Amnesty Journal Belarus 28. November 2013

Einsatz mit Erfolg - Oktober 2013

Weltweit beteiligen sich Tausende mit Appellschreiben an den "Urgent Actions", den "Briefen gegen das Vergessen" und an Unterschriften­aktionen von Amnesty International. Dass dieser Einsatz drohende Menschenrechtsverletzungen verhindert und Menschen in Not hilft, zeigen diese Beispiele.

Belarus: Invasion der Kuscheltiere

Die Teddybären-Affäre nimmt ein glückliches Ende: Die Behörden in Belarus (Weißrussland) haben am 28. Juni die Anklagen gegen Anton Suryapin und Syarhei Basharimau fallengelassen. Den beiden Belarussen drohten bis zu sieben Jahre Haft, weil man ihnen zur Last legte, an einer spektakulären Protestaktion beteiligt gewesen zu sein: Zwei junge Schweden hatten im Juli 2012 ein einmotoriges Flugzeug gechartert und waren damit illegal in den belarussischen Luftraum eingedrungen. Die Hobbypiloten schafften es fast bis zur Hauptstadt Minsk und warfen unterwegs 879 Teddybären über Bord. In ihren Tatzen hielten die Stofftiere kleine Protestschilder, auf denen Parolen wie "Meinungsfreiheit für alle!" zu lesen waren. Ausgedacht hatte sich die Aktion die schwedische PR-Agentur Studio Total. "Einen Diktator kann man fürchten oder hassen", sagten die schwedischen Werbeprofis nach ihrem Bären-Stunt. "Doch wenn die Leute anfangen, über ihn zu lachen, sind seine Tage gezählt." Der belarussischen Regierung war freilich nicht zum Lachen zumute. Alexander Lukaschenko, der die ehemalige ­Sowjetrepublik seit gut zwei Jahrzehnten autokratisch regiert, schasste den Chef der Luftwaffe sowie den obersten Grenzschützer des Landes und ließ die schwedische Botschaft schließen. Den wahren Preis mussten allerdings andere tragen: Der 20-jährige Journalistik-Student Anton Suryapin wurde wenige Tage nach dem Abwurf der Bären verhaftet und mehr als einen Monat in einer Gefängniszelle des Geheimdienstes festgehalten. Suryapin hatte als erster Fotos der abgeworfenen Plüschtiere im Internet veröffentlicht. Der Immobilienmakler Syarhei Basharimau wurde am 6. Juli 2012 unter dem Verdacht festgenommen, den Schweden beim illegalen Überqueren der Grenze geholfen zu haben. Er hatte zwei Kollegen der schwedischen Piloten eine Wohnung in Minsk vermittelt. Die schwedischen Initiatoren hatten hingegen stets erklärt, dass die beiden Angeklagten von dem geplanten Flug nichts gewusst hatten. Anton Suryapin hat sich bei Amnesty International für die Unterstützung bedankt.

Litauen: Regenbogenfahnen in Litauens Hauptstadt

Zum Schluss durften sie doch marschieren: Mit Regenbogenfahnen haben Ende Juli rund 800 Menschen in der litauischen Hauptstadt Vilnius für die Rechte von Schwulen und Lesben demonstriert. Dabei hatte es zuvor lange so ausgesehen, als könne die dritte "Baltic Pride"-Parade nicht stattfinden: Sieben Monate mussten die Veranstalter vor Gericht für ihr Demonstrationsrecht streiten. Vilinius’ konservativer Bürgermeister Artūras Zuokas hatte alles versucht, um die Parade wegen "Sicherheitsbedenken" aus der Innenstadt zu verbannen. Doch das Oberste Verwaltungsgericht kippte schließlich das Verbot der Stadt. Auch in diesem Jahr fand die Parade unter massivem Polizeischutz statt. Gegendemonstranten versuchten, die Tribüne zu stürmen, 28 Personen wurden festgenommen. Die Schwulen- und Lesbenparade erregte in diesem Jahr international besonders viel Aufmerksamkeit, weil die ehemalige Sowjetrepublik Litauen am 1. Juli den EU-Ratsvorsitz übernommen hatte.

Tunesien: Frauenrechtlerin in Freiheit

Die junge tunesische Feministin Amina Sboui ist wieder in Freiheit. Polizisten hatten die 18-Jährige am 19. Mai festgenommen, nachdem sie in der Stadt Kairouan den Schriftzug "Femen" auf eine Friedhofsmauer gesprüht hatte. "Femen" ist eine in Kiew gegründete Frauenrechtsgruppe, die vor allem durch ihre Oben-ohne-Aktionen bekannt geworden ist. Sboui wollte mit dem Graffito gegen die frauenverachtende Politik der Salafisten protestieren. Seit der tunesischen Revolution hat sich die Stadt Kairouan zu einer Hochburg der radikalen Islamisten entwickelt. Sboui wurde Anfang August nach wochenlanger Haft aus dem Gefängnis entlassen. Amnesty hatte sich mit einer weltweiten Online-Aktion für ihre Freilassung eingesetzt. Im Oktober wird sich Sboui in Tunis vor Gericht wegen "Entweihung eines Friedhofs" verantworten müssen. Ihr droht eine Geldbuße.

