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Fotografen droht lange Haftstrafe
Der bangladeschische Fotograf Shahidul Alam wird von der Polizei festgenommen
© Private
Dem gewaltlosen politischen Gefangenen Shahidul Alam, der in Haft gefoltert worden sein soll, wurde die Freilassung gegen Kaution verweigert. Er ist auf Grundlage des drakonischen Paragrafen 57 des Gesetzes über Informations- und Kommunikationstechnologie angeklagt und wird allein wegen der friedlichen Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung festgehalten. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 14 Jahre Haft.
Appell an
Asaduzzaman Khan Kamal
Bangladesh Secretariat
Dhaka
BANGLADESCH
Sende eine Kopie an
Politischer Berater der Premierministerin von Bangladesch
H.T. Imam
Prime Minister’s Office
Dhaka
BANGLADESCH
E-Mail: advimam@pmo.gov.bd oder htimam55@gmail.com
Botschaft der Volksrepublik Bangladesch
S. E. Herrn Imtiaz Ahmed
Kaiserin-Augusta-Allee 111
10553 Berlin
Fax: 030–39 89 75 10
E-Mail: info.berlin@mofa.gov.bd
Amnesty fordert:
- Lassen Sie Shahidul Alam bitte umgehend und bedingungslos frei und lassen Sie alle Anklagen gegen ihn fallen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der sich allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung in Haft befindet.
- Sorgen Sie bitte dafür, dass die von Shahidul Alam erhobenen Foltervorwürfe unverzüglich unabhängig und gründlich untersucht werden. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, stellen Sie bitte alle Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht.
- Stellen Sie bitte sicher, dass das Informations- und Kommunikationstechnologiegesetz geändert oder aufgehoben wird, sodass die bangladeschischen Gesetze internationalen Menschenrechtsnormen entsprechen.
Sachlage
Am 11. September 2018 verweigerte ein vorinstanzliches Gericht in Dhaka dem bekannten Fotografen und Menschenrechtsaktivisten Shahidul Alam die Freilassung gegen Kaution. Er wurde vor über einem Monat zu Unrecht festgenommen, nachdem er sich auf seiner Facebook-Seite kritisch über die bangladeschische Regierung geäußert hatte.
Die Entscheidung fiel, nachdem die Anhörung seiner Anträge auf Freilassung gegen Kaution sowohl vor dem vorinstanzlichen Gericht als auch vor einem Gericht höherer Instanz bereits mehrmals abgelehnt worden war. Am 4. September 2018 erklärten die Richter_innen des zuständigen Hohen Gerichts, sie seien "beschämt" über seinen Antrag auf Freilassung gegen Kaution. Begründet haben sie diese Aussage nicht.
Shahidul Alam ist nach Paragraf 57 des 2013 ergänzten Gesetzes über Informations- und Kommunikationstechnologie angeklagt. Bei einer Verurteilung droht ihm eine Haftstrafe von mindestens sieben bis maximal 14 Jahren. Er ist außerdem wegen einer Aussage auf Facebook angeklagt, die jedoch nicht von ihm stammt.
Die Festnahme von Shahidul Alam erfolgte vor dem Hintergrund der Proteste von Schüler_innen und Studierenden, die mehr Sicherheit auf den Straßen von Bangladesch fordern. Auslöser für die Proteste war der Tod zweier Jugendlicher, die am 29. Juli 2018 von einem zu schnell fahrenden Bus erfasst wurden und ums Leben kamen. Am 5. August kritisierte Shahidul Alam in einem Interview mit dem Nachrichtensender Al-Jazeera English die heftige Reaktion der Regierung auf die Proteste. Nur wenige Stunden später wurde er von Angehörigen der Kriminalabteilung der Polizei aus seiner Wohnung geholt. Ein Haftbefehl wurde dabei nicht vorgelegt.
Amnesty International betrachtet Shahidul Alam als gewaltlosen politischen Gefangenen, der allein aufgrund der rechtmäßigen Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert ist.
