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Ägypten: Neue konstruierte Anklagen
Der ägyptische Student Oqba Hashad (undatiertes Foto)
© privat
Trotz eines Gerichtsbeschlusses vom Februar, der seine Freilassung anordnete, halten die ägyptischen Behörden Oqba Hashad, der sich seit fast fünf Jahren in Untersuchungshaft befindet, weiterhin willkürlich fest. Statt ihn freizulassen, ließen ihn die Sicherheitskräfte am 22. Februar verschwinden, bis die Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit am 2. März 2024 seine Untersuchungshaft erneut unter dem Vorwand verlängerte, sie ermittele in einem neuen Fall gegen ihn. Dieses Vorgehen wird gemeinhin als "Rotation" bezeichnet. Oqba Hashad wird weiterhin im 10. Ramadan-Gefängnis festgehalten. Die Behörden verweigern ihm immer noch die Beinprothese, die er benötigt, um ohne fremde Hilfe gehen zu können. Oqba Hashad wird ausschließlich wegen des Menschenrechtsengagements seines Bruders in Haft gehalten.
Sende auf X den Tweet "Release Oqba Hashad immediately" an: @EgyptianPPO
Appell an
Public Prosecutor
Mohamed Shawky Ayyad
Office of the Public Prosecutor
Madinat al-Rehab
Cairo
ÄGYPTEN
Sende eine Kopie an
X (früher Twitter): @EgyptianPPO
Botschaft der Arabischen Republik Ägypten
S. E. Herrn Khaled Galal Abdelhamid
Stauffenbergstraße 6–7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de
Amnesty fordert:
- Bitte lassen Sie Oqba Hashad umgehend und bedingungslos frei und alle Anklagen gegen ihn fallen, da er sich ausschließlich wegen des Aktivismus seines Bruders in Haft befindet.
- Bis zu seiner Freilassung muss er eine passende Beinprothese erhalten. Außerdem muss ihm umgehend Zugang zu seiner Familie, seinen Rechtsbeiständen und jeder benötigten medizinischen Versorgung – auch außerhalb des Gefängnisses – gewährt werden. Seine Haftbedingungen müssen überdies den internationalen Standards zur Behandlung von Gefangenen genügen.
Sachlage
Der 26-jährige Student Oqba Hashad befindet sich bereits seit dem 20. Mai 2019 willkürlich und ohne Gerichtsverfahren allein wegen des Aktivismus seines Bruders in Haft. Nachdem ein Gericht am 20. Februar 2024 seine Freilassung mit der Begründung angeordnet hatte, dass seine Untersuchungshaft in der Rechtssache Nr. 7769/2019 der Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit (SSSP) die Zweijahresfrist nach ägyptischem Recht überschritten hatte, ordnete die SSSP seine Untersuchungshaft in einer neuen Verfahren mit der Nr. 3391/2023 wegen ähnlicher fingierter Anschuldigungen an: Er habe sich einer terroristischen Vereinigung angeschlossen und diese finanziert. Diese Praxis, die gemeinhin als "Rotation" bezeichnet wird, verlängert seine Untersuchungshaft auf unbestimmte Zeit, weit über die im ägyptischen Recht vorgesehene Zweijahresfrist hinaus. Nach seiner Verlegung aus dem Gefängnis von Wadi al-Natroun in die Polizeiwache von Ashmoun am 22. Februar in Vorbereitung auf seine Freilassung ließen ihn die Sicherheitskräfte verschwinden, bis sie ihn am 2. März ohne einen Rechtsbeistand seiner Wahl zur Anhörung vor dem SSSP brachten. Während dieser Zeit wurde Oqba Hashad jeglicher Kontakt zu seiner Familie und seinem Rechtsbeistand verweigert.
Oqba Hashads rechtes Bein ist oberhalb des Knies amputiert und er benötigt eine Beinprothese, um sich ohne fremde Hilfe bewegen zu können. Als seine Angehörigen ihn am 14. März im 10. Ramadan-Gefängnis besuchten, erzählte er ihnen, dass er seine Beinprothese bei seiner Verlegung aus dem Gefängnis Wadi al-Natroun nicht mitnehmen durfte. Er sei in der Zentrale der Staatssicherheit in Shebin Al-Kom im Gouvernement Monufia festgehalten und der Abteilung für Innere Sicherheit (NSA) befragt worden. Er sagte, er habe sich beim Staatsanwalt offiziell über sein Verschwindenlassen und seine ungerechtfertigte fünfjährige Inhaftierung allein wegen des Menschenrechtsengagements seines Bruders beschwert und fügte hinzu, dass der Staatsanwalt keine Ermittlungen zu seinen Vorwürfen anordnete und ihn stattdessen beschimpfte. Die Strafvollzugsbehörden verweigern Oqba Hashad weiterhin die notwendige Beinprothese.
