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Drohende Hinrichtungen
Diese Urgent Action ist beendet.
In der letzten Woche der Trump-Regierung sind den USA zwei Männer und eine Frau hingerichtet worden, die auf US-Bundesebene zum Tode verurteilt worden waren. Somit wurden in den vergangenen sechs Monaten insgesamt 13 auf Bundesebene verhängt Todesurteile vollstreckt. Die Verfahren gegen die Hingerichteten waren von Willkür, mangelhafter rechtlicher Vertretung und rassistischer Voreingenommenheit gekennzeichnet und schlossen – entgegen dem Völkerrecht und Menschenrechtsstandards – Menschen mit schweren psychosozialen und intellektuellen Einschränkungen ein.
Zwei Männer und eine Frau, die auf Bundesebene zum Tode verurteilt wurden, sollen im November und Dezember hingerichtet werden. Im Juli haben die US-Behörden nach 17 Jahren zum ersten Mal wieder ein Todesurteil vollstreckt, das auf Bundesebene verhängt worden war. Sieben Männer wurden danach innerhalb weniger Wochen hingerichtet. Ihre Fälle bestätigen die Willkür und Ungerechtigkeit, die das Todesstrafensystem in den USA prägen.
Appell an
Attorney General
William Barr
U.S. Department of Justice
950 Pennsylvania Avenue, NW
Washington, DC 20530-0001
USA
Sende eine Kopie an
Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika
Frau Robin Suzanne Quinville
Geschäftsträgerin a.i.
Clayallee 170
14195 Berlin
Fax: 030-83 05 10 50 oder 030 831 49 26
E-Mail: feedback@usembassy.de
Amnesty fordert:
- Ich bitte Sie, alles in Ihrer Macht Stehende zu tun, dass die geplanten Hinrichtungen nicht vollstreckt werden und dem Teufelskreis der Gewalt ein Ende gesetzt wird.
Sachlage
Drei Personen, die auf Bundesebene zum Tode verurteilt wurden, sollen am 19. November, 8. Dezember und 10. Dezember hingerichtet werden. Die Todesurteile müssen aufgehoben werden. Im Jahr 2020 haben die Bundesbehörden mit sieben Hinrichtungen innerhalb von gut zwei Monaten mehr Menschen exekutiert als der Rest des Landes zusammen. Die Zahl der auf Bundesebene hingerichteten Menschen hat sich damit seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen im Jahr 1977 verdreifacht.
Die kompromisslose Anwendung der Todesstrafe in den vergangenen Monaten hat nicht nur neue Belege für die Mängel und Willkür zutage gefördert, die schon lange das Todesstrafensystem in den USA prägen. Zudem offenbart dieses Vorgehen eine behördliche Missachtung der Schutzmaßnahmen und Beschränkungen, die unter dem Völkerrecht und internationalen Standards festgelegt sind, um die Rechte von zum Tode verurteilten Menschen zu gewährleisten. Rassistische Voreingenommenheit und fehlerhafte anwaltliche Vertretung der Angeklagten sind zwei der häufigsten Faktoren, die zu falschen Entscheidungen über Tod oder Leben beitragen. Betroffen davon sind auch Menschen mit schweren geistigen und intellektuellen Beeinträchtigungen. Amnesty International fordert den Justizminister auf, zu intervenieren und die dringend nötige Revision des Todesstrafensystems in den USA einzuleiten.
Derzeit ist die Todesstrafe in 22 US-Bundesstaaten sowie im Distrikt Columbia abgeschafft, und in elf Bundesstaaten sind seit mehr als zehn Jahren keine Todeskandidat_innen mehr hingerichtet worden. Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld der Person oder der Hinrichtungsmethode, da sie die brutalste, unmenschlichste und erniedrigendste Art der Bestrafung darstellt.
Hintergrundinformation
Am 14. Juli haben die US-Behörden nach 17 Jahren zum ersten Mal wieder ein Todesurteil vollstreckt, das auf Bundesebene verhängt worden war. Daniel Lewis Lee wurde am 14. Juli um 8:07 Uhr für tot erklärt, mehr als 16 Stunden nach seinem ursprünglich angesetzten Hinrichtungstermin. Um 7:36 Uhr räumte das zuständige Bundesberufungsgericht (Eighth Circuit Court of Appeals) die letzten rechtlichen Hindernisse aus dem Weg und erklärte die Exekution schließlich für zulässig. Daniel Lewis Lee wurde umgehend mit der Giftspritze hingerichtet, obwohl noch einige Rechtsmittel anhängig waren. Sein Rechtsbeistand wurde nicht mit angemessenem Vorlauf informiert.
Wesley Ira Purkey wurde am 16. Juli um 8:19 Uhr für tot erklärt, ebenfalls 16 Stunden nach seinem ursprünglich angesetzten Hinrichtungstermin. Seine Rechtsbeistände beantragten vor dem Bezirksgericht in Columbia einen Hinrichtungsaufschub mit der Begründung, dass ihr Mandant unter Alzheimer litt und zusätzlich mit einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer bipolaren Störung, einer psychotischen Störung sowie mit Schizophrenie und starker Depression diagnostiziert worden war. All dies bedeutet, dass es verfassungswidrig war, ihn hinzurichten. Zudem verbietet das Völkerrecht die Anwendung der Todesstrafe gegen Menschen mit geistigen Behinderungen. Das Bezirksgericht gab dem Hinrichtungsaufschub statt, doch der Oberste Gerichtshof der USA kippte dieses Urteil in einer knappen 5:4-Entscheidung in den frühen Morgenstunden des 16. Juli, ohne einen Grund dafür anzugeben. Zu diesem Zeitpunkt war die ursprüngliche Hinrichtungsanordnung bereits ausgelaufen.
