Haft erneut verlängert

Mahmoud Hussein trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "Nation ohne Folter", wurde festgenommen und gefoltert

Mahmoud Hussein trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "Nation ohne Folter", wurde festgenommen und gefoltert

Die Haftanordnung gegen den gewaltlosen politischen Gefangenen Mahmoud Hussein ist erneut um 45 Tage verlängert worden. Er befindet sich nun bereits länger als die nach ägyptischem Recht erlaubten zwei Jahre in Untersuchungshaft. Der 20-jährige Student war im Januar 2014 festgenommen worden, weil er ein T-Shirt mit dem Logo der Kampagne "Nation ohne Folter" und einen Schal mit dem Logo der "Revolution des 25. Januar" getragen hatte.

Appell an

STAATSANWALT
Nabil Sadek
Office of the Public Prosecutor
Madinat Al-Rihab
New Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441
E-Mail: p.spokesman@op.gov.eg
Twitter: @AlsisiOfficial

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil
Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg
Twitter: @MfaEgypt

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herr Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. März 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, TWITTERNACHRICHTEN UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, Mahmoud Mohamed Ahmed Hussein sofort und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der nur wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf Meinungsfreiheit festgehalten wird.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Mahmoud Mohamed Ahmed Hussein bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderweitiger Misshandlung geschützt ist.

  • Bitte ordnen Sie umgehend eine unabhängige und unparteiische Untersuchung seiner Foltervorwürfe an und bringen Sie die Verantwortlichen in einem fairen Verfahren vor Gericht, bei dem nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Egyptian authorities to release Mahmoud Mohamed Ahmed Hussein immediately, as he is a prisoner of conscience imprisoned solely for exercising his right to freedom of expression.

  • Calling on them to ensure that he is not tortured or otherwise ill-treated.

  • Urging them to order a prompt, independent and impartial investigation into his allegations of torture and ensure that those suspected of responsibility are brought to justice in a fair trial without resort to the death penalty.

Sachlage

Ein Kairoer Gericht verlängerte die Haftanordnung gegen Mahmoud Hussein am 7. Februar um weitere 45 Tage, wie seine Familie berichtet. Er befindet sich nun bereits länger als die erlaubte Höchstdauer von zwei Jahren in Untersuchungshaft. Nach ägyptischem Recht (Paragraf 143 der ägyptischen Strafprozessordnung) kann eine Person bis zu zwei Jahre in Untersuchungshaft festgehalten werden, wenn ihr Straftaten zur Last gelegt werden, die mit lebenslanger Haft oder der Todesstrafe geahndet werden können. Ist innerhalb dieser Zeit keine Anklageerhebung erfolgt, so schreibt das Gesetz die sofortige Freilassung des Untersuchungshäftlings vor. Mahmoud Hussein ist eine von mehr als 700 Personen, die sich in Ägypten bereits seit mehr als zwei Jahren ohne Anklageerhebung in Haft befinden.

14 ägyptische Menschenrechtsorganisationen haben am 9. Februar eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die Freilassung von Mahmoud Hussein fordern. In der Erklärung heißt es, dass die Rechtsbeistände des Studenten beim Obersten Justizrat, der höchsten Justizbehörde Ägyptens, Beschwerde gegen die Erneuerung der Haftanordnung vom 7. Februar eingereicht haben. Mahmoud Hussein wurde am 25. Januar 2014 festgenommen, weil er ein T-Shirt mit dem Logo der Kampagne "Nation ohne Folter" und einen Schal mit dem Logo der "Revolution des 25. Januar" trug. Er hat angegeben, unter Folter zu einem "Geständnis" gezwungen worden zu sein. Während des Verhörs soll ein Beamter der Nationalen Sicherheitsbehörde ihm unter anderem an den Hoden Elektroschocks versetzt haben. Darüber hinaus wurde er in Haft mehrfach geschlagen. Er wird derzeit im Tora-Gefängniskomplex in Kairo festgehalten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 25. Januar 2014, dem dritten Jahrestag der Aufstände in Ägypten, nahm Mahmoud Hussein an einer Demonstration gegen die Muslimbruderschaft und die Militärherrschaft im Zentrum Kairos teil. Bereits wenige Minuten nach Beginn der Demonstration begannen Sicherheitskräfte damit, die Protestierenden unter Einsatz von Tränengas auseinanderzutreiben. Einige versuchten in Richtung "Talaat-Harb-Straße" zu fliehen. Mahmoud Hussein machte sich in einem Bus auf den Weg nach Hause in den Bezirk El Marg im Nordosten Kairos.

