83-jähriger Häftling in Lebensgefahr

Ein Mann im Anzug lächelt in die Kamera und sitzt an einem Tisch auf dem eine Getränkedose steht.

Der pensionierte palästinensische Politiker und Arzt Dr. Mohammed al-Khudari

Der Gesundheitszustand des 83-jährigen Dr. Mohammed al-Khudari verschlechtert sich stetig. Am 8. August wurden er und sein Sohn Dr. Hani al-Khudari zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Verurteilung fand im Rahmen eines Massenverfahrens des Sonderstrafgerichts in Riad unter schweren Verstößen der verfahrensrechtlichen Garantien statt, beispielsweise gab es keinen Zugang zu Rechtsbeiständen. Dr. Mohammed al-Khudari erhält keine angemessene medizinische Behandlung für seine Krebserkrankung. Die Anklagen gegen beide Männer müssen fallen gelassen und sie müssen auf freien Fuß gesetzt werden. In der Zwischenzeit müssen sie umgehend Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung erhalten.

Appell an

His Majesty King Salman bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh
SAUDI-ARABIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien
S.E. Herrn Essam Ibrahim H. Baitalmal

Tiergartenstr. 33-34, 10785 Berlin
Fax: 030-8892 5176

E-Mail: deemb@mofa.gov.sa

Amnesty fordert:

  • Wir fordern Ihre Majestät höflich auf, sicherzustellen, dass Dr. Mohammed al-Khudari umgehend in ein Krankenhaus verlegt wird, wo er die dringend benötigte spezialisierte medizinische Versorgung erhält.

Sorgen Sie bitte dafür, dass die haltlosen Anklagen gegen Dr. Mohammed al-Khudari und Dr. Hani al-Khudari fallengelassen werden und beide Männer freikommen.

Sachlage

Der Gesundheitszustand des inhaftierten Dr. Mohammed al-Khudari verschlechtert sich rasant. Er wird in Riad, der saudischen Hauptstadt festgehalten und die Gefängnisbehörden verweigern ihm weiterhin die dringend benötigte spezialisierte medizinische Versorgung für seine Krebserkrankung. Am 8. August hat das Sonderstrafgericht (SCC) den palästinensischen Politiker im Ruhestand zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, wobei die Hälfte der Strafe wegen seines Alters erlassen wurde. Vor ihm liegen also noch 7,5 Jahre Haft. Er wurde in einem Massenverfahren mit insgesamt 68 Menschen, darunter auch sein Sohn Dr. Hani al-Khudari, verurteilt. Beiden Männern wird vorgeworfen, "einer terroristischen Gruppe" beigetreten zu sein, womit offenbar die Hamas gemeint ist. Das Massenverfahren verletzte zahlreiche Verfahrensrechte, unter anderem durch Verschwindenlassen, willkürliche Festnahmen, Inhaftierungen ohne Kontakt zur Außenwelt und Einzelhaft.

Dr. Mohammed al-Khudari leidet an Prostatakrebs. Seit einem Jahr durfte er sich nicht fachärztlich untersuchen lassen, weshalb sich sein Zustand weiterhin verschlechtert. Er hat durch die schlechten Schlafbedingungen in seiner Zelle einen Mobilitätsverlust in seinem rechten Arm erlitten und sein Hörvermögen hat um die Hälfte nachgelassen. Außerdem hat er Zahnprobleme auf der linken Seite und schon einige Zähne verloren. Dadurch hat er Schwierigkeiten zu essen und hat erheblich an Gewicht verloren. Kürzlich haben seine Familienangehörigen Amnesty International berichtet, dass er auch unter Inkontinenz, Bandscheibenvorfällen, Knieschmerzen, Knochenschwäche und allgemeiner Gebrechlichkeit leidet. "Ich habe ihn noch nie in so einem Zustand gesehen. Er ist physisch und psychisch erschöpft", sagte ein Familienmitglied gegenüber Amnesty International. Trotz der lebensbedrohlichen Situation und obwohl er mehrfach in ein Krankenhaus eingeliefert wurde, erhielt Dr. Mohammed al-Khudari weder Zugang zu onkologischer noch zu zahnärztlicher Behandlung. Auch Dr. Hani al-Khudari, der an Blutarmut und Nierensteinen leidet, wurde eine angemessene medizinische Versorgung verweigert. Beide Männer haben sich zudem im Gefängnis mit Covid-19 infiziert. In Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters und seines sich stark verschlechternden Gesundheitszustands hat Dr. Mohammed al-Khudari mehrere Anträge gestellt, seine Haftstrafe unter Hausarrest verbüßen zu dürfen, aber die saudischen Behörden haben bisher nicht darauf reagiert.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Dr. Mohammed al-Khudari und Dr. Hani al-Khudari waren am 4. April 2019 willkürlich festgenommen worden und befanden sich bis zum 8. März 2020 ohne Anklage in Haft. Sie fielen dem Verschwindenlassen zum Opfer und wurden ohne Kontakt zur Außenwelt in Einzelhaft gehalten. Darüber hinaus wurden sie hinter verschlossenen Türen und in Abwesenheit ihrer Rechtsbeistände verhört. Am 8. März 2020 wurden beide Männer im Rahmen eines Massenverfahrens von 68 Personen angeklagt, "einer terroristischen Gruppe" beigetreten zu sein, womit offenbar die Hamas gemeint ist. Dr. Mohammed al-Khudari wird zudem beschuldigt, mehrere Führungspositionen innerhalb der Gruppe innegehabt zu haben. Im November 2020 wurden sie in das Abha-Gefängnis verlegt, in dem es an Fachärzten und der notwendigen Standardversorgung fehlt.

Ihre Behandlung und die Haftbedingungen setzten beide Männer großem psychischem Stress aus. Der Gesundheitszustand von Dr. Mohammad al-Khudari hat sich aufgrund der unzulänglichen medizinischen Behandlung weiter verschlechtert. Eine derartige Behandlung kommt Folter und anderen Misshandlungen gleich, was völkerrechtlich verboten ist. Darüber hinaus wird beiden Männern weiterhin der regelmäßige Kontakt zu ihrer Familie verwehrt, da die Gefängnisbehörden ihren wöchentlichen Anruf oder monatlichen Familienbesuch ohne Erklärung einfach absagen können.

Die Festnahme und Inhaftierung der beiden palästinensischen Männer ist Teil eines Musters, nach dem die saudischen Behörden gegen palästinensische, jordanische und saudi-arabische Staatsangehörige vorgehen, die mutmaßliche Verbindungen zur Hamas aufweisen.

Amnesty International hat dokumentiert, wie die saudi-arabischen Behörden seit 2011 regelmäßig das Sonderstrafgericht anrufen, um Andersdenkende systematisch zum Schweigen zu bringen. Es haben zahlreiche Prozesse stattgefunden, die weit hinter den internationalen Standards für faire Verfahren zurückbleiben und in denen Angeklagte zu bis zu 30 Jahren Haft und in einigen Fällen zum Tode verurteilt wurden. Grundlage waren vage formulierte Bestimmungen des Antiterrorgesetzes und des Gesetzes zur Bekämpfung von Internetkriminalität.