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In Haft gefesselt
Der chinesische Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong
© Privat
Der Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong ist weiterhin katastrophalen Haftbedingungen ausgesetzt. Sein Gesundheitszustand hat sich im Gefängnis noch weiter verschlechtert. Seiner Familie und Rechtsbeiständen werden immer noch Informationen über den Inhalt des gegen ihn ergangenen Urteils vorenthalten. Der Tag der Entlassung bleibt somit ungewiss. Ihm drohen nach wie vor Folter und andere Misshandlungen.
Appell an
Director
Changsha City No.1
1736 Yuandaerlu, Quantang Zhen
Changsha Xian, 410131, Hunan Sheng
VOLKSREPUBLIK CHINA
Sende eine Kopie an
Minister für Öffentliche Sicherheit
Zhao Kezhi
Buzhang Gonganbu 14 Dongchanganjie
Dongchengqu
Beijing Shi 100741
VOLKSREPUBLIK CHINA
E-Mail: gabzfwz@mps.gov.cn
Botschaft der VolksRepublik China
S. E. Herrn Mingde Shi
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: de@mofcom.gov.cn
Amnesty fordert:
- Lassen Sie Jiang Tianyong bitte umgehend und bedingungslos frei, da er sich lediglich aufgrund der friedlichen Ausübung seiner Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Haft befindet.
- Sorgen Sie bis zu seiner Freilassung bitte dafür, dass er in der Haft nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt wird und dass er regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu jeder nötigen medizinischen Versorgung erhält.
- Bitte stellen Sie sicher, dass der von Jiang Tianyong gewählte Rechtsbeistand entsprechend internationaler Standards über das Urteil informiert wird, das am 21. November 2017 gegen Jiang Tianyong ergangen ist.
Sachlage
Der bekannte Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong befindet sich weiterhin unter besorgniserregenden Bedingungen in Haft. Sein Gesundheitszustand hat sich dort stark verschlechtert. Auch sein Gedächtnisverlust schreitet drastisch voran, wie seine Familie berichtet. Jiang Tianyong gibt an, zwei Mal am Tag zur Einnahme von unbekannten Medikamenten gezwungen zu werden. Sein Vater hat gesehen, dass er mit Händen und Füßen an einen Eisenstuhl gefesselt war.
Das Mittlere Volksgericht der Stadt Changsha sprach Jiang Tianyong am 21. November 2017 der "Anstiftung zum Umsturz der Staatsmacht" schuldig. Er wurde zu zwei Jahren Gefängnis und einem dreijährigen Entzug seiner politischen Rechte verurteilt.
Im Mai 2015 sagte Jiang Tianyong seiner Schwester, dass er am 28 Februar 2019 entlassen werden solle, so wie in seinem ursprünglichen Urteil vorgesehen. Seine Familie und Rechtsbeistände können die Richtigkeit dieser Angabe jedoch nicht überprüfen, da sich der staatlich bestellte Rechtsbeistand und das Gericht weigern, der Familie das Urteil auszuhändigen. Die Schwester von Jiang Tianyong bat bei ihrem Besuch in der Haftanstalt im Februar um eine Kopie der Urteilsschrift, was jedoch ohne Angabe von Gründen abgelehnt wurde.
Seit die chinesischen Behörden im Juli 2015 damit begonnen hatten, auf beispiellose Weise gegen Menschenrechtsverteidiger_innen und Anwält_innen vorzugehen, haben viele weitere damals inhaftierte Anwält_innen angegeben, im Gewahrsam misshandelt oder unter Drogen gesetzt worden zu sein. Es besteht daher berechtigter Grund zur Sorge, dass Jiang Tianyong Gefahr läuft, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.
