshaft. Er wurde gegen eine Kaution von 50.000 ägyptischen Pfund freigelassen.
Die Anklagepunkte: Anstiftung zur Gewalt gegen die Muslimbruderschaft während der Proteste anlässlich des zweiten Jahrestags der 'Revolution des 25. Januar ' in Mahalla, an dem Protestierende den Präsidenten und die regierende Partei kritisiert hatten.
Die Straftat: Amnesty International befürchtet, dass die Beschuldigungen gegen Al-Fakharany politisch motiviert sein könnten. Amnesty ist nicht bekannt, dass es Beweise dafür gibt, dass er Gewalt eingesetzt oder zur Gewalt aufgerufen hat. Außerdem fanden keine Untersuchungen hinsichtlich der Beschwerde Hamdi Al-Fakharanys statt, dass er von Anhängern des Präsidenten während der Demonstrationen gegen die Verfassungserklärung im November 2012 geschlagen wurde.
Ahmed Anwar: Video-Blogger
Polizeibeamte kamen in sein Haus, um ihn am 17. März 2013 festzunehmen. Am 4. Mai steht ihm ein Prozess bevor.
Die Anklagepunkte: "Beleidigung des Innenministers"
Die Straftat: Das Online-Posting eines Videos, das sich darüber lustig macht, wie Polizeibeamte einer Schauspielerin einen Preis verleihen. Die Polizei wird als "das Bauchtänzerministerium" bezeichnet. Das Spaßvideo, das tanzende Polizeibeamte zeigt, will die Brutalität der Polizei und ihre Straffreiheit im Fall von Menschenrechtsverletzungen kritisieren. Das Video wurde vor über einem Jahr im März 2012 auf seinem Blog veröffentlicht.
Kairoer Aktivistinnen und Aktivisten
Gegen 12 Personen wurde ein Gerichtsverfahren eingeleitet. Sie sollen am 9. Mai 2013 vor Gericht erscheinen. Unter den Beschuldigten sind auch der prominente Aktivist und Blogger Alaa Abdel Fattah, seine Schwester Mona Seif Al Islam, welche die "No to Military Trials"-Initiative initiiert hatten, und Ahmed Abdallah, ein führender Aktivist der Jugendbewegung 6. April.
Die Anklagepunkte: Die Vorwürfe beziehen sich auf den Brand des Büros des früheren Präsidentschaftskandidaten Ahmed Shafiq im Mai 2012. Ahmed Shafiq hat bereits öffentlich seine Strafanzeige wegen des Feuers zurückgezogen. Alaa Abdel Fattah und vier weitere Aktivisten sind ebenfalls mit Vorwürfen konfrontiert, die sich auf die Proteste vor dem Hauptquartier der Muslimbruderschaft in Kairo am 22. März 2013 beziehen.
Die Straftat: Amnesty International befürchtet, dass die Anklagepunkte wegen der oppositionellen Aktivitäten der Beschuldigten politisch motiviert sind.
Aktivistinnen und Aktivisten aus Alexandria
Die Rechtsanwältin und namhafte Oppositions-Aktivistin Mahinour Masri wurde neben 12 weiteren Personen am 29. März verhaftet. Dies geschah im Zusammenhang mit einem von Rechtsanwälten initiierten Sit-In bei einer Polizeistation in Alexandria. Die Festgenommenen wurden am nächsten Tag freigelassen, Untersuchungen sind jedoch weiterhin im Gange.
Die Anklagepunkte: Beleidigung von Staatsangestellten im Dienst und der versuchter Einbruch in eine Polizeistation.
Die Straftat: Amnesty International geht davon aus, dass die Verhaftung Mahinour Masris und die Vorwürfe gegen sie wegen ihrer oppositionellen Aktivitäten, ihrer Arbeit für die Enthüllung von Menschenrechtsverletzungen und ihrer Verteidigung von Opfern politisch motiviert sind.