DEINE SPENDE KANN LEBEN RETTEN!
Mit Amnesty kannst du dort helfen, wo es am dringendsten nötig ist.
DEINE SPENDE WIRKT!
Urteil gegen Loujain Al-Hathloul bestätigt
Wieder in Freiheit: Die saudische Frauenrechtlerin Loujain Al-Hathloul im Hause ihrer Familie im Februar 2021, nachdem sie 1001 Tage im Gefängnis inhaftiert war.
© Private
Am 10. März bestätigte das Sonderstrafgericht in Saudi-Arabien die Verurteilung der saudischen Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten mit bedingter Freilassung. Loujain al-Hathloul hatte gegen das am 28. Dezember 2020 gegen sie verhängte Urteil Rechtsmittel eingelegt. Das Urteil, das auf Vorwürfen wie "verdächtiger Kontakt mit ausländischen Einrichtungen" und "Verschwörung gegen das Königreich" basierte, stellt eine Kriminalisierung ihres Einsatzes für Frauenrechte und ihrer Forderung nach einem Ende der männlichen Vormundschaft in Saudi-Arabien dar.
Appell an
His Majesty
King Salman bin Abdul Aziz Al Saud
Office of His Majesty the King
Royal Court
Riyadh
SAUDI-ARABIEN
Sende eine Kopie an
Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien
S. E. Herrn Essam Ibrahim H. Baitalmal
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5176
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa
Amnesty fordert:
- Bitte sorgen Sie dafür, dass Schuldspruch und Strafmaß gegen Loujain al-Hathloul aufgehoben werden, da sie nur inhaftiert und vor Gericht gestellt wurde, weil sie friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat.
- Stellen Sie auch ihre Bewegungs- und Reisefreiheit sicher, indem Sie das gegen sie verhängte fünfjährige Reiseverbot aufheben, ebenso wie das Reiseverbot für ihre Eltern.
- Sorgen Sie für eine unparteiische und umfassende Untersuchung der Berichte über Folter, Schikane und Misshandlung von Loujain al-Hathloul im Gefängnis. Sie muss eine Entschädigung erhalten und die Verantwortlichen müssen in fairen Verfahren ohne die Möglichkeit der Todesstrafe zur Rechenschaft gezogen werden.
- Gewährleisten Sie die Sicherheit von Loujain al-Hathloul und ihren Schutz vor Drohungen, Schikanen und jeglicher Art von Strafmaßnahmen, damit sie ihre Menschenrechtsarbeit sicher und ohne Einschränkungen oder Angst vor Strafverfolgung fortsetzen kann.
Sachlage
Am 10. März, genau einen Monat nach ihrer unter Auflagen erfolgten Haftentlassung, bestätigte das Sonderstrafgericht (SCC) die Verurteilung der saudischen Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul und lehnte ihr Rechtsmittel gegen das Urteil ab. Das SCC hatte sie am 28. Dezember 2020 nach einem grob unfairen Verfahren, das auch Vorwürfe von Folter und sexualisierter Belästigung während ihrer Haft beinhaltete, zu fünf Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt, wovon zwei Jahre und zehn Monate zur Bewährung ausgesetzt wurden.
Diese jüngste gerichtliche Entwicklung, bei der das SCC das Urteil bestätigte, bedeutet effektiv, dass Loujain al-Hathloul zwar nicht mehr hinter Gittern, aber längst noch nicht frei ist. Sie steht weiterhin unter Bewährung und unter einem Reiseverbot von fünf Jahren. Sollte sie gegen ihre Bewährungsauflagen verstoßen, droht ihr die erneute Inhaftierung. Parallel dazu hatte Loujain al-Hathloul eine Untersuchung ihrer Vorwürfe, in den ersten drei Monaten ihrer Haft Folterungen, Schikanen und Misshandlungen ausgesetzt gewesen zu sein, durch das ordentliche Strafgericht gefordert. Das Strafgericht bestätigte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, dass es keine Folter gegeben habe. Damit übertrug es die Beweislast auf Loujain al-Hathloul, die sich daraufhin an das Berufungsgericht wandte. Das Berufungsgericht bestätigte das erste Urteil des Strafgerichts, dass keine Folter stattgefunden habe.
Loujain al-Hathloul muss ihren friedlichen Aktivismus auch weiterhin teuer bezahlen. Sie läuft nach wie vor Gefahr, erneut verhaftet zu werden, unterliegt strengen Bewegungseinschränkungen und wird daran gehindert, sich weiter friedlich zu engagieren. Sie sollte frei sein, ihre Freiheit uneingeschränkt genießen können und einen Rechtsbehelf für die Menschenrechtsverletzungen erhalten, denen sie während ihrer willkürlichen Inhaftierung und dem unfairen Verfahren ausgesetzt war.
Hintergrundinformation
Am 13. März 2019 wurde Loujain al-Hathloul gemeinsam mit zehn weiteren Aktivistinnen vor dem Strafgericht in Riad angeklagt. Die Verhandlung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und Diplomat_innen sowie Journalist_innen wurde die Sitzungsteilnahme untersagt. Mehrere der Aktivistinnen wurden wegen der Kontaktaufnahme mit ausländischen Medien, anderen Aktivist_innen und internationalen Organisationen, darunter Amnesty International, angeklagt. Einigen von ihnen wurde auch vorgeworfen, "Frauenrechte zu propagieren" und "die Abschaffung des männlichen Vormundschaftssystems zu fordern".
Der Prozess gegen mehrere Frauenrechtlerinnen, die zwischen Mai und Juli 2018 festgenommen worden waren, wurde im Jahr 2020 wieder aufgenommen und führte nach unfairen Verfahren zu einer Reihe von Haftstrafen. Nach monatelangen Verzögerungen und längerer Inhaftierung ohne Fortsetzung ihrer Prozesse wurden Loujain al-Hathloul, Samar Badawi, Nassima al-Sada, Nouf Abdelaziz und Mayaa al-Zahrani im November 2020 in getrennten Verfahren vor das Strafgericht in Riad gestellt. Der Fall von Loujain al-Hathloul wurde im Dezember 2020 an das Sonderstrafgericht (SCC) übertragen, nachdem das Strafgericht in Riad zu dem Schluss gekommen war, dass es nicht dafür zuständig sei. Das SCC ist auf Terrorismusbekämpfung spezialisiert.
Am 28. Dezember 2020 wurde Loujain al-Hathloul durch das Sonderstrafgericht zu fünf Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt, wovon zwei Jahre und zehn Monate zur Bewährung ausgesetzt wurden. Am 10. Februar 2021 wurde Loujain al-Hathloul unter Auflagen aus der Haft entlassen. Sie steht noch immer unter Bewährung und unter einem fünfjährigen Reiseverbot. Darüber hinaus wird ihr weiterhin der Zugang zur Justiz und die Rechenschaftspflicht für ihre Vorwürfe, in den ersten drei Monaten ihrer Haft gefoltert und schikaniert worden zu sein, verweigert.
Die saudi-arabischen Behörden halten weiterhin willkürlich Personen ohne Anklage fest bzw. stellen sie wegen ihrer friedlichen Meinungsäußerung und Menschenrechtsarbeit vor Gericht. Zu diesen Personen gehören: Mohammed al-Bajadi, Gründungsmitglied der Saudi Civil and Political Rights Association (ACPRA) und prominenter Menschenrechtsverteidiger, der seit Mai 2018 ohne Anklage oder Gerichtsverfahren inhaftiert ist; und Salman al-Awda, ein reformorientierter Kleriker, dem für seine friedliche Meinungsäußerung die Todesstrafe droht.