83-jähriger Häftling muss medizinisch versorgt werden

Zeichnung eines langen dunklen Gangs in einem Gefängnis mit Zellentüren auf der linken und rechten Seite.

In Saudi-Arabien werden kritische Stimmen unter anderem mit Inhaftierungen zum Schweigen gebracht.

Der Gesundheitszustand des 83-jährigen Palästinensers Dr. Mohammed al-Khudari verschlechtert sich zunehmend. Er ist unter miserablen Bedingungen in Saudi-Arabien inhaftiert und hat keinen Zugang zu angemessener medizinischer Behandlung. Dr. Mohammed al-Khudari hatte sich gerade einer Operation unterzogen und wurde wegen Prostatakrebs behandelt, als die saudischen Behörden ihn und seinen Sohn Dr. Hani al-Khudari am 4. April 2019 willkürlich festnahmen. Ein Jahr später wurde im Rahmen eines Massenverfahrens vor dem saudi-arabischen Sonderstrafgericht der Prozess gegen die beiden eröffnet. Dieser ist von schwerwiegenden Verstößen gegen ein ordnungsgemäßes Verfahren geprägt – unter anderem wurde den Angeklagten während des gesamten Verfahrens der Zugang zu Rechtsbeiständen verweigert.

Appell an

His Majesty King Salman bin Abdul Aziz Al Saud

The Custodian of the two Holy Mosques

Office of His Majesty the King

Royal Court, Riyadh

SAUDI-ARABIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien

Herrn Essam Ibrahim H. Baitalmal

Außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter


Tiergartenstr. 33-34

10785 Berlin

Fax: 030-8892 5176


E-Mail: deemb@mofa.gov.sa

 

Amnesty fordert:

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass die haltlosen Anklagen gegen Dr. Mohammed al-Khudari und Dr. Hani al-Khudari fallengelassen werden und beide Männer freikommen.
  • Stellen Sie in der Zwischenzeit sicher, dass beide Männer regelmäßigen Zugang zu ihren Rechtsbeiständen erhalten.
  • Sorgen Sie angesichts der Covid-19-Pandemie und der gesundheitlichen Probleme von Dr. Mohammed al-Khudari zudem dafür, dass er bis zu seiner Freilassung umgehend in ein Krankenhaus verlegt wird, in dem er Zugang zu der dringend von ihm benötigten angemessenen medizinischen Versorgung erhält.

Sachlage

Der 83-jährige Palästinenser Dr. Mohammed al-Khudari muss dringend medizinisch behandelt werden. Als er am 4. April 2019 festgenommen wurde, hatte er gerade eine Krebsbehandlung begonnen und sein Gesundheitszustand im Gefängnis von Abha in Saudi-Arabien verschlechtert sich zunehmend. Die Sorge um ihn wird durch die Corona-Pandemie noch verstärkt, da ältere Inhaftierte und Personen mit Vorerkrankungen besonders infektionsgefährdet sind. Seit Anfang 2021 kann Dr. Mohammed al-Khudari seine rechte Hand nur noch eingeschränkt bewegen. Er trägt einen Blasenkatheter, der regelmäßig kontrolliert und neu verbunden werden muss, zudem hat er einige seiner Zähne verloren. Insbesondere beim Essen ist er nun auf Unterstützung von seinem Sohn angewiesen, der im selben Gefängnis inhaftiert ist.

Im November 2020 waren Dr. Mohammed al-Khudari und sein Sohn in das Gefängnis von Abha verlegt worden, in dem es sowohl an medizinischem Fachpersonal als auch an der von Dr. Mohammed al-Khudari benötigten Standardversorgung fehlt. Obwohl ihm der Zugang zu medizinischer Versorgung im Gefängnis grundsätzlich gestattet wurde, durfte er zur Durchführung von Untersuchungen und zur Beurteilung der Tumorgröße keine Fachärzt_innen konsultieren. Das letzte Mal hatte er vor drei Monaten im Dhahban-Gefängnis nahe Dschidda Zugang zu Fachärzt_innen.

Am 8. März 2020 wurden die beiden Männer im Rahmen eines Massenprozesses gegen 68 Personen wegen "Beitritt zu einer terroristischen Gruppe" – womit offenbar die Hamas gemeint ist – vor dem saudi-arabischen Sonderstrafgericht (Specialized Criminal Court – SCC) angeklagt. Dr. Mohammed al-Khudari wird zudem beschuldigt, mehrere Führungspositionen innerhalb der Gruppe besetzt zu haben. Der Prozess wurde durch zahlreiche schwerwiegende Verletzungen des Rechts der Angeklagten auf ein ordnungsgemäßes Verfahren beeinträchtigt, einschließlich des Verschwindenlassens, willkürlicher Festnahmen und Inhaftierungen, Haft ohne Kontakt zur Außenwelt sowie Einzelhaft.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Dr. Mohammad al-Khudari musste sich zwei Wochen vor seiner Festnahme am 4. April 2020 operieren lassen und hatte gerade eine Krebsbehandlung begonnen, die auch Bestrahlungen umfasste. In von seiner Familie bereitgestellten Arztberichten heißt es, dass er regelmäßig acht verschiedene Medikamente einnehmen muss. Zwar hat Dr. Mohammed al-Khudari im Gefängnis Zugang zu medizinischer Versorgung, doch seine Familie befürchtet, dass er nicht angemessen behandelt wird. Die Festnahme und Inhaftierung der beiden palästinensischen Männer ist Teil eines Musters, nach dem die saudischen Behörden gegen palästinensische, jordanische und saudi-arabische Staatsangehörige im Land vorgehen, die mutmaßliche Verbindungen zur Hamas aufweisen.

Dr. Mohammed al-Khudari und Dr. Hani al-Khudari waren am 4. April 2019 willkürlich festgenommen worden und befanden sich bis zum 8. März 2020 ohne Anklage in Haft. Beide Männer fielen nach ihrer Festnahme einen Monat lang dem Verschwindenlassen zum Opfer und wurden danach zwei Monate lang ohne Kontakt zur Außenwelt in Einzelhaft festgehalten. Zudem wurden sie hinter verschlossenen Türen und ohne die Anwesenheit oder Einbindung ihrer Rechtsbeistände verhört. Ihre Behandlung und die Haftbedingungen stellten für beide Männer, insbesondere für Dr. Mohammed al-Khudari, eine erhebliche psychische Belastung dar. Die Verweigerung des Zugangs zu angemessener medizinischer Versorgung führte außerdem zu einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustands von Dr. Mohammed al-Khudari. Eine derartige Behandlung kommt Folter und anderen Misshandlungen gleich, was völkerrechtlich verboten ist.

Amnesty International hat dokumentiert, wie die saudi-arabischen Behörden seit 2011 regelmäßig das Sonderstrafgericht anrufen, um Andersdenkende systematisch zum Schweigen zu bringen. Es haben zahlreiche Prozesse stattgefunden, die weit hinter den internationalen Standards für faire Verfahren zurückbleiben und in denen Angeklagte zu bis zu 30 Jahren Haft und in einigen Fällen zum Tode verurteilt wurden. Grundlage waren vage formulierte Bestimmungen des Antiterrorgesetzes und des Gesetzes zur Bekämpfung von Internetkriminalität.