Hintergrundinformation
Oqba Hashad ist seit vier Jahren und neun Monaten willkürlich und ohne Gerichtsverfahren inhaftiert, und zwar ausschließlich wegen des Menschenrechtsengagements seines Bruders Amr Hashad, eines Menschenrechtsaktivisten, der Ägypten 2019 verlassen hat. Die Gefängnisbehörden hatten Oqba Hashad mehrfach, zuletzt im Oktober 2023, über die Menschenrechtsarbeit seines Bruders und dessen Kontakt zu seiner Familie in Ägypten verhört. Sie fragten ihn auch, ob er seinem Bruder Informationen über seine Haftbedingungen gegeben habe. Sein Bruder Amr Hashad war 2014 im Zusammenhang mit seinem Engagement in der Studierendenvereinigung der Universität Assiut festgenommen worden. Anschließend verurteilte ein Gericht Amr Hashad zu drei Jahren Gefängnis, nachdem es ihn der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, des versuchten Umsturzes der Regierung und der Anstiftung zu Protesten schuldig gesprochen hatte. Aus dem Exil heraus dokumentierte Amr Hashad weiterhin Menschenrechtsverletzungen in Ägypten. Auch seine Mutter wurde bei einem Besuch des Gefängnisses Shebin Al-Kom, in dem Oqba Hashad damals inhaftiert war, neun Stunden lang festgehalten und verhört. Dabei ging es um einen Facebook-Post, in dem Amr Hashad im Dezember 2020 thematisiert hatte, dass seinem Bruder der Zugang zu seiner Beinprothese verwehrt wurde und die Familie wiederholt Unrecht erlitt.
Die Gefängnisbehörden verweigern Oqba Hashad seit August 2022 unter Verletzung des absoluten Verbots von Folter und anderen Misshandlungen den Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung und einer Beinprothese, was ihm schwere körperliche und psychische Schmerzen und Leiden verursacht, unter anderem weil er dadurch bei seinen grundlegendsten Bedürfnissen auf die Hilfe anderer Gefangener angewiesen ist. Am 9. Januar 2024 wurde Oqba Hashad ohne Rollstuhl und auf einem Bein hüpfend zum Gericht gebracht und musste vor dem Richter auf den Boden sitzen. Die Gefängnisbehörden weigern sich außerdem, ihm eine fachärztliche Versorgung zu gewähren, die im Gefängnis nicht zur Verfügung steht, was nach Angaben unabhängiger Ärzt*innen, die von seinen Angehörigen konsultiert wurden, dauerhafte und irreversible Schädigungen seiner Wirbelsäule befürchten lässt. Außerdem leidet er unter starken Rückenschmerzen, da er im Gefängnis von Wadi al-Natroun gezwungen war, auf dem Boden zu schlafen. Oqba Hashad befindet sich derzeit im 10. Ramadan-Gefängnis in Haft. Er wurde dorthin überstellt, nachdem er in einem neuen Verfahren mit der Nr. 3391/2023 vor der Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit (SSSP) erschienen war. Als seine Familie ihn besuchte, sagte er ihnen, dass die Bedingungen im Gefängnis des 10. Ramadan besser seien, ohne Einzelheiten zu nennen.
Als Vertragsstaat des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen muss Ägypten seinen Verpflichtungen nachkommen und sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen, wenn ihnen die Freiheit entzogen wird, gleichberechtigt mit anderen Anspruch auf Garantien im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen haben und ihnen speziell aufgrund ihrer Behinderungen angemessene Unterkünfte und Gesundheitsdienste zur Verfügung gestellt werden.
Am 4. Januar 2024 erhielt Oqba Hashad nach wiederholten Bitten seiner Familie sowie der Mobilisierung von Unterstützer*innen eine neue Beinprothese, da die vorherige im August 2022 gebrochen war. Sie war jedoch unbrauchbar, da sie die Größe 40 hat, während er Größe 45 benötigt. Einem unabhängigen medizinischen Bericht zufolge, der von Amnesty geprüft wurde, könnte die Verwendung einer nicht passenden Prothese zu weiteren gesundheitlichen Komplikationen führen, wie Problemen mit der Wirbelsäule und der Mobilität sowie zu Hautreizungen und Narbenbildung. Die Strafvollzugsbehörden haben noch nicht auf ein Ersuchen reagiert, das die Familie von Oqba Hashad bereits am 10. Januar bei der Staatsanwaltschaft eingereicht hatte, um zu erwirken, dass ein*e Ärzt*in ihn besucht und Maße für eine geeignete Beinprothese nimmt. Die Gefängnisbehörden in Wadi al-Natroun verweigerten ihm auch die Medikamente und Antiseptika, die er für die Pflege seines Stumpfes benötigt.
Fortsetzung auf Englisch
In May 2019, NSA agents stormed his student residence at the University of Sadat City, in Menoufia governorate, and arrested everyone without a warrant. All other students were released within days, except for Oqba Hashad. Following his arbitrary arrest, security forces forcibly disappeared him for 77 days and subjected him to torture and other ill-treatment, including suspension by his arms from the ceiling, and electric shocks on his genitals and stump of his leg. On 1 August 2019, a prosecutor ordered his pre-trial detention pending investigations into charges of "joining a group formed against the rule of law" and "participating in demonstrations to overthrow the regime". His pretrial detention, which has long exceeded the two-year limit permitted under Egyptian law, has been extended.
On 7 August 2022, relatives of Oqba Hashad’s cellmate, who had visited the Wadi al-Natroun prison that day, called his family to inform them that his prosthetic leg broke. His family rushed to the prison to collect the broken prosthetic leg, and took it for repairs at a specialised clinic, where a doctor and an engineer told them that a replacement was needed. The family did not have the financial means to replace it, and therefore sought to repair it instead. On 9 August 2022, when his relatives returned to the prison with the prosthetic leg, the prison authorities insisted on carrying out a thorough inspection, attempted to dismantle it and informed the family that they would submit it for further inspections.