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Teilerfolg gegen die Straflosigkeit
"Ein bedeutender Schritt nach vorn."
© CDHM Tlachinollan
Vor neun Jahren wurden Inés Fernández Ortega und Valentina Rosendo Cantú von Angehörigen des mexikanischen Militärs vergewaltigt. Bis heute kämpfen sie dafür, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Vor Gericht haben die beiden Frauen nun einen Teilerfolg erstritten.
"Ich weiß, dass es ein langer Prozess ist, aber ich werde weiterkämpfen, bis ich Recht bekomme." Das sagte Valentina Rosendo Cantú Amnesty International im Januar 2009. Zweieinhalb Jahre später ist sie zusammen mit Inés Fernández Ortega diesem Ziel näher gekommen. Im August 2011 räumte die Generalstaatsanwaltschaft des Militärs ein, dass die Strafverfolgung von Menschenrechtsverletzungen durch Militärangehörige nicht in ihre Zuständigkeit fällt. Das Verfahren gegen die Täter wird somit vor einem Zivilgericht und nicht, wie sonst üblich, vor einem Militärgericht verhandelt.
"Für uns ist das ein bedeutender Schritt nach vorn, denn die mexikanische Bevölkerung hat sich kontinuierlich dafür stark gemacht, dass die Fälle an die zivile Justiz übergeben werden", sagte Vidulfo Rosales, der Anwalt der beiden Frauen im Menschenrechtszentrum Tlachinollan im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero. "Dennoch besteht weiterhin die Möglichkeit, dass die Verantwortlichen ungeschoren davonkommen. Die Generalstaatsanwaltschaft ist verpflichtet, unverzüglich ein Strafverfahren zu eröffnen und die Soldaten zu bestrafen, die Inés und Valentina bereits als Täter genannt haben", so Rosales.
Beide Frauen gehören zur indigenen Gemeinschaft der Tlapaneca, die im Bundesstaat Guerrero lebt. Im Februar 2002 wurde Valentina Rosendo Cantú von Militärangehörigen zu einem Diebstahl befragt. Anschließend wurde sie vergewaltigt, weil sie nicht die gewünschten Informationen liefern konnte. Inés Fernández Ortega wurde im März 2002 aus ähnlichen Gründen vergewaltigt.
Das Einlenken der Generalstaatsanwaltschaft geht auf eine Entscheidung des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahr 2010 zurück. Darin hieß es, die Verfahren zu Menschenrechtsverletzungen durch das Militär müssten vor Zivilgerichten verhandelt werden. Die mangelnde Unabhängigkeit vieler Militärgerichte ist einer der Hauptgründe dafür, dass viele mutmaßliche Täter aus den Reihen des Militärs straffrei davonkommen oder Verfahren verschleppt werden.
Trotz der Entscheidung liegen eine Reihe von Vergewaltigungsfällen nach wie vor bei Militärgerichten. Übergriffe von Militärangehörigen auf die Zivilbevölkerung sind keine Seltenheit: 2010 hat die Nationale Menschenrechtskommission in Mexiko in mehr als 1.600 Fällen Beschwerden entgegengenommen. Bis heute ist Amnesty International nur ein Fall bekannt, bei dem ein Militärangehöriger wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilt wurde.
Laut Javier Zuñiga, Experte bei Amnesty, könnte das Verfahren von Inés Fernández Ortega und Valentina Rosendo Cantú zu einem wichtigen Präzedenzfall werden. "Die Staatsanwaltschaft muss die Verantwortlichen rasch vor Gericht stellen", forderte Zuñiga. "Man darf nicht zulassen, dass die mexikanische Militärjustiz einmal mehr die Schuldigen deckt, wenn Angehörigen der Armee Menschenrechtsverletzungen an Zivilpersonen zur Last gelegt werden."
Text: Ralf Rebmann