Als der Bus dann an dem Polizei-Kontrollpunkt in El Marg angehalten wurde, nahmen Polizist_innen Mahmoud Hussein fest. Laut der Familie und dem Rechtsbeistand von Mahmoud Hussein soll dieser bei seiner Festnahme vergeblich nach dem Grund gefragt haben, wurde jedoch wiederholt von fünf Angehörigen der Polizei in Zivil geschlagen und an den Beinen zu einer kleinen Polizeistation in der Nähe geschleift. Dort schlugen die Sicherheitskräfte ca. weitere 30 Minuten auf Mahmoud Hussein ein. Anschließend brachte man ihn auf die Polizeiwache von El Marg, wo er bei seinem Eintreffen etwa eine Stunde lang von Sicherheitskräften mit Händen und Schlagstöcken geschlagen wurde, eine Praxis, die in ägyptischen Polizeistationen und Gefängnissen als "Willkommensparty" bezeichnet wird.

Später wurde Mahmoud Hussein laut seinem Rechtsbeistand zusammen mit ca. 50 Straftatverdächtigen in eine überfüllte Zelle der Polizeiwache gesperrt, die eigentlich für 16 Häftlinge vorgesehen ist. Dort wurde er – mutmaßlich nach der Aufforderung durch die Polizei – etwa drei Stunden lang von seinen Mitinsassen geschlagen und bedroht, bis man ihn für eine Befragung zu Angehörigen der Nationalen Sicherheitsbehörde auf die Polizeiwache brachte. Ein Angehöriger der Nationalen Sicherheitsbehörde teilte ihm mit, dass er ihm ein "Geständnis" diktieren und dieses filmen würde. Mahmoud Hussein weigerte sich jedoch, eine Straftat zu gestehen, die er nicht begangen hatte. Anschließend versetzte man ihm vier Stunden lang Schläge und Elektroschocks an Rücken, Händen und Hoden. Danach sagte Mahmoud Hussein dem Beamten, dass er alles "gestehen" würde, um die Folter zu beenden. Der Sicherheitsbeamte zeichnete ein Video auf, auf dem zu sehen ist, wie Mahmoud Hussein die konstruierten Vorwürfe "gestand". Mahmoud Hussein wird beschuldigt, einer verbotenen Gruppierung anzugehören, Molotowcocktails und Handgranaten zu besitzen, unerlaubt protestiert und für das Protestieren Geld erhalten zu haben.

Am 26. Januar 2014 wurde Mahmoud Hussein in das Büro der Staatsanwaltschaft der Nationalen Sicherheit gebracht, das mit der Untersuchung von Straftaten im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit betraut ist, und dort verhört. Mahmoud Hussein leugnete alle Anschuldigungen und erklärte, dass er gefoltert und zu einem "Geständnis" gezwungen wurde. Dennoch ordnete der Staatsanwalt weder gerichtsmedizinische Untersuchungen noch eine Untersuchung der Foltervorwürfe an. Mahmoud Hussein blieb sechs Tage auf der Polizeiwache von El Marg und wurde dann in das Abu-Zabaal-Gefängnis verlegt, wo er bei seiner Ankunft geschlagen wurde. Im Mai 2014 wurde er in das Kairoer Berufungsgefängnis verlegt, wo er erneut geschlagen wurde. Seit dem 25. Juli 2014 befindet er sich im Tora-Gefängniskomplex in Kairo. Seine Familie hat eigenen Angaben zufolge aufgrund der Folter und anderweitigen Misshandlungen Beschwerden bei der Staatsanwaltschaft eingelegt. Eine wirkliche Untersuchung der Foltervorwürfe wurde ihnen zufolge jedoch nicht durchgeführt.