Amnesty Journal Jordanien 06. Februar 2009

Rastlose Reporterin

Jordanien
Eines der ersten Frauenhäuser der arabischen Welt gibt es seit 2007 in Jordanien. Im "Haus der Versöhnung" können Frauen und Mädchen, die vor sexueller Gewalt und Verfolgung durch Familienangehörige Schutz suchen, erst einmal aufatmen. Dass es eine solche Einrichtung gibt, dass Themen wie "Mord im Namen der Familienehre" und familiäre Gewalt in der jordanischen Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden, ist vor allem der Berichterstattung von Rana Husseini – Menschenrechtsverteidigerin, Feministin, Journalistin und Gerichtsreporterin der englischsprachigen "Jordan Times" zu verdanken.

Mit der konsequenten Veröffentlichung ihrer oft drastisch dargestellten Fallgeschichten gelang es der Preisträgerin des "Human Rights Watch Awards 2000" seit Ende der neunziger Jahre, Frauen- und Menschenrechtsorganisationen und sogar das Königshaus für diese bisher tabuisierten Themen zu interessieren und zu mobilisieren. Sie hat erreicht, dass inzwischen auch in den arabischsprachigen Medien über "Ehrenmorde" und Gewalt in der Familie berichtet wird und König Abdullah II. sich öffentlich hinter ihre Forderungen gestellt hat.

Trotz aller Erfolge liegt noch ein weiter Weg vor Rana Husseini und ihren Mitstreiterinnen. Bis heute hat das jordanische Parlament alle Anträge auf Abschaffung oder zumindest auf Abschwächung der Paragrafen 340 und 98 abgeschmettert – die Paragrafen erlauben es, das Strafmaß bei "Ehrenmorden" auf ein Minimum zu reduzieren. Das im Januar 2008 vom Parlament verabschiedete Gesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie gewährt zwar den Opfern Entschädigung, versäumt es aber, die Tat als kriminelle Handlung zu definieren. Daher "müssen wir all jene Gesetze ändern, die Frauen diskriminieren, im Strafrecht, im Zivil- und im Arbeitsrecht", meint Husseini. "Stereotype Darstellungen von Frauen in den Schulbüchern müssen verschwinden, und familiäre Gewalt an Frauen muss geächtet werden."

Und es sind nicht nur Gesetze, die Veränderungen schaffen: "Ein Gesetz ist nicht die Lösung. Wir brauchen mehr Aufklärung und mehr Berichterstattung. Ich ermutige alle, ihr Engagement für eine veränderte Wahrnehmung dieser Menschenrechtsverletzungen bis zum Erfolg fortzusetzen – eine Alternative dazu gibt es nicht."

Von Gudrun Sidrassi-Harth

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