Pressemitteilung Europa und Zentralasien 01. Juli 2020

Ehrgeizige EU-Strategie für Menschenrechte in China entwickeln

Demonstrierende Menschen, die sich mit Regenschirmen vor Angriffen der Polizei mit Wasserkanonen schützen.

Sicherheitskräfte gehen in Hongkong mit Wasserwerfern gegen Demonstrierende vor (15. September 2019)

Wenige Tage vor der heute begonnenen EU-Ratspräsidentschaft der Bundesregierung hat Amnesty International ein Pressehintergrundgespräch abgehalten. Wir dokumentieren die Eingangsstatements des Generalsekretärs Markus N. Beeko, der Europa-Expertin Janine Uhlmannsiek und der Asien-Expertin Theresa Bergmann.

Deutschland hat die Neujustierung der Beziehungen zu China zu einem außenpolitischen Schwerpunkt seiner EU-Ratspräsidentschaft erklärt. Amnesty International fordert die Bundesregierung auf, die Entwicklung einer ehrgeizigen EU-Strategie für Menschenrechte in China hierbei in den Fokus zu nehmen. China versucht immer entschiedener, einen kritischen Dialog über die Menschenrechtslage im eigenen Land, und auch außerhalb der Landesgrenzen sowie auf UN-Ebene, zu unterbinden. In diesem Kontext ist es umso wichtiger, dass Deutschland sich diesen Versuchen entgegenstellt und Menschenrechtsverletzungen klar benennt.

In Hongkong gefährdet das geplante Sicherheitsgesetz, die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Unabhängigkeit der Justiz fundamental. Das Vorhaben steht im Widerspruch zum Hongkonger Grundgesetz und droht, Hongkongs Verpflichtungen unter dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zu verletzen. Die Bundesregierung muss sich gegen das Gesetzesvorhaben stellen und eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt gegen Demonstrierende fordern, wie sie seit Aufflammen der Proteste im Juni letzten Jahres zu beobachten war.

Auch sollte Deutschland darauf drängen, dass alle strafrechtlichen Verfahren gegen jene, die in Hongkong friedlich demonstriert haben, eingestellt werden. Menschenrechtsverteidiger und alle, die lediglich wegen der Ausübung ihrer Menschenrechte in China in Haft sind, müssen freigelassen werden.

Laut Schätzungen von Amnesty International finden die meisten Hinrichtungen weltweit immer noch in China statt. Die Bundesregierung sollte im Gespräch mit den chinesischen Behörden auf die Abschaffung der Todesstrafe drängen.

Im UN-Menschenrechtsrat versucht China, die internationale Menschenrechtsarchitektur durch das Einbringen von Resolutionen gezielt zu unterminieren. Dem muss sich die Bundesregierung entschieden entgegenstellen und dafür werben, dass andere Staaten dies auch tun.

Theresa
Bergmann
Asien-Expertin bei Amnesty in Deutschland

Sie muss sich darüber hinaus für eine Verbesserung der menschenrechtlichen Situation in der autonomen Provinz Xinjiang einsetzen, wo etwa eine Million Uiguren und Angehörige anderer vorwiegend muslimischer Minderheiten unrechtmäßig in "Umerziehungslagern" inhaftiert sind. Auf UN-Ebene sollte Deutschland auf eine unabhängige, internationale Untersuchungskommission für Xinjiang drängen und im Rahmen der Ratspräsidentschaft um Unterstützung für dieses Vorhaben durch andere Staaten werben.

Im UN-Menschenrechtsrat versucht China, die internationale Menschenrechtsarchitektur durch das Einbringen von Resolutionen gezielt zu unterminieren. Dem muss sich die Bundesregierung entschieden entgegenstellen und dafür werben, dass andere Staaten dies auch tun.

Zuletzt sollte Deutschland seinen Vorsitz im Europäischen Rat dafür nutzen, um einen kritischen Dialog mit China über seine Reaktion auf die Corona-Pandemie - einschließlich der menschenrechtlichen Dimensionen der eingesetzten technischen Mittel und dem Umgang mit Whistleblowern - zu führen.

Amnesty International sieht China mit der womöglich schwerwiegendsten Menschenrechtskrise seit Jahrzehnten konfrontiert – umso stärker ist die Bundesregierung gefragt, diese zu adressieren.

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