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Ägypten: Menschenrechtsanwältin muss freigelassen werden!
Die ägyptische Menschenrechtsanwältin Hoda Abdelmoniem (Archivaufnahme)
© Privat
Die Menschenrechtsanwältin Hoda Abdelmoniem ist seit mehr als sechs Jahren willkürlich inhaftiert. In dieser Zeit hat sich ihre Gesundheit immer weiter verschlechtert. Am 28. August 2024 teilte die 65-Jährige ihrer Familie bei einem Gefängnisbesuch mit, dass bei ihr Diabetes diagnostiziert wurde. Hoda Abdelmoniem hätte bereits am 31. Oktober 2023 nach Verbüßung einer ungerechtfertigten fünfjährigen Haftstrafe freigelassen werden sollen. Stattdessen ordnete die Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit (SSSP) erneut Untersuchungshaft an und leitete wieder Ermittlungen wegen fingierter Terrorismusvorwürfe gegen sie ein.
Setzt euch für Hoda Abdelmoniem ein!
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Appell an
President Abdelfattah al-Sisi
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo
ÄGYPTEN
Sende eine Kopie an
Botschaft der Arabischen Republik Ägypten
Frau Youmna Abdelfattah Mohamed Osman
Stauffenbergstraße 6 – 7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de oder
secretariat@egyptian-embassy.de
Amnesty fordert:
- Sorgen Sie bitte dafür, dass Hoda Abdelmoniem umgehend und bedingungslos freigelassen und alle Anklagen gegen sie fallen gelassen werden, da sie lediglich wegen der friedlichen Ausübung ihrer Menschenrechte strafrechtlich verfolgt wird.
- Stellen Sie zudem sicher, dass sie sich bis zu ihrer Freilassung regelmäßig mit ihrem Rechtsbeistand und ihrer Familie treffen kann und sie Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung erhält, wenn nötig auch außerhalb des Gefängnisses.
Sachlage
Die Menschenrechtsanwältin Hoda Abdelmoniem wird seit mehr als sechs Jahren aufgrund ihrer Menschenrechtsarbeit willkürlich in Haft gehalten. Am 31. Oktober 2023 hätte sie nach Verbüßung einer ungerechtfertigten fünfjährigen Freiheitsstrafe freigelassen werden sollen, zu der sie in einem äußerst unfairen Prozess vor einem Staatssicherheitsgericht (EESC) wegen Terrorismusvorwürfen und anderer konstruierter Anklagen verurteilt worden war. Stattdessen wurde sie an diesem Tag einem Staatsanwalt der Staatssicherheit (SSSP) vorgeführt, der sie im Zusammenhang mit einem separaten Fall (Nr. 730 aus dem Jahr 2020) verhörte und anordnete, sie in Untersuchungshaft zu nehmen. Seitdem wurde ihre Untersuchungshaft immer wieder verlängert, ohne dass sie die Möglichkeit hatte, die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung wirksam anzufechten. Die letzte Verlängerung (um 45 Tage) erfolgte am 5. November in einer Online-Anhörung.
Hoda Abdelmoniem wird zusammen mit einer weiteren Person in einer Zelle im Gefängnis in der Stadt Al-Ashir min Ramadān festgehalten und darf sich nur sechsmal pro Woche jeweils eine Stunde lang außerhalb ihrer Zelle in einem Korridor ohne Sonneneinstrahlung bewegen. Da sie sich nicht zur gleichen Zeit wie andere Inhaftierte außerhalb ihrer Zelle aufhalten darf, wird ihr der Austausch mit anderen vorenthalten, was zu ihrer Isolation führt. Während anderen Gefangenen monatliche Besuche gestattet werden, konnten Hoda Abdelmoniems Angehörige sie im Jahr 2024 nur sechsmal besuchen; dreimal wurde ihnen der Zugang verweigert. Am 28. August 2024 teilte die Menschenrechtsanwältin ihrer Familie mit, dass bei ihr Diabetes diagnostiziert wurde und sie von der Gefängnisklinik mit Medikamenten versorgt werde. Ihre Familie hat sie zuletzt am 9. Oktober 2024 gesehen und festgestellt, dass sie aufgrund der notwendigen Ernährungsumstellung an Gewicht verloren hatte. Während des Besuchs bat Hoda Abdelmoniem ihre Angehörigen, wegen ihrer Diabetes- und Nierenerkrankung mit einem externen Arzt zu sprechen. Doch die Gefängnisbehörden geben diesen nach wie vor keinen Einblick in ihre Krankenakte und weigern sich, die Menschenrechtsanwältin für eine fachärztliche Behandlung in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses zu verlegen.
