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Bosnien und Herzegowina 2017/18
Die Diskriminierung von Minderheiten war nach wie vor weit verbreitet. Es gab weiterhin Drohungen gegen und Angriffe auf Journalisten und die Freiheit der Medien. Der Zugang zu Gerechtigkeit und Entschädigungen für zivile Kriegsopfer blieb eingeschränkt.
Diskriminierung
Diskriminierung und gesellschaftliche Ausgrenzung waren trotz der Verabschiedung eines fortschrittlichen Antidiskriminierungsgesetzes im Jahr 2016 nach wie vor weit verbreitet. Dies betraf insbesondere Roma sowie Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche (LGBTI) und Menschen mit Behinderungen.
Die Zahl der Roma, die keine Ausweispapiere besaßen, ging zurück, und die Bemühungen, mehr Roma-Kinder in Grundschulen einzuschulen, wurden fortgesetzt. In den Bereichen Bildung, Wohnung, Gesundheitsversorgung und Beschäftigung wurden Roma jedoch weiterhin systematisch ausgegrenzt. Im Juli 2017 verabschiedete der Ministerrat einen neuen dreijährigen Aktionsplan zur Integration der Roma. Dieser zielte insbesondere darauf ab, die Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern und den Zugang zu Wohnraum und Gesundheitsversorgung zu erleichtern. Die Umsetzung des Plans wurde dadurch behindert, dass der Ministerrat das zweite Jahr in Folge einen Teil der dafür vorgesehenen Mittel strich.
Die Polizei ging Diskriminierungen und Gewalttaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche weiterhin nicht gründlich nach. Es gab keine strafrechtliche Verfolgung der Personen, die 2014 die Organisatoren des LGBTI-Filmfestivals Merlinka angegriffen haben sollen. Auch ein Vorfall aus dem Jahr 2016, als eine Gruppe junger Männer in der Hauptstadt Sarajevo in ein Café und Kino eindrangen, das als beliebter LGBTI-Treffpunkt gilt, und Gäste tätlich angriffen und schikanierten, blieb ohne strafrechtliche Konsequenzen. Im Mai 2017 konnte eine geplante öffentliche Versammlung zum Internationalen Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie nicht stattfinden, da das Verkehrsministerium des Kantons Sarajevo die erforderlichen Genehmigungen nicht rechtzeitig erteilte, obwohl im Vorfeld ein entsprechender Antrag gestellt worden war.
Menschen mit Behinderungen, insbesondere Frauen und Minderjährige, wurden weiterhin systematisch ausgegrenzt und hatten nur sehr begrenzt Zugang zu Gesundheitsversorgung und Regelschulen. Die Gesetzgebung unterschied zwischen Kriegsveteranen und zivilen Kriegsopfern einerseits und Menschen, deren Behinderungen keine Kriegsfolge waren, andererseits. Letztere wurden anders behandelt und erhielten geringere Zulagen und Sozialleistungen.
Die Behörden setzten das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahr 2009 im Fall Sejdić-Finci gegen Bosnien und Herzegowina nach wie vor nicht um. Das Gericht hatte festgestellt, dass die in der Verfassung festgelegte Machtaufteilung gegen das Diskriminierungsverbot verstößt. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen dürfen auch weiterhin nur Angehörige der drei "konstituierenden Völker" (Bosniaken, Serben und Kroaten) für politische Ämter kandidieren.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Journalisten waren 2017 unvermindert Einschüchterungen, politischem Druck und Angriffen ausgesetzt. Im Juli und August erhielt der Journalist Dragan Bursać, der für den Fernsehsender Al Jazeera Balkans arbeitete, eine Reihe von Morddrohungen, nachdem er in einem Beitrag öffentliche Versammlungen zur Unterstützung eines angeklagten Kriegsverbrechers in Banja Luka verurteilt hatte. Lokale Journalistenverbände dokumentierten bis Ende des Jahres fast 40 Fälle von direktem Druck, verbalen Drohungen und physischen Angriffen auf Journalisten.
Völkerrechtliche Verbrechen
Im November 2017 fällte der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag das erstinstanzliche Urteil im Fall des ehemaligen Anführers der bosnischen Serben, Ex-General Ratko Mladić. Das Gericht sprach ihn wegen Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Konflikts 1992–95 schuldig und verhängte eine lebenslange Haftstrafe.
