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Deutschland/Hannover Messe: Kritik an Gastland Kanada wegen Pipelinebau

© Amnesty International
In Kanada, dem diesjährigen Gastland der Hannover Messe, kommt es im Zuge von fossilen Rohstoffprojekten immer wieder zu massiven Verletzungen der Rechte von Indigenen – dies kritisiert Amnesty International anlässlich der Eröffnung der Hannover Messe am kommenden Sonntag. Die Menschenrechtsorganisation plant eine Protestaktion zur Eröffnungsfeier.
Amnesty International kritisiert anlässlich der Eröffnung der Hannover Messe, dass in der kanadischen Provinz British Columbia die indigenen Landesverteidiger*innen der Wet’suwet’en Nation und ihre Verbündeten kriminalisiert werden. Weil sie sich mit friedlichen Mitteln gegen den Bau einer Flüssiggas-Pipeline gewehrt hatten, haben sie rassistische Diskriminierung erlebt sowie Einschüchterung, unrechtmäßige Überwachung und Gewalt. Amnesty International hatte deshalb im Juli 2024 einen zu Hausarrest verurteilten Landesverteidiger der Wet'suwet’en Nation als ersten gewaltlosen politischen Gefangenen Kanadas anerkannt.
Marianne Kersten, Expertin für Menschenrechtsverletzungen an Indigenen in Kanada bei Amnesty International in Deutschland, sagt: "Anlässlich der Hannover Messe fordern wir die Bundesregierung auf, ihren kanadischen Gesprächspartner*innen gegenüber darauf hinzuwirken, dass die Rechte indigener Völker, ebenso wie die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten und Umweltstandards, strikt eingehalten werden."
Der Bau der Flüssiggas-Pipeline ist das größte privatwirtschaftliche Infrastrukturprojekt und eine der größten Energieinvestitionen in der Geschichte Kanadas. Die Regierungen von Kanada und British Columbia unterstützen den Bau politisch und finanziell. Das Pipelineprojekt wird von der Firma Coastal GasLink durchgeführt, einer Tochtergesellschaft von TC Energy Corporation.
Auf der Grundlage einer einstweiligen Verfügung, sich von den Baustellen fernzuhalten, kam es auf dem angestammten Land der Wet’suwet’en Nation zwischen 2019 und 2023 zu vier groß angelegten Polizeirazzien. Mehr als 75 Landverteidiger*innen wurden bei ihren friedlichen Aktionen willkürlich festgenommen und vorübergehend inhaftiert.
Amnesty International wendet sich anlässlich der internationalen Industriemesse auch an die Regierungen von Kanada und British Columbia und fordert, Rohstoffprojekte auf indigenem Land so lange auszusetzen, bis die Betroffenen in angemessener Weise konsultiert wurden und ihre Zustimmung vorliegt.
Kersten sagt: "Kanada, insbesondere die Provinz British Columbia, muss sofort Schritte unternehmen, um die Kriminalisierung von indigenen Landverteidiger*innen zu stoppen. Niemand sollte eingeschüchtert, belästigt oder verhaftet, geschweige denn in einem Strafverfahren verurteilt werden, weil er seine verfassungsmäßig geschützten Rechte wahrnimmt und die Umwelt schützt.
Wir sind ermutigt, dass die rassistische und gewalttätige Behandlung von drei Landesverteidiger*innen während ihrer Verhaftung von richterlicher Seite deutlich verurteilt wurde. Wir sind aber weiter sehr besorgt über den systemischen Rassismus innerhalb der kanadischen Polizei."
Amnesty International kritisiert, dass das Bauvorhaben bisher ohne die Zustimmung der Hereditary Chiefs der Wet’suwet’en Nation erfolgt ist. Dieses Vorgehen verstößt gegen kanadische Gesetze und internationale Menschenrechtsstandards, einschließlich der UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker, die von den Regierungen Kanadas und British Columbia in kanadisches Recht umgesetzt wurde.
Hintergrund
Bei der Polizeirazzia im November 2021 waren Sleydo' (Molly Wickham), Shaylynn Sampson und Corey "Jayochee" Jocko von der kanadischen Polizei (Royal Canadian Mounted Police, RCMP) und ihrer Spezialeinheit Critical Response Unit (CRU) festgenommen und mehrere Tage inhaftiert worden. Wegen der Missachtung einer einstweiligen Verfügung wurden sie im Januar 2024 schuldig gesprochen. Daraufhin haben sie geklagt – wegen rassistischer Diskriminierung und übermäßiger Gewalt durch die Polizei während ihrer Verhaftung.
Zwar stellte der zuständige Richter im Februar dieses Jahres fest, dass Grundrechte der kanadischen Charter of Rights and Freedoms bei den Festnahmen durch die Polizei verletzt wurden, doch er hob die Schuldsprüche gegen die drei Landesverteidiger*innen nicht auf. Er kündigte zwar an, eine Strafminderung in Betracht zu ziehen, trotzdem drohen den Betroffenen Freiheitsstrafen.
Im Fall ihrer Verurteilung zu Gefängnis oder Hausarrest erwägt Amnesty International, die Landesverteidiger*innen zu gewaltlosen politischen Gefangenen zu erklären. Die Menschenrechtsorganisation hatte bereits im vergangenen Jahr Chief Dsta'hyl der Wet’suwet’en Nation zum ersten gewaltlosen politischen Gefangenen Kanadas erklärt, nachdem ihn das Gericht wegen strafbarer Missachtung der einstweiligen Verfügung zu 60 Tagen Hausarrest verurteilt hatte.
Der Amnesty-Bericht "'Removed from our land for defending it’: Criminalization, Intimidation and Harassment of Wet’suwet’en Land Defenders" von 2023 basiert zum Teil auf Zeug*innenaussagen der Polizei-Razzien auf Wet’suwet’en Land.
Terminhinweis
Amnesty International wird am 30. März zur Eröffnungsfeier der Hannover Messe ab 16:00 Uhr zusammen mit Greenpeace vor dem Hannover Congress Centrum (HCC), Theodor-Heuss-Platz, 30175 Hannover, protestieren. Die Menschenrechtsorganisation wird dort mit Transparenten auf die Situation der Wet’suwet’en Nation und ihrer Verbündeten aufmerksam machen.