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Tödlicher Rassismus: Sicherheitskräfte in Peru töten dutzende Menschen bei Protesten
In Peru sind bei Protesten zwischen Dezember 2022 und Februar 2023 nach offiziellen Angaben insgesamt 49 Menschen durch Sicherheitskräfte getötet worden. Viele der getöteten Menschen kamen aus armen, kleinbäuerlichen Verhältnissen oder hatten einen indigenen Hintergrund. Daraus lässt sich auf eine ausgeprägte rassistische und klassistische Voreingenommenheit seitens der peruanischen Behörden schließen. Amnesty International fordert in einem neuen Bericht von der peruanischen Generalstaatsanwaltschaft, Ermittlungen gegen alle Personen einzuleiten, die die unrechtmäßige Anwendung tödlicher Gewalt gegen Demonstrierende angeordnet oder geduldet haben.
Der neue Amnesty-Bericht 'Lethal racism: Extrajudicial executions and unlawful use of force by Peru's security forces' analysiert, wie brutal peruanische Sicherheitskräfte gegen Demonstrierende in den vergangenen Monaten vorgingen. Amnesty hat dabei Informationen und Zeugenaussagen von über 52 Personen ausgewertet, die bei Protesten in den peruanischen Städten Andahuaylas, Chincheros, Ayacucho und Juliaca getötet oder verschleppt wurden.
Darunter befinden sich 25 Todesfälle, von denen 20 möglicherweise außergerichtliche Hinrichtungen durch staatliche Kräfte darstellen. In diesen 20 Fällen schossen Sicherheitskräfte mit scharfer Munition auf besonders gefährdete Körperregionen (Kopf, Hals, Brustkorb und Bauch). Die vorliegenden Belege wie Videos, Bilder, Strafakten und Zeugenaussagen deuten auf eine ungerechtfertigte Anwendung von Gewalt hin. Bei den anderen fünf Todesfällen liegen Amnesty International Hinweise auf eine mögliche unverhältnismäßige Gewaltanwendung vor.
Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International, sagt: "Der Einsatz tödlicher Schusswaffen gegen Demonstrierende zeigt eine eklatante Missachtung des menschlichen Lebens. Trotz der Bemühungen der Regierung, die Getöteten als Terrorist*innen oder Kriminelle darzustellen, handelte es sich um Demonstrierende, Beobachter*innen oder Zuschauer*innen. Fast alle von ihnen kamen aus armen, kleinbäuerlichen Verhältnissen oder hatten einen indigenen Hintergrund. Das deutet auf eine rassistische und klassistische Voreingenommenheit bei der Anwendung tödlicher Gewalt hin."
Die Zahl der Tötungen, die an mehreren Tagen und an verschiedenen Orten verübt wurden, lässt darauf schließen, dass die staatlichen Stellen bewusst und koordiniert gehandelt haben. Es geht hier also nicht um Einzelfälle, die auf eigenmächtiges Handeln der Beamt*innen zurückzuführen wären. Die peruanischen Behörden müssen die Möglichkeit untersuchen, dass die Verantwortlichen diese Tötungen angeordnet oder zumindest geduldet haben – auch wenn sie dabei in der Befehlskette weit hochgehen müssen."
Anstatt die exzessive Gewaltanwendung zu verurteilen, ermutigten hochrangige Beamt*innen die Sicherheitskräfte noch: Sie lobten deren Vorgehen öffentlich, während sie die Demonstrierenden als "Terroristen" stigmatisierten und bewusst Falschmeldungen verbreiteten.
Von den 25 Todesopfern, deren Fälle Amnesty International dokumentiert hat, waren 15 junge Männer unter 21 Jahren. Viele von ihnen waren Indigene aus in Armut lebenden Familien. Amnesty International erfasste die während der Proteste verzeichneten Todesfälle statistisch: Die Untersuchungsergebnisse lassen auf eine ausgeprägte rassistische Voreingenommenheit seitens der peruanischen Behörden schließen. So wurde eine unverhältnismäßig hohe Zahl von Todesfällen in Gebieten festgestellt, in denen historisch marginalisierte Bevölkerungsgruppen leben, auch wenn die Proteste dort nicht häufiger oder gewalttätiger waren als in anderen Regionen.
Der Bericht legt außerdem nahe, dass Befehlshaber*innen strafrechtlich mitschuldig sein könnten. So wurde offensichtlich verschleiert, mit welchen Waffen die Tötungen durchgeführt wurden. Die der Generalstaatsanwaltschaft ausgehändigten und Amnesty International zugänglichen Waffenlisten der Polizei und des Militärs enthalten weder Angaben zur verwendeten Munition noch zu den Personen, die bestimmte Waffen abgefeuert haben. In der peruanischen Stadt Juliaca meldeten lediglich zwei Beamte der Direktion für Sondereinsätze (DINOES), dass sie am 9. Januar vier Kugeln des Kalibers 7,62 mit ihren AKM-Gewehren abgefeuert hätten. Dennoch wurden an diesem Tag mindestens 15 Menschen durch tödliche Munition getötet und Dutzende weitere durch Schusswaffen verletzt. Die Polizei vertuschte außerdem die Verwendung von Bleikugeln, obwohl deren Einsatz zahlreiche Tote und Verletzte forderte. Die Verwendung von Bleikugeln sind für Angehörige der Strafverfolgungsbehörden sowohl auf nationaler peruanischer als auch auf internationaler Ebene verboten.
Aufklärung gefordert
Trotz der schweren Menschenrechtsverletzungen hat die peruanische Generalstaatsanwaltschaft keine zeitnahen und gründlichen Ermittlungen durchgeführt. Angesichts der drohenden Straflosigkeit fordert Amnesty International die Generalstaatsanwaltschaft auf, umgehend für gründliche und unparteiische Ermittlungen zu sorgen sowie regionale oder internationale Menschenrechtsmechanismen um technische Unterstützung bei den strafrechtlichen Ermittlungen zu bitten. Außerdem muss den Betroffenen der Zugang zu juristischem Beistand gewährt werden.
Die Menschenrechtsorganisation fordert außerdem Präsidentin Dina Boluarte auf, den Einsatz von tödlicher Gewalt und verbotener Munition wie Schrot durch die Sicherheitskräfte als Reaktion auf die Proteste zu verurteilen und zu beenden. Darüber hinaus sollte die peruanische Regierung dringend gegen den strukturellen Rassismus vorgehen, der das Handeln der staatlichen Institutionen durchdringt.