Sudan: Anwältin aus Haft entlassen

Die sudanesische Anwältin und Aktivistin Asma Ahmed, die im Mai 2013 vom sudanesischen Geheimdienst NSS festgenommen worden war, ist seit dem 11. Juni wieder auf freiem Fuß. Mehr als einen Monat lang war Asma Ahmed ohne Anklage festgehalten worden. Sie befand sich lange Zeit in Einzelhaft und wurde mehrmals verhört. Als Anwältin hatte Asma Ahmed zahlreiche politische Häftlinge und gewaltlose politische Gefangene vor Gericht vertreten. Sie ist Mitglied der Oppositionspartei "Sudan Peoples’ Liberation Movement-North" (SPLM-N), die im September 2011 von der sudanesischen Regierung verboten wurde. Ihre Inhaftierung fand allem Anschein nach im Rahmen einer Festnahmewelle statt, die sich gegen SPLM-N-Aktivisten, Intellektuelle und Religionsführer richtete.

Oman: Blogger auf freiem Fuß

oman  Der omanische Blogger Sultan al-Saadi wurde am 20. August aus der Haft entlassen, nachdem er 23 Tage ohne Anklage an einem unbekannten Ort in Einzelhaft festgehalten worden war. Al-Saadi war am 29. Juli an einer Tankstelle im Norden des Landes von 14 bewaffneten Männern, zwölf davon in Zivil, festgenommen worden. Die Männer erklärten nicht, wer sie waren oder warum sie ihn festnahmen. Im Gefängnis durfte al-Saadi weder seinen Anwalt, noch seine Familie kontaktieren. Der 33-Jährige wurde mehrfach misshandelt, unter anderem indem man ihn zwang, sich beim Verlassen seiner Zelle eine schwarze Tüte über den Kopf zu ziehen. Zudem behaupteten die Gefängniswärter fälschlicherweise, seine Familie habe ihn aufgegeben und um seine Inhaftierung gebeten. In Verhören wurde al-Saadi zur Last gelegt, auf Twitter die Regierung Omans kritisiert und mehr Demokratie gefordert zu haben.

Turkmenistan: Ex-Minister wieder frei

Sieben Monate wurde er in einer Drogenentzugsklinik festgehalten, seit Anfang Juli ist er wieder in Freiheit: Der ehemalige turkmenische Minister für Tourismus und Kultur, Geldimurat Nurmuhammedow, war am 5. Oktober 2012 in der Hauptstadt Aşgabat festgenommen und in eine Entzugsklinik in der Provinz Daşoguz eingeliefert worden. Nachforschungen von Amnesty International ergaben keinerlei Hinweise auf eine Drogenabhängigkeit des Ex-Ministers. Möglicherweise ist er durch seine Kritik an der turkmenischen Regierung ins Visier der Behörden geraten. Dies wäre nicht das erste Mal: Im Dezember 2011 hatte er in einem Radio-Interview die turkmenische Regierung scharf kritisiert. Wenige Tage später wurde das Bauunternehmen seiner Familie von den Behörden geschlossen.

Marokko: Hungerstreik beendet

marokko  Ali Aarrass, der in der Nähe der marokkanischen Hauptstadt Rabat inhaftiert ist, hat seinen Hungerstreik am 7. August beendet, nachdem ihm die Behörden versichert hatten, seinen Forderungen nachzukommen. Der 51-Jährige, der die belgische und die marokkanische Staatsbürgerschaft besitzt, war am 10. Juli in den Hungerstreik getreten, nachdem Wärter seine Zelle durchwühlt und private Dokumente beschlagnahmt hatten, darunter auch Briefe seiner Familie und Postkarten von Unterstützern. Danach verweigerte man ihm Rechte, die Gefangenen zustehen, wie Telefongespräche, die Möglichkeit zu duschen und Hofgang. Seit dem 25. Juli hatte Aarrass den Hungerstreik verschärft und auch keine Flüssigkeit mehr zu sich genommen. Im Jahr 2010 wurde er von spanischen Behörden als Terrorverdächtiger an Marokko ausgeliefert. Er soll in der Haft schwer misshandelt worden sein.

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