Hoda Abdelmoniems Gesundheitszustand hat sich während ihrer Inhaftierung immer weiter verschlechtert. Sie hat eine Nervenentzündung (periphere Neuropathie) entwickelt, die ihr starke Schmerzen, Taubheit und das Gefühl elektrischer Ströme in verschiedenen Teilen ihres Körpers verursacht. Zudem hat sie sich eine Ohrenentzündung zugezogen, die ihren Gleichgewichtssinn und ihr Sehvermögen beeinträchtigt. Sie leidet außerdem an weiteren Krankheiten, darunter ein Herzleiden, eine Nierenerkrankung, eine arterielle Thrombose und hoher Blutdruck.
Hintergrundinformation
Am 1. November 2018 um 1:30 Uhr morgens drangen Sicherheitskräfte unbefugt in die Wohnung von Hoda Abdelmoniem in Kairo ein und durchsuchten sie. Danach wurde sie drei Wochen lang Opfer des Verschwindenlassens, bis sie zum Verhör vor die Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit (SSSP) gebracht wurde. Anschließend brachte man sie wieder an einen unbekannten Ort. Am 24. und 28. November 2018 fanden im SSSP-Büro Treffen zwischen Hoda Abdelmoniem und ihrer Familie statt. Vom 2. Dezember 2018 bis zum 14. Januar 2019 wussten ihre Angehörigen und Rechtsbeistände jedoch wieder nichts über ihr Schicksal und ihren Verbleib. Am 1. November 2018, dem Tag der Festnahme von Hoda Abdelmoniem, begannen die ägyptischen Behörden eine Serie von Durchsuchungen und nahmen mindestens 31 Menschenrechtsverteidiger*innen fest – zehn Frauen und 21 Männer. Die Menschenrechtsorganisation ECRF, die das Verschwindenlassen von Personen und die zunehmende Anwendung der Todesstrafe dokumentiert sowie Opfern von Menschenrechtsverletzungen Rechtshilfe leistet, ist vom harten Vorgehen der Behörden besonders betroffen, da viele ihrer Mitglieder festgenommen wurden. In einer am 1. November 2018 veröffentlichten Erklärung kündigte die ECRF die Aussetzung ihrer Menschenrechtsarbeit an. Die Organisation bezeichnete die Situation in Ägypten als unvereinbar mit jeglicher Form der Menschenrechtsarbeit und forderte den UN-Menschenrechtsrat auf, einzuschreiten.
Am 30. November 2020 erfuhr ihre Familie von Verwandten anderer Gefangener, dass Hoda Abdelmoniem wegen starker Schmerzen zunächst auf die Krankenstation des Gefängnisses gebracht und dann in ein externes Krankenhaus eingeliefert worden war. Ihre Familienangehörigen haben keinen Zugang zu ihrer Krankenakte und haben daher keine konkreten Informationen über den Gesundheitszustand der Menschenrechtsanwältin. Von den Familien anderer Insass*innen haben sie jedoch erfahren, dass eine Niere von Hoda Abdelmoniem versagt habe und die andere Niere nur noch schlecht arbeite. Am 1. Dezember 2020 erklärte hingegen das Innenministerium, dass Hoda Abdelmoniem angemessen medizinisch versorgt worden sei und sie keine schweren gesundheitlichen Probleme habe. Bei einer Gerichtsanhörung am 11. Oktober 2021 sagte Hoda Abdelmoniem den Richter*innen, dass ihr im Gefängnis eine Herzkatheteruntersuchung verschrieben wurde und dass eine*r der Mediziner*innen ihre Freilassung aus medizinischen Gründen beantragt habe.