Hintergrundinformation
Shahidul Alam wurde wegen des Verstoßes gegen Paragraf 57 des 2013 ergänzten Informations- und Kommunikationstechnologiegesetzes (Information and Communications Technology Act, ICT) angeklagt. Selbst die bangladeschische Regierung gibt zu, dass das drakonische Gesetz einer Reform bedürfe. Angaben der Zeitung The Daily Star zufolge wurden seit 2013 etwa 700 Verfahren wegen angeblicher Verstöße gegen diesen Paragrafen eingeleitet.
Bis zu den 11. Parlamentswahlen im Dezember sind es nur noch drei Monate. Auch deshalb ist das ICT-Gesetz zum wichtigsten Instrument für die Regierung geworden, um kritische Stimmen zu unterdrücken. Der Paragraf 57 des Gesetzes spiegelt die wachsende Intoleranz der Regierung gegenüber kritischen Ansichten wider: Es bestraft die freie Meinungsäußerung im Internet oder über andere elektronische Medien und sieht dafür eine Haftstrafe von mindestens sieben Jahren vor.
Die wage formulierten Klauseln ermächtigen die Behörden, Menschen "im Sinne der Souveränität, Integrität oder Sicherheit von Bangladesch" oder bei der Vermutung, dass sie "den Ruf des Staates schädigen" oder "religiöse Gefühle verletzen", zu verfolgen.
Die Regierung nutzt das Gesetz, um kritische Stimmen in den Medien zum Schweigen zu bringen, indem sie strafrechtliche Verfahren gegen Journalist_innen einleitet, die lediglich friedlich ihrem Beruf nachgegangen sind. So wurde im Dezember 2016 der Zeitungs- und Fernsehjournalist Nazmul Huda festgenommen, in Gewahrsam brutal geschlagen und dann nach dem ICT-Gesetz angeklagt, weil er über die Proteste von Arbeiter_innen der Textilindustrie vor der Hauptstadt Dhaka berichtet hatte.
Elf Nobelpreisträger_innen und 17 bedeutende Persönlichkeiten aus der ganzen Welt fordern die sofortige Freilassung von Shahidul Alam. Er sei, so sagen sie, das Herz der journalistischen Fotografie in Bangladesch. Auch der gefeierte indische Fotograf Raghu Rai, der 2012 für seinen Beitrag zur Dokumentation des Befreiungskrieges von Bangladesch 1971 den Titel "Freund des bangladeschischen Befreiungskrieges" erhielt, brachte sein tiefes Bedauern zum Ausdruck und forderte die Premierministerin Sheikh Hasina dazu auf, Shahidul Alam, der "Augen und Ohren der gemeinen Bevölkerung" sei, nicht zu bestrafen.
Shahidul Alam ist eine der 17 Personen, die zwischen dem 29. Juli und dem 11. August 2018 wegen Verstößen gegen das ICT-Gesetz vor dem Hintergrund der Proteste von Schüler_innen und Studierenden für sichere Straßen in Bangladesch festgenommen wurden. Die Polizei ging mit exzessiver Gewalt gegen die friedlichen Proteste vor, dabei kamen auch Tränengas und Gummigeschosse zum Einsatz. Die Protestierenden wurden zudem auch von Mitgliedern der Bangladesch Chhatra-League angegriffen, einer Studierendenorganisation, die über Verbindungen zur herrschenden Partei, der Awami-Liga, verfügt. Mit Stöcken und Metallstangen gingen diese sowohl auf Schüler_innen und Studierende, als auch auf Journalist_innen, die über die Proteste berichteten, los.
Shahidul Alam sagte öffentlich, dass er während seiner Inhaftierung gefoltert worden sei und dann die Kleidung, die er bei seiner Festnahme trug, weiterhin tragen musste. Um die Blutflecken zu entfernen, sei die blutige Kleidung gewaschen geworden, bevor er am 6. August dem Gericht vorgeführt wurde. Nach den von Shahidul Alam geäußerten Foltervorwürfen wurden keine Untersuchungen gegen die Polizeibeamt_innen eingeleitet und am 12. August ordnete ein Amtsgericht an, ihn auf Verlangen der Polizeibeamt_innen ins Gefängnis zu bringen.