Amnesty Report 23. Mai 2018

Mosambik 2017/18

Report Cover 17/18

Die verschleierte Kreditaufnahme der Regierung stürzte das Land in eine Wirtschaftskrise. Die Ernährungssituation verschlechterte sich, weil im großen Stil Land aufgekauft wurde, um dort Bergbau zu betreiben. Dadurch wurden Menschen von den Grundstücken vertrieben, auf die sie zur Deckung ihres eigenen Nahrungsbedarfs angewiesen waren. Personen, die abweichende Meinungen oder Kritik äußerten, sahen sich auch 2017 mit Angriffen und Einschüchterungsversuchen von Unbekannten und den Sicherheitskräften konfrontiert. Die rund 30000 Menschen mit Albinismus in Mosambik wurden diskriminiert und mussten um ihr Leben fürchten. Mindestens 13 Menschen mit Albinismus wurden getötet. Gewalt gegen Frauen und Mädchen blieb weit verbreitet.

Hintergrund

Das Verwaltungsgericht wie auch der parlamentarische Ausschuss zur Untersuchung der Staatsschulden hatten 2016 die Garantien, mit denen die Regierung verschleierte Kredite in Höhe von 2,2 Mrd. US-Dollar abgesichert hatte, für illegal und verfassungswidrig erklärt. Die Kredite waren für Ausgaben im Sicherheits- und Verteidigungsbereich zweckentfremdet worden. Die verschleierte Kreditaufnahme war im April 2016 ans Tageslicht gekommen. In Prognosen für 2017 wurde mit einem Anstieg der Staatsverschuldung auf 135 % des BIP gerechnet. Die Währung Mosambiks verlor an Wert, und es kam zu einem rasanten Preisanstieg. Diese Situation wurde durch die Abhängigkeit des Landes von Importen noch verschlimmert.

Hochrangige Regierungsvertreter behinderten die gerichtliche Buchprüfung im Zusammenhang mit den Krediten. Diese war von internationalen Geldgebern gefordert worden, um das Vertrauen wiederherzustellen, und war eine Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Finanzhilfen für das Land. In Anbetracht der fehlenden Bereitschaft der Regierung zur Zusammenarbeit und zur vollständigen Offenlegung der Informationen hielten die Geber ihre Finanzhilfen bis auf weiteres zurück.

Der zwischen der regierenden Mosambikanischen Befreiungsfront (Frente de Libertação de Moçambique – FRELIMO) und der Nationalen Mosambikanischen Widerstandsbewegung (Resistência Nacional Moçambicana – RENAMO), der größten Oppositionspartei, im Dezember 2016 ausgehandelte Waffenstillstand wurde auch 2017 eingehalten. Zuvor war es drei Jahre lang zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen. Die Friedensverhandlungen, bei denen es um die Dezentralisierung von Kompetenzen der Regierung ging, wurden fortgesetzt. Die Beziehung zwischen den beiden Parteiführern blieb allerdings angespannt. Der Vorsitzende der RENAMO, Afonso Dhlakama, warf Präsident Filipe Jacinto Nyusi vor, die Regierungstruppen nicht zum vereinbarten Zeitpunkt aus der Region Gorongosa abgezogen zu haben.

Landkonflikte

Bergbaufirmen kauften von der ansässigen Bevölkerung genutztes Land auf. Dadurch verschlimmerte sich die bereits bestehende unsichere Ernährungslage, unter der mehr als 60 % der in ländlichen Regionen lebenden Bevölkerung litt. Diese Menschen brauchten das Land zur Sicherung ihres Lebensunterhalts sowie für die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser.

Das Kohlebergbauunternehmen Vale Mozambique hatte schon im Jahr 2013 begonnen, Flächen, die von der örtlichen Bevölkerung als Weideland für Vieh und für das Sammeln von Feuerholz genutzt wurden, einzuzäunen. Davon war auch die Gegend um Nhanchere im Bezirk Moatize (Provinz Tete) betroffen. Am 13. Juni 2017 wurde Hussen António Laitone während eines friedlichen Protestes der lokalen Bevölkerung gegen den Landerwerb für Bergbauaktivitäten von der Polizei erschossen. Er hatte an dem Protest nicht teilgenommen.

Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit

Die Einschüchterungsversuche und tätlichen Angriffe auf Personen, die abweichende oder kritische Ansichten äußerten, gingen 2017 weiter. 

Der Journalist und Menschenrechtsverteidiger Armando Nenane wurde am 17. Mai 2017 in der Hauptstadt Maputo von Angehörigen der Bereitschaftspolizei brutal zusammengeschlagen. Der tätliche Angriff war eine Reaktion auf seine Ansichten zur sogenannten G40-Gruppe. Diese Gruppe soll unter der Regierung des ehemaligen Staatspräsidenten Armando Guebuza ins Leben gerufen worden sein und die Aufgabe haben, politische Gegenspieler der Regierung in den Medien zu diskreditieren. Nenane hatte zuvor per Telefon anonyme Morddrohungen erhalten. Bis Jahresende war noch niemand für den Angriff zur Rechenschaft gezogen worden.