Am 23. August 2021 wurde Hoda Abdelmoniem zusammen mit dem Menschenrechtsverteidiger und Gründer der ECRF, Ezzat Ghoniem, mit Aisha al-Shater, der Tochter von Shairat al-Shater, einem führenden Mitglied der Muslimbruderschaft, und dem Rechtsanwalt Mohamed Abu Horira sowie 27 weiteren Angeklagten vor ein Notstandsgericht (ESSC) gestellt. Die Vorwürfe gegen sie lauteten unter anderem "Mitgliedschaft in einer terroristischen Gruppe" (der Muslimbruderschaft), "Verbreitung von Falschnachrichten" über Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte über eine Facebook-Seite, "Finanzierung einer terroristischen Vereinigung" und Besitz von Flugblättern zur Förderung der Ziele dieser terroristischen Vereinigung. Am 5. März 2023 verurteilte ein Notstandsgericht 30 Angeklagte zu Haftstrafen zwischen fünf Jahren und lebenslänglich. Eine Angeklagte wurde freigesprochen. Das Gericht entschied außerdem, die 30 verurteilten Angeklagten auf die "Terrorismusliste" zu setzen, was zur Folge hat, dass ihre Vermögenswerte eingefroren werden, sie Reiseverboten unterliegen, und sie noch fünf Jahre nach ihrer Entlassung unter Bewährung stehen. Hoda Abdelmoniem wurde wegen Mitgliedschaft, Finanzierung und Unterstützung einer "terroristischen Vereinigung" und anderer fingierter Anschuldigungen im Zusammenhang mit ihrer Menschenrechtsarbeit zu fünf Jahren Haft verurteilt und auf die "Terrorismusliste" gesetzt. Ihr wie auch den anderen 30 Angeklagten wurde das Recht auf eine angemessene Verteidigung, das Recht, sich nicht selbst zu belasten, und das Recht auf eine echte Überprüfung durch ein höheres Gericht verweigert. Vor Notstandsgerichten verhängte Urteile sind nicht anfechtbar. Nur der Präsident ist befugt, Urteile zu genehmigen, aufzuheben oder umzuwandeln oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens anzuordnen.
Am 8. Juni 2023 erfuhr die Familie von Hoda Abdelmoniem, dass sie aus dem Frauengefängnis Al-Qanater in das Gefängnis der Stadt Al-Ashir min Ramadān verlegt worden war, und konnte sie dort erstmals seit August 2022 wieder besuchen. Hoda Abdelmoniem sagte ihrer Familie, dass man ihr in Al-Qanater vor der Verlegung alle Habseligkeiten weggenommen habe, auch Medikamente und ein Radio. Ohne das Radio kann sie keine Nachrichten mehr hören.
Am 25. Oktober 2021 kündigte Präsident Abdel Fattah al-Sisi an, dass er den seit 2017 geltenden Ausnahmezustand nicht verlängern werde. Durch diesen Ausnahmezustand war die Einrichtung der Staatssicherheitsgerichte (ESSC) erst möglich geworden. Paragraf 19 des Gesetzes über den Ausnahmezustand sieht vor, dass laufende Verfahren auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustands fortgesetzt werden können. Zu den Verstößen gegen das Recht auf ein faires Verfahren gehören das Recht auf angemessene Zeit und Einrichtungen für die Vorbereitung der Verteidigung, das Recht auf Kommunikation mit einem Rechtsbeistand eigener Wahl und das Recht auf eine öffentliche Anhörung. Darüber hinaus lehnen die Richter am ESSC routinemäßig Anträge von Rechtsbeiständen auf Fotokopien von Fallakten ab, die in einigen Fällen mehr als 2.000 Seiten umfassen, und weisen sie stattdessen an, diese im Gericht einzusehen.