Diskriminierung der Roma in Italien
Die ersten Roma und Sinti gelangten im 14. Jahrhundert nach Italien. Ihre Nachfahren gehören zu dieser historischen Minderheit und sind italienische Staatsbürger mit gleichen Rechten und Pflichten wie die Mehrheitsbevölkerung – zumindest in der Theorie. Nach dem zweiten Weltkrieg kam es in zwei Phasen zu neuerlicher Einwanderung von Roma, und zwar aus europäischen Staaten, die nicht zur Europäischen Union gehören, und aus solchen, die Mitglieder der EU sind. Heute leben in Italien schätzungsweise 150.000 bis 160.000 Roma und Sinti, das sind 0,27 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Hälfte von ihnen sind Minderjährige.
Bestrebungen, die italienischen Roma und Sinti als nationale Minderheit anzuerkennen, blieben bislang erfolglos. Das Parlament stimmte gegen den Minderheiten-Status mit der Begründung, die Roma und Sinti hätten aus historischer Sicht und als sprachliche Minderheit niemals ein geschlossenes Siedlungsgebiet auf dem Territorium des italienischen Staates gehabt.
Auch gibt es in Italien keine einheitliche Gesetzgebung zum Schutz der Roma und Sinti. Stattdessen haben seit 1984 fast alle Regionen eigene, für ihr Gebiet gültige Gesetze erlassen. Diese gleichen sich in einigen Punkten, weisen aber auch Unterschiede auf. Zum Beispiel erkennen alle Regionen das Recht an, als "Nomaden" zu leben, und verpflichten sich zum Bau von Lagern. Alle garantieren auch das Recht auf Bildung. Dagegen werden Lager nicht überall als Wohnsitz anerkannt; auch ist der Standard der vorgesehenen Versorgungseinrichtungen unterschiedlich.
Aus der fehlenden einheitlichen Gesetzgebung auf nationaler Ebene ergeben sich etliche Probleme: Die unterschiedliche Handhabung der Roma-Belange in den Regionen lässt Raum für unterschiedliche Interpretationen und viele Unsicherheiten, wenn es um die Rechte dieser Minderheit geht. Da außerdem Kontrollmechanismen für die Umsetzung der regionalen Gesetze fehlen, ist der Ermessensspielraum lokaler Behörden groß. Tatsächlich beantragen Städte und Gemeinden viel zu selten Gelder für den Bau von neuen Siedlungen oder anderen Unterkünften, was dazu führt, dass sich immer mehr illegale Lager ausbreiten.