Unbekannte erschossen am 4. Oktober 2017 Mahamudo Amurane, Bürgermeister der Stadt Nampula im Norden des Landes, vor seinem Haus. Nach Meinungsverschiedenheiten mit der Parteiführung der Bewegung für Demokratie in Mosambik (Movimento Democrático de Moçambique – MDM) hatte Mahamudo Amurane erklärt, er wolle aus der Partei austreten, eine eigene Partei gründen und sich bei den Kommunalwahlen im Oktober 2018 zur Wiederwahl stellen. 

Am 2. Dezember drohte ein bewaffneter Mann, den investigativen Journalisten und Herausgeber des Wochenmagazins Ikweli in Nampula, Aunício da Silva, zu töten. Der Bewaffnete beschuldigte ihn, Artikel veröffentlicht zu haben, die dem Ruf von Carlos Saíde, dem MDM-Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters in Nampula, schadeten.

Diskriminierung – Menschen mit Albinismus

Schätzungsweise 30000 Menschen mit Albinismus litten unter Diskriminierung und gesellschaftlicher Ausgrenzung. Viele hatten Angst um ihr Leben. Die Verfolgung von Menschen mit Albinismus nahm zu. Soweit bekannt, wurden in Mosambik 2017 mindestens 13 Menschen mit Albinismus getötet. Die tatsächliche Zahl der Morde dürfte aber höher liegen. Antrieb für die Tötungen waren der Aberglaube oder Gerüchte, wonach Menschen mit Albinismus magische Kräfte besäßen. Die meisten Morde geschahen in den Provinzen im Zentrum und im Norden Mosambiks, den ärmsten Regionen des Landes.

Vier Unbekannte ermordeten am 31. Januar 2017 im Bezirk Ngaúma (Provinz Niassa) einen sieben Jahre alten Jungen mit Albinismus. Die Männer waren in das Haus seiner Familie eingedrungen und hatten ihn entführt, während seine Familie schlief. Am 28. Mai nahmen Unbekannte einen dreijährigen Jungen seiner Mutter weg und entführten ihn. Die Tat ereignete sich im Bezirk Angónia in der Provinz Tete. Am 13. September 2017 wurde ein 17 Jahre alter Jugendlicher in der Gegend von Benga, Bezirk Moatize in der Provinz Tete, getötet, um an seine Körperteile und Organe zu gelangen. Die Täter entfernten sein Gehirn, die Haare und seine Armknochen. Die für den Mord Verantwortlichen waren bis Jahresende nicht festgenommen worden.

Trotz der öffentlichen Empörung unternahm die Regierung kaum etwas, um das Problem zu bekämpfen. Zwar wurde eine Strategie ausgearbeitet, um den Tötungen Einhalt zu gebieten, doch wurde sie nicht umgesetzt, weil dafür – wie es hieß – keine Mittel vorhanden waren.

Geschlechtsspezifische Gewalt

Die Rate der Frauenmorde war hoch. Die Täter kamen häufig aus dem engsten Freundes- und Verwandtenkreis. In einigen Fällen versuchten die Täter, ihre Handlungen damit zu rechtfertigen, dass die Opfer "Zauberkräfte" gegen sie eingesetzt hätten.

Am 10. Januar 2017 erstach ein 31-jähriger Mann seine 27 Jahre alte Frau in Inhagoia, einem Stadtteil am Rand von Maputo, mit einem Küchenmesser. Im Bezirk Vanduzi (Provinz Manica) enthauptete im Februar ein 27-Jähriger seine Mutter mit einer Machete. Als Grund gab er an, sie habe sich geweigert, ihm Essen zu servieren. Im Mai tötete ein Mann seine Mutter, weil diese ihn – wie er sagte – mit einem Impotenzzauber belegt habe. Die Tat geschah im Bezirk Guru (Provinz Manica). Im August 2017 brachten in der Ortschaft Messano, Bezirk Bilene (Provinz Gaza), zwei Brüder ihre 70-jährige Großmutter um. Sie hatten sie zuvor beschuldigt, einen Unglückszauber gegen sie ausgesprochen zu haben. Im September erschlug ein Mann in der Provinz Manica seine 80 Jahre alte Mutter mit einer Eisenstange. Auch er gab an, seine Mutter habe ihn verhext. Die Tat ereignete sich in Centro Hípico, einem Vorort der Stadt Chimoio. 

Obwohl die mutmaßlichen Täter in all diesen Fällen einräumten, die Morde begangen zu haben, stellten die Behörden nicht sicher, dass die erforderlichen Maßnahmen für die Entwicklung und Umsetzung einer Strategie zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen ergriffen und dafür entsprechende Mittel bereitgestellt wurden.

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