Außerdem bestätigte der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien im November 2017 die Urteile gegen sechs ehemalige ranghohe politische und militärische Anführer der bosnischen Kroaten. Es war das letzte Urteil des Gerichtshofs, bevor er Ende Dezember seine Arbeit nach 24 Jahren einstellte.
In Bosnien und Herzegowina verlief die strafrechtliche Verfolgung völkerrechtlicher Verbrechen weiterhin schleppend. Ende 2017 waren vor den Gerichten noch Hunderte Fälle anhängig. Trotz gewisser Fortschritte litt die Strafverfolgung nach wie vor an mangelnden Kapazitäten und Ressourcen, einer ineffektiven Fallbearbeitung und anhaltenden politischen Widerständen. Zum Jahresende wurde mit der Überarbeitung der Nationalen Strategie gegen Kriegsverbrechen aus dem Jahr 2008 begonnen, um entscheidende institutionelle Mängel zu beheben und neue Fristen für die Erledigung der Fälle festzulegen.
Es gab 2017 gewisse Fortschritte, was die Angleichung der in den einzelnen Landesteilen unterschiedlichen Gesetze betraf, die die Rechte ziviler Kriegsopfer, einschließlich der Opfer sexualisierter Gewalt in Kriegszeiten, regelten. Die staatliche Hilfe für Opfer von sexualisierter Gewalt in Kriegszeiten blieb jedoch lückenhaft und war vom Wohnsitz abhängig. Opfer, die in der Republika Srpska wohnten, waren von Sozialleistungen für zivile Kriegsopfer ausgeschlossen. Die Regierung der Republika Srpska billigte im Dezember 2017 einen Gesetzentwurf zum Schutz von Opfern von Kriegsfolter. Er sollte dazu dienen, die Rechte der Opfer anzuerkennen, enthielt allerdings Bestimmungen, die zu einer Benachteiligung nichtserbischer Opfer führen könnten. Keinerlei Fortschritte gab es in Bezug auf die Verabschiedung des Gesetzes zum Schutz von Folteropfern auf gesamtstaatlicher Ebene. Durch das Gesetz würden Kriegsopfern auf dem gesamten Staatsgebiet von Bosnien und Herzegowina bestimmte Rechte und Ansprüche zuerkannt.
Die Strafgerichte entschieden vermehrt, dass Opfer von Kriegsvergewaltigungen Anspruch auf finanzielle Entschädigung haben. Die Zahl der rechtskräftigen Urteile, die Opfern von Kriegsverbrechen in Strafverfahren finanzielle Entschädigungen zusprachen, erhöhte sich 2017 auf vier. Bis zum Jahresende waren jedoch noch keine Entschädigungen gezahlt worden. Den verurteilten Tätern fehlte es an den notwendigen Mitteln, und es gab keine alternative Regelung, um Opfer krimineller Handlungen zu entschädigen, wenn verurteilte Täter dazu nicht in der Lage waren.
Viele Opfer waren nach wie vor gezwungen, in Zivilprozessen auf Entschädigung zu klagen, was bedeutete, dass sie ihre Identität preisgeben und zusätzliche Kosten tragen mussten. Nachdem das Verfassungsgericht 2016 entschieden hatte, dass für Entschädigungsforderungen bei nichtmateriellen Schäden eine Verjährungsfrist gelte und entsprechende Forderungen – selbst bei Kriegsverbrechen – nur an die Täter und nicht an den Staat zu richten seien, wurden 2017 zahlreiche Klagen abgewiesen. Dies schränkte die Möglichkeiten der Opfer, eine Wiedergutmachung zu fordern, weiter ein und bürdete ihnen die hohen Gerichtsgebühren auf.
Obwohl mittlerweile die sterblichen Überreste von mehr als 75 % der seit dem bewaffneten Konflikt vermissten Personen exhumiert und identifiziert werden konnten, wurden noch immer 8000 Personen vermisst. Die Exhumierungen kamen weiterhin kaum voran, weil es an Geld und fachlicher Kompetenz mangelte. Das Gesetz über vermisste Personen war 2017 noch immer nicht umgesetzt, und der Fonds für die Angehörigen vermisster Personen hatte noch keinen Etat.