Dustin Honken wurde am 17. Juli hingerichtet. Seine Rechtsbeistände wiesen darauf hin, dass sein Verfahren und die Strafzumessung von Fehlverhalten und inadäquater rechtlicher Vertretung gekennzeichnet waren. Seine rechtliche Vertretung informierte die Geschworenen zum Beispiel nicht über seine geistige Behinderung und einige relevante Details in seiner Vergangenheit.
Lezmond Mitchell, ein Angehöriger der Navajo, wurde am 26. August hingerichtet. Das Todesurteil wurde vollstreckt, obwohl die Interamerikanische Menschenrechtskommission einen Hinrichtungsaufschub beantragt hatte. Die folgenden Gründe waren Anlass für diesen Antrag: Lezmond Mitchell hatte kein faires Gerichtsverfahren erhalten, und eine Hinrichtung verletzt das Recht auf die kulturelle Identität der Navajo-Nation und untergräbt ihr Recht auf Selbstbestimmung, weil sie sich aktiv gegen die Todesstrafe an ihren Angehörigen wehren. Die Rechtsbeistände von Lezmond Mitchell äußerten die Vermutung, dass die Auswahl der Geschworenen und das richterliche Urteil durch rassistische Diskriminierung beeinflusst wurden.
Die Hinrichtung von Keith Dwayne Nelson wurde am 28. August vollstreckt. Seine Rechtsbeistände zeigten auf, wie seine wirkungslose rechtliche Vertretung während des Verfahrens zu grundlegenden Fehlern geführt hatte. So erfuhren die Geschworenen beispielsweise nie von den strafmildernden Umständen in seinem Fall, darunter der wiederholte sexuelle und körperliche Missbrauch in seiner traumatischen Kindheit.
William Emmet LeCroy wurde am 22. September hingerichtet. Seine Rechtsbeistände hatten gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt und argumentiert, dass die wirkungslose rechtliche Vertretung während des Gerichtsprozesses dazu führte, dass strafmildernde Umstände, wie sexueller Missbrauch in seiner Kindheit oder seine langjährige geistige Behinderung, den Geschworenen nicht angemessen dargelegt wurden. Die Gerichte wiesen die Rechtsmittel jedoch zurück.
Das Todesurteil von Christopher Vialva wurde am 24. September vollstreckt. Er war einer Straftat für schuldig befunden worden, die er begangen haben soll, als er 19 Jahre alt war. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass die volle Entwicklung des Gehirns und die psychologische und emotionale Reife erst zwischen 20 und 30 Jahren eintreten. Seine Rechtsbeistände zeigten sich besorgt über die wirkungslose rechtliche Vertretung, die ihm zur Seite gestellt wurde. Dadurch wurden Beweise für seine traumatische Kindheit und für seine geistigen Behinderungen gar nicht erst untersucht. Er war der erste Schwarze, den die US-Regierung seit der Wiederaufnahme der Todesstrafe hingerichtet hat.
Alle sieben Todesurteile wurden im Bundesgefängnis Terre Haute in Indiana vollstreckt. Die Durchsetzung dieser Hinrichtungen trotz Umständen wie übereilte Verschiebung von Hinrichtungsterminen, Vollstreckung von Todesurteilen trotz abgelaufener Hinrichtungsbefehle sowie anhängiger Rechtsmittel verdeutlicht, dass die US-Behörden internationale Schutzmaßnahmen, die bei Todesurteilen beachtet werden müssen, grundsätzlich missachten. Hier zeigen sich die Mängel und Willkür, die schon lange das Todesstrafensystem in den USA prägen. Bei der Verkündung seiner abweichenden Meinung im Verfahren Barr gegen Purkey, unterstützt von Richterin Ruth Bader Ginsburg, erklärte der Richter des Obersten Gerichtshofes Stephen Breyer: "Die US-Regierung hat nach einem 17-jährigen Stopp erneut begonnen, Hinrichtungen zu vollziehen. Schon die allerersten Fälle weisen dieselben grundlegenden Mängel auf, die seit langem in vielen Fällen auf bundesstaatlicher Ebene vorhanden sind. Dass diese Probleme so schnell aufgetaucht sind, deutet darauf hin, dass nicht eine bestimmte Rechtsprechung oder die Arbeit eines bestimmten Gerichts, eines_r bestimmten Staatsanwält_in, oder eines bestimmten Rechtsbeistands fehlerhaft ist, sondern die Strafe an sich. Ein modernes Strafjustizsystem muss hinreichend genau, gerecht, menschlich und zeitgemäß sein. Unsere letzten Erfahrungen mit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen durch die US-Regierung machen deutlich, dass die Todesstrafe nicht mit diesen Werten vereinbar ist. Ich bleibe der Überzeugung, dass es wichtig ist, die Verfassungskonformität der Todesstrafe an sich zu überdenken."