Amnesty Report Papua-Neuguinea 23. Mai 2018

Papua-Neuguinea 2017/18

Report Cover 17/18

Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte war weiterhin vorherrschend; Strafgefangene, Flüchtlinge und Frauen waren die häufigsten Opfer. Verbale Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit den Wahlen führten in einigen Teilen des Landes zu gewaltsamen Zusammenstößen und Todesfällen. Mehr als 800 Flüchtlinge und Asylsuchende saßen noch immer in Papua-Neuguinea fest, nachdem die australischen Behörden sie unter Anwendung von Zwang dorthin verbracht hatten. Der Tod von zwei Flüchtlingen mit schweren psychischen Gesundheitsproblemen löste Besorgnis über die unzureichende Gesundheitsversorgung aus.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Australiens Politik, Flüchtlinge auf der zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel Manus in einer gefängnisähnlichen Einrichtung zu inhaftieren und abzufertigen, führte zu systematischen Verletzungen der Menschenrechte Hunderter Menschen. Im Februar 2017 wurde der iranische Flüchtling Loghman Sawari inhaftiert und angeklagt. Er hatte Papua-Neuguinea verlassen, um in Fidschi Asyl zu beantragen, wurde aber wieder nach Papua-Neuguinea abgeschoben. Die papua-neuguineischen Behörden warfen ihm vor, er hätte bei der Beantragung eines Reisepasses falsche Angaben gemacht. Im September ließ das Gericht jedoch mangels Beweisen alle gegen ihn erhobenen Anklagen fallen.

Im August bzw. Oktober 2017 starben zwei Flüchtlinge, vermutlich durch Suizid. Die Umstände ihres Todes wurden von einem Gerichtsmediziner Papua-Neuguineas untersucht.

Im September 2017 wurden ungefähr 25 Flüchtlinge in die USA verbracht. Die große Mehrheit der Flüchtlinge und Asylsuchenden blieb jedoch nach wie vor auf der Insel Manus gefangen.

Am 23. und 24. Oktober 2017 zwangen mit Metallstangen bewaffnete papua-neuguineische Migrations- und Polizeibeamte mehrere Flüchtlinge zum Verlassen der Flüchtlingseinrichtung auf dem Marinestützpunkt Lombrum. Sie brachten sie in die sogenannten Transitlager Hillside Haus, West Lorengau Haus und in das East Lorengau Transit Centre. Einige der Flüchtlinge erlitten dabei leichte Verletzungen. Die grundlegenden Versorgungsleistungen in den Einrichtungen Hillside Haus und West Lorengau Haus waren unzureichend; oft fiel die Wasser- und die Stromversorgung aus. Nach der Umsiedlung in die neuen Unterkünfte wurden die Flüchtlinge Opfer von Drohungen und gewalttätigen Übergriffen.

Polizei- und Sicherheitskräfte

Im April 2017 gaben papua-neuguineische Marineangehörige Schüsse auf die Flüchtlingseinrichtung Lombrum auf der Insel Manus ab, nachdem es zu Streitigkeiten über die Benutzung eines nahe gelegenen Fußballfeldes gekommen war. Ersten Meldungen der Behörden Papua-Neuguineas und Australiens zufolge hatte es keinen ernsthaften Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften gegeben, da nur ein einziges Mal in die Luft geschossen worden sei. Nachdem gerichtsmedizinische Untersuchungen ergeben hatten, dass die Einrichtung mehrfach direkt beschossen und damit das Leben von Flüchtlingen, Migrationsbeamten und privaten Betreibern gefährdet worden war, bestätigte Australien, dass bei dem Vorfall neun Personen verletzt worden waren, unter ihnen drei Flüchtlinge. Bis zum Jahresende wurden keine Untersuchungen zu dem Vorfall eingeleitet.

Im Mai 2017 erschossen nationale Sicherheitskräfte in der Stadt Lae 17 Gefangene bei dem Versuch aus einem Gefängnis auszubrechen. Dieses war bereits seit einiger Zeit wegen unzumutbarer Haftbedingungen, Mangel an sanitären Einrichtungen und Überbelegung bekannt. Die Behörden erklärten, dass der Vorfall untersucht werden solle, doch gab es bis zum Jahresende keine weiteren diesbezüglichen Informationen. Etwa die Hälfte der in der Einrichtung festgehaltenen Personen waren Untersuchungshäftlinge, von denen viele schon seit Jahren auf ihre Verfahren warteten.

Wahlbezogene Gewalt

Zwischen Ende Juni und August 2017 fanden Parlamentswahlen statt. Korruptionsvorwürfe, Misswirtschaft, der massive Ausschluss vieler Wahlberechtigter von der Stimmabgabe und die harte Reaktion der Regierungsbehörden darauf führten zu einer angespannten Atmosphäre. In einigen Fällen kam es zu Gewaltanwendung und Festnahmen.

Nach den Wahlen fanden gewaltsame Auseinandersetzungen wegen umstrittener Parlamentssitze statt, die bis Mitte August zum Tod von mindestens 20 Personen und dem Niederbrennen von etwa 120 Häusern in den Provinzen Enga und Southern Highlands führten.

Geschlechtsspezifische Gewalt

Geschlechtsspezifische Gewalt zählte weiterhin zu den größten Problemen des Landes. Am 14. Oktober 2017 starb die bekannte Journalistin Rosalyn Albaniel Evara. Familienmitgliedern und nahen Freunden zufolge wurde sie Opfer häuslicher Gewalt. Bis zum Jahresende war in diesem Fall noch keine Anklage erhoben worden.

Im November 2017 wurden einem sechsjährigen Mädchen Stich- und Brandverletzungen zugefügt, nachdem es in Enga der Hexerei bezichtigt worden war. Seine Mutter, Kepari Leniata, war im Jahr 2013 in Mount Hagen öffentlich lebendig verbrannt worden; die Täter wurden nie vor Gericht gestellt. Nach Gewalttaten im Zusammenhang mit Hexereibeschuldigungen leiteten die Behörden häufig weder ordnungsgemäße Ermittlungen noch strafrechtliche Verfolgungen ein. Grund dafür war der tiefsitzende Aberglaube der Bevölkerung, den auch Polizisten teilten.

Ebenfalls im November kündigte die Regierung Papua-Neuguineas an, dass sie Haushaltsmittel in Höhe von 25 Mio. Kina (7,8 Mio. US-Dollar) bereitstellen wolle, um damit die Gewalt gegen Frauen zu beenden, Maßnahmen zum Kinderschutz durchzuführen und Gewalt aufgrund von Hexereivorwürfen zu bekämpfen.

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