Aktuell Syrien 26. Juli 2013

Syrien: Außergerichtliche Hinrichtungen von Zivilisten

Zivilisten sind weiterhin Opfer von Missbrauchs in Syrien

Zivilisten sind weiterhin Opfer von Missbrauchs in Syrien

26. Juli 2013 – Aktuelle Recherchen von Amnesty International zeigen, dass Zivilisten, die in der Umgebung der Stützpunkte der Oppositionskämpfer im Verwaltungsbezirk Tartous leben in Gefahr sind, Opfer von summarischen Hinrichtungen durch regierungsnahe Truppen zu werden. Nachdem am 21. Juli dreizehn Mitglieder einer Familie aus al-Baydah vorsätzlich erschossen wurden, fordert die Organisation die syrische Regierung dazu auf, unverzüglich alle außergerichtlichen Hinrichtungen zu stoppen.

"Die Tötung von 13 Zivilisten derselben Familie, unter denen sich auch Frauen und Kinder befanden, ist äußerst beklagenswert", sagte Philip Luther, Leiter der Abteilung für den Mittleren Osten und Nordafrika bei Amnesty International.

Die Leichname von drei Brüdern wurden mit Schussverletzungen unmittelbar vor ihrem Haus in dem westsyrischen Dorf aufgefunden. Vier mit ihnen verwandte Frauen und sechs Kinder im Alter zwischen zwei und dreizehn Jahren wurden tot im Haus gefunden. Die Morde an den Familienmitgliedern fanden kurz nach gewalttätigen Zusammenstößen zwischen regierungsnahen Truppen und Oppositionskämpfern in der Nähe des Hauses der Familie statt.

Der Vorfall geschah im selben Dorf, das gemeinsam mit der in der Nähe liegenden Stadt Banias, bereits im vergangenen Mai zum Schauplatz von Massenhinrichtungen von über 250 ZivilistInnen geworden war.

"Dies begründet unsere große Sorge darüber, dass die Zivilisten in al-Baydah und Banias, vor allem diejenigen, die in der Umgebung der Oppositionskämpfer leben, aus taktischem Kalkül gezielt ins Visier geraten. Die Zivilbevölkerung soll vertreiben werden, so dass die Oppositionskämpfer ungeschützt und ohne lokale Unterstützung zurück bleiben", sagte Philip Luther.

Amnesty International ruft dringend dazu auf, alle Angriffe auf Zivilisten zu beenden. Die Organisation macht die syrischen Behörden unmittelbar für Verstöße durch Milizen, die durch die Regierung unterstützt werden, verantwortlich.
Amnesty hat auch die Ereignisse, die am 2. und 3. Mai stattgefunden haben untersucht. Diese Untersuchungen ergaben, dass regierungsnahe Truppen für den Tod von mindestens 138 Zivilisten in Banias sowie für den Tod von 130 Zivilisten in al-Baydah verantwortlich sind. Überlebende und Augenzeugen, die von Amnesty International unabhängig voneinander befragt wurden berichten, dass die Angreifer in ein Haus nach dem anderen eingedrungen sind und die Hausbewohner in al-Baydah und Banias zusammen getrieben haben. Unbewaffnete Männer, Frauen und Kinder wurden vor ihren Häusern aufgereiht und aus kurzer Distanz erschossen. Andere wurden in ihren Häusern erschossen. Viele der Häuser wurden geplündert und danach angezündet.

Eine Frau, deren Ehemann und beide Söhne in al-Baydah getötet wurden, beschrieb wie 10 Männer in Militärkleidung die Tür ihres Hauses eintraten. Einer stach mit einem Bajonett auf ihren Mann ein. Ihr selbst wurde mehrfach mit Vergewaltigung gedroht. Ihr Mann und ihre beiden Söhne wurden dann nach draußen geschleppt und dort auf der Straße erschossen.

Ein anderer Überlebender berichtete, wie er und ein Freund inhaftiert wurden als sie über die Autobahn zwischen Latakia und Tartus zu fliehen versuchten. Männer in Militäruniformen zerrten sie zu einem Kontrollposten und warfen sie mit dem Gesicht nach unten zu Boden. Dann begannen sie, auf sie einzutreten und sie zu schlagen. "Sie haben uns so schlimm geschlagen, dass ich dachte ich würde sterben", sagte der Überlebende.

Dann berichtete er, wie er und sein Freund mit Benzin übergossen und angezündet wurden.

"[Sie] haben eine zwei Liter große Benzinflasche geholt, sie über Lou’ay geschüttet und ihn angezündet… binnen Sekunden, während er zu Boden fiel, schossen sie ihm in den Kopf und er brach zusammen. Es war noch etwas Benzin in der Flasche, also haben sie den Rest über mich gegossen und mich angezündet… Ich brannte… Ich habe angefangen, meine Kleider auszuziehen, meine Jacke… dann rannte ich in Richtung der Farmen… Da fingen sie an auf mich zu schießen… Ich rannte und rannte… Ich weiß nicht, wie ich das überlebt habe."

In Ras al-Naba' im Bezirk Banias beschrieben Augenzeugen die Leichname, die sich auf der Straße stapelten und wie regierungsnahe Truppen Menschen auf der Straße zusammentrieben. Ein Anwohner sagte, er habe eine Familie mit einer Frau und zwei Kindern gesehen, die in der Ecke einer Mauer kauerte als die regierungsnahen Truppen das Feuer auf sie eröffneten. Ihre Leichname schienen später verbrannt worden zu sein.

"Regierungsnahe Truppen scheinen die Zivilisten in dieser Region mit völliger Straflosigkeit angreifen zu können", sagte Philip Luther.
"UN-Ermittlern muss unverzüglich Zugang zu Syrien gewährt werden, um alle Tötungen von Zivilisten, die seit Beginn der Aufstände 2011 stattgefunden haben, zu untersuchen."

Hier mehr Informationen: Civilians in al-Baydah and Banias exposed to summary executions

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