Aktuell Russische Föderation 17. Juli 2025

Russland verschärft Gesetze gegen "Extremismus", um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen

Das Foto zeigt im Vordergrund die Stiefel eines breitbeinig stehenden Soldaten. Im Hintergrund steht ein Gebäude.

Ein Soldat steht Wache vor der Staatsduma in der russischen Hauptstadt Moskau (Archivaufnahme).

Russland will die eigenen Extremismus-Gesetze verschärfen und damit die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit im Land weiter einschränken. Sollte das Gesetzespaket in Kraft treten, könnten Organisationen oder Gruppen willkürlich verboten werden. Auch die Suche im Internet nach bestimmten Inhalten könnte bestraft werden. Amnesty International fordert, dass diese repressiven Gesetzesentwürfe nicht in Kraft treten dürfen.

Es ist ein Rundumschlag gegen die kritische Zivilgesellschaft in Russland: Am 15. Juli 2025 hat die Staatsduma – das "Unterhaus" des russischen Zweikammerparlaments – ein Gesetzespaket verabschiedet, mit dem Aktivist*innen, Medienschaffende oder Regierungskritiker*innen noch einfacher strafrechtlich verfolgt werden können:

  • Sollte die Gesetzesanpassung in Kraft treten, können Gruppen oder Organisationen ohne Gerichtsbeschluss als "extremistisch" eingestuft werden.
  • Schon das Suchen oder Zugreifen auf "extremistisches Material" im Internet kann zu Verwaltungsstrafen führen.

"Extremismus" als Vorwand, um Andersdenkende zu verfolgen

"Wieder einmal geben die russischen Behörden ihre unerbittliche Verfolgung von Andersdenkenden als Bekämpfung von 'Extremismus' aus", Marie Struthers, Direktorin für Osteuropa und Zentralasien bei Amnesty International. "Dazu greifen sie auf vage und übermäßig weit gefasste Gesetze zurück, die missbräuchlich und willkürlich ausgelegt werden können."

Nun wird das Gesetzespaket dem Föderationsrat ("Oberhaus") vorgelegt, der es innerhalb von 14 Tagen annehmen oder ablehnen kann. Eine Annahme erscheint wahrscheinlich.

Anschließend wird es Präsident Wladimir Putin zur Unterzeichnung vorgelegt und tritt nach dessen Unterzeichnung in Kraft.

Im Visier der Behörden: Regierungskritiker*innen und ihr Bekanntenkreis

Gemäß den neuen Regeln könnten Gruppen, auch informelle Personengruppen, als "extremistisch" eingestuft werden. Dies gilt auch, wenn lediglich eines ihrer Mitglieder wegen der Gründung oder Mitgliedschaft in einer "extremistischen Vereinigung" verurteilt worden ist (Paragraf 282, Absatz 1 des russischen Strafgesetzbuchs).

"Sollte dieser Gesetzesvorschlag zur 'Bekämpfung von Extremismus' in Kraft treten, kann jede Gruppe – selbst ein privater Online-Chat oder eine Gruppe von Freund*innen – als 'extremistisch' gebrandmarkt und kriminalisiert werden", so Struthers.

Die russischen Strafverfolgungsbehörden hätten mit einer solchen Gesetzesgrundlage dann augenscheinlich unbegrenzte Möglichkeiten, immer mehr Menschen zu verfolgen – selbst wenn sie nur lose Verbindungen zu Personen aufweisen, die nach Ansicht der Behörden "Extremist*innen" sind.

Drei maskierte und behelmte Polizisten führen eine junge Frau, die mit entschlossenem Blick einem der Polizisten ein Schreiben vor das Gesicht hält.

Polizisten nehmen in der russischen Hauptstadt Moskau eine Journalistin fest am Rande einer Demonstration für faire Wahlen (Archivaufnahme vom August 2019)

"Extremistisch" sind alle Inhalte, die den russischen Behörden missfallen

Sehr besorgniserregend ist außerdem die enthaltene Gesetzesänderung zu "extremistischen" Inhalten im Internet: Hier würde schon die Suche nach oder der Zugriff auf als solche eingestuften Inhalte unter Strafe gestellt werden. Personen droht eine Geldstrafe von bis zu 5.000 Rubel (etwa 55 Euro), wenn sie "wissentlich nach extremistischem Material suchen oder darauf zugreifen", selbst wenn dies über eine VPN-Verbindung geschieht.

Im heutigen Russland kann alles Mögliche als 'extremistisch' eingestuft werden: zum Beispiel Bücher, die "gleichgeschlechtliche Beziehungen fördern", oder schlicht Social-Media-Beiträge von Oppositionsgruppen. Dieser Gesetzesvorschlag schneidet die russische Gesellschaft de facto von jeglichen Informationen oder Ansichten ab, die von den Behörden als "gefährlich" erachtet werden.

Bisher haben die Behörden jedoch nicht dargelegt, wie sie solche Aktivitäten aufdecken wollen. Dies lässt befürchten, dass es möglicherweise zu rechtswidriger Überwachung und Zugriff auf elektronische Geräte kommen könnte.

"Die geplanten Gesetzesänderungen sind ein eklatanter Verstoß gegen die internationalen Verpflichtungen Russlands und auch gegen die russische Verfassung, in der die Rechte auf Privatsphäre, Vereinigungsfreiheit und freie Meinungsäußerung verankert sind", so Struthers. "Diese Entwürfe dürfen keine Gesetzeskraft erlangen."

Amnesty-Posting auf Instagram:

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