Amnesty Report Mazedonien 19. Mai 2017

Mazedonien 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Die nach der Enthüllung von Regierungskorruption im Jahr 2015 eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungen wurden durch interne politische Machtkämpfe verschleppt und boten keinen ausreichenden Zeugenschutz. Roma litten weiterhin unter Diskriminierung, was die Wahrnehmung ihrer Grundrechte und den Zugang zu Grundversorgungsleistungen betraf. Flüchtlinge und Migranten wurden bereits an der Grenze zu Griechenland routinemäßig zurückgewiesen oder unter unzumutbaren Bedingungen in Hafteinrichtungen festgehalten.

HINTERGRUND

Mazedonien befand sich 2016 weiterhin in einer politischen Krise, die im Vorjahr begonnen hatte, als Mitschnitte abgehörter Telefongespräche veröffentlicht wurden, die korruptes Verhalten der Regierung und eine weitverbreitete rechtswidrige Überwachung offenbarten. Nachdem die EU und die USA ein politisches Übereinkommen vermittelt hatten, kam eine Übergangsregierung ins Amt, der sowohl Vertreter der Parlamentsmehrheit als auch der Opposition angehörten.

Im April 2016 verkündete Präsident Gjorgje Ivanov eine Amnestie für 56 hochrangige Politiker und Staatsbedienstete, gegen die im Zusammenhang mit dem Abhörskandal ermittelt wurde. Nach einer Welle von Protesten, die als "Bunte Revolution" bezeichnet wurden, nahm der Präsident die Amnestie im Juni zurück.

Nach wiederholten Ankündigungen und Terminverschiebungen fanden schließlich im Dezember 2016 Parlamentswahlen statt, aus denen das vorherige Regierungsbündnis VMRO-DPMNE (Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für die Nationale Einheit Mazedoniens) wieder als stärkste Kraft hervorging. Die wichtigste Oppositionspartei, die knapp die Stimmenmehrheit verfehlt hatte, focht das Endergebnis der Wahlen an.

JUSTIZSYSTEM

Die im September 2015 vom Parlament ernannte Sonderstaatsanwältin, die eine mögliche Verwicklung von Staatsbediensteten in den Abhörskandal und mutmaßliche Straftaten von Politikern untersuchen sollte, wurde bei der Ausübung ihrer Arbeit weiterhin unter Druck gesetzt. Im Oktober 2016 lehnte es das Übergangsparlament ab, die im Juni 2017 endende Frist für den Abschluss der Untersuchungen der Sonderstaatsanwaltschaft zu verlängern und den Schutz der Zeugen zu verbessern, die bei den Ermittlungen eine Rolle spielten.

DISKRIMINIERUNG – ROMA

Im September 2016 übermittelte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Mazedonien eine Beschwerde, die 53 Angehörige der Roma eingelegt hatten, nachdem sie im August Opfer einer rechtswidrigen Zwangsräumung geworden waren. Nachdem man sie aus der "Polygon"-Siedlung in der Hauptstadt Skopje vertrieben hatte, mussten sie in Zelten und provisorischen Unterkünften in den Außenbezirken leben.

Etwa 600 Flüchtlinge, zumeist Roma, die in den Jahren 1999 und 2000 aus dem Kosovo geflohen waren, liefen 2016 weiterhin Gefahr, ihre Existenzgrundlage und andere Rechte zu verlieren, weil die Behörden ihnen nach wie vor ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Mazedonien verweigerten. Als Begründung wurde auf die nationale Sicherheit verwiesen. Bis zum Jahresende entzogen die Behörden 50 Erwachsenen und 30 Minderjährigen den Schutzstatus, weil sie die regelmäßigen Sicherheitsüberprüfungen nicht bestanden hatten, die notwendig waren, um ihren vorübergehenden Schutzstatus um ein weiteres Jahr zu verlängern. Die Betroffenen erhielten keine Auskunft über den Inhalt der Sicherheitsüberprüfung und konnten die Entscheidung nicht gerichtlich anfechten. Eine Roma, deren Schutzstatus nicht verlängert worden war, legte beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde ein.

RECHTE VON FLÜCHTLINGEN UND MIGRANTEN

Anfang März 2016 kündigte das Innenministerium an, die Grenze zu Griechenland zu schließen; die weitere Einreise von Flüchtlingen und Migranten nach Mazedonien wurde dadurch verhindert (siehe Länderbericht Griechenland). Auf der griechischen Seite der Grenze strandeten Tausende Menschen im inoffiziellen Flüchtlingslager Idomeni, bevor es im Mai 2016 aufgelöst wurde. Die mazedonischen Behörden schoben Flüchtlinge und Migranten 2016 weiterhin routinemäßig nach Griechenland ab, in einigen Fällen unter Anwendung von Gewalt. Nach der Grenzschließung im März 2016 registrierte das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) keine auf offiziellem Weg eintreffenden Menschen mehr, da die Flüchtlinge und Migranten an der Einreise gehindert bzw. zurückgeschickt wurden oder über die grüne Grenze nach Mazedonien kamen.

Im September 2016 legten acht Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein, weil sie im März summarisch nach Griechenland abgeschoben worden waren.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte kritisierte im September 2016, dass die Behörden Hunderte Flüchtlinge und Migranten ihrem Schicksal überließen, die vor der Grenzschließung nach Mazedonien gekommen waren und sich in unzureichenden Transitzentren an den südlichen und nördlichen Landesgrenzen sowie in Gazi Baba, einer Haftanstalt für Ausländer in Skopje, befanden. Migranten und Asylsuchende ohne regulären Aufenthaltsstatus wurden weiterhin rechtswidrig in De-facto-Haft gehalten, ohne dies gerichtlich anfechten zu können.

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