Hintergrundinformation
Jiang Tianyong war bereits in einige prominente Gerichtsverfahren involviert und hat anderen Menschenrechtsverteidiger_innen geholfen, so zum Beispiel dem Menschenrechtsanwalt Gao Zhisheng, der wegen seiner Menschenrechtsarbeit drangsaliert und auch inhaftiert wurde, und dem blinden Aktivisten Chen Guangcheng, der aufdeckte, dass Menschen in der Ortschaft Dongshigu in Linyi in der Provinz Shandong von Beamt_innen zu Abtreibungen gezwungen wurden. Vor seiner jetzigen Inhaftierung war Jiang Tianyong zuletzt im März 2014 festgenommen worden, nachdem er und drei weitere Anwält_innen Untersuchungen zu einer rechtswidrigen Hafteinrichtung ("Black Jail") in Jiansanjiang in der Provinz Heilongjiang anstellten, in der Falun-Gong-Praktizierende festgehalten werden sollen. Jiang Tianyong wurde im Gewahrsam geschlagen, wobei ihm acht Rippen gebrochen wurden.
Sein erster Gerichtstermin fand vor dem Mittleren Volksgericht der Stadt Changsha am 22. August 2017 statt, wo Jiang Tianyong die "Anstiftung zum Umsturz der Staatsmacht" gestand. Außerdem "entschuldigte" er sich in dieser Verhandlung dafür, Gerüchte über die Folter durch die chinesische Polizei verbreitet zu haben sowie an Workshops im Ausland teilgenommen zu haben, bei denen ein Wandel des politischen Systems in China diskutiert wurde. Jiang Tianyong zufolge bekannte er sich in einer späteren gerichtlichen Anhörung am 21. November 2017 schuldig. Er verzichtete darauf, Rechtsmittel einzulegen, da ihm unter dieser Bedingung eine Freilassung im August 2018 durch die Behörden zugesichert wurde.
Im Juli 2015 war ein weiterer Menschenrechtsanwalt, Xie Yang, im Zuge des repressiven Vorgehens gegen Anwält_innen inhaftiert worden. Sein Anwalt, mit dem er im Januar 2017 gesprochen hatte, legte später einen detaillierten Bericht über die Folter von Xie Yang in Haft vor. Die staatlichen chinesischen Medien veröffentlichten nach vermehrten Foltervorwürfen Anfang 2017 und einer breiten Rezeption dieser in den internationalen Medien eine Fülle von Berichten zur Entkräftung der Foltervorwürfe als "Falschmeldung". Im Zuge dieser Kampagne zur Diffamierung der Foltervorwürfe veröffentlichten die chinesischen Festlandmedien im Februar 2017 eine Videoaufnahme von einem Interview mit Jiang Tianyong. In diesem Video sagt Jiang Tianyong, dass er die Foltervorwürfe von Xie Yang konstruiert habe. Doch Analytiker_innen merkten an, dass Jiang Tianyong sich ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft befand, als Xie Yangs Foltervorwürfe erstmals in den internationalen Medien auftauchten. Zudem sei es in jüngsten Jahren gängige Praxis geworden, erzwungene "Geständnisse" im staatlichen chinesischen Fernsehen zu senden.
Jiang Tianyong wurde über ein Jahr lang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Weder seine Familienangehörigen noch die von der Familie beauftragten Rechtsbeistände wurden im Vorhinein über das im August 2017 stattfindende Verfahren informiert. Dieses Vorgehen verstößt gegen chinesisches Recht. Die Familie erfuhr nur durch einen Nachrichtenbericht unmittelbar vor der Gerichtsverhandlung von deren Beginn. Jiang Tianyong wurde darin von zwei staatlich bestellten Rechtsbeiständen vertreten.
Seit die chinesischen Behörden im Juli 2015 damit begonnen haben, auf beispiellose Weise gegen Menschenrechtsverteidiger_innen im Land vorzugehen, sind beinahe 250 Rechtsbeistände und Aktivist_innen ins Visier geraten. Von diesen ist der Rechtsanwalt Wang Quanzhang der letzte, dessen Gerichtsverhandlung noch aussteht. Er wird seit mehr als zwei Jahren ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten.