Amnesty Report Turkmenistan 08. Mai 2012

Turkmenistan 2012

 

Amtliche Bezeichnung: Turkmenistan Staats- und Regierungschef: Gurbanguly Berdimuhammedow Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 5,1 Mio. Lebenserwartung: 65 Jahre Kindersterblichkeit: 45,3 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 99,6%

Der UN-Ausschuss gegen Folter stellte 2011 fest, dass Folter in Turkmenistan weit verbreitet war. Die Regierung ging im Berichtsjahr unvermindert hart gegen Journalisten und Menschenrechtsverteidiger vor.

Folter und andere Misshandlungen

Immer wieder gab es Berichte über Folter oder andere Misshandlungen an Menschenrechtsverteidigern, Journalisten und Angehörigen religiöser Minderheiten durch die Polizei, Beamte des Ministeriums für Nationale Sicherheit und Gefängnispersonal. Die Behörden führten keine wirksamen Ermittlungen in Bezug auf solche Vorwürfe durch.

Im Juni 2011 veröffentlichte der UN-Ausschuss gegen Folter seine abschließenden Beobachtungen über Turkmenistan. Der Ausschuss äußerte sich besorgt angesichts der "zahlreichen und einhelligen Vorwürfe über die weit verbreitete Praxis von Folter und Misshandlungen an Gefangenen".

Unterdrückung abweichender Meinungen

Die Behörden unterdrückten weiterhin abweichende Meinungen. Journalisten mit Kontakten zu ausländischen Medien, in denen Kritik an der Regierung geübt wurde, waren Schikanen und Einschüchterungen ausgesetzt. Unabhängige zivilgesellschaftlich engagierte Personen konnten sich nicht offen politisch betätigen. Der UN-Ausschuss gegen Folter drängte die Regierung "zu gewährleisten, dass Menschenrechtsverteidiger und Journalisten weder in Turkmenistan noch im Ausland aufgrund ihrer Tätigkeiten zu Opfern von Einschüchterung oder Gewalt werden". Die Behörden benutzten weiterhin Zwangseinweisungen in psychiatrische Kliniken, um Verfechter abweichender Meinungen mundtot zu machen.

  • Die mit der NGO Turkmenische Helsinki-Stiftung in Verbindung stehenden gewaltlosen politischen Gefangenen Annakurban Amanklychev und Sapardurdy Khadziev verbüßten nach wie vor Haftstrafen wegen "illegalen Erwerbs, Besitzes oder Verkaufs von Munition oder Schusswaffen". Die Strafen waren 2006 in einem unfairen Verfahren gegen sie verhängt worden. Der UN-Ausschuss gegen Folter drängte die Regierung, der Aufforderung der UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen aus dem Jahr 2010 zu entsprechen, die beiden unverzüglich freizulassen und ihnen eine angemessene finanzielle Entschädigung zu zahlen.

  • Dovletmyrat Yazkuliev, ein Reporter von Radio Free Europe/Radio Liberty, kam am 26. Oktober 2011 im Rahmen einer Amnestie durch den Präsidenten aus der Haft frei. Nach einer kurzen Verhandlung Anfang Oktober hatte man ihn für schuldig befunden, einen Verwandten in den Selbstmord getrieben zu haben, und ihn zu fünf Jahren Haft verurteilt. Seine Anhänger erklärten indes, man habe ihn wegen seiner Reportage über eine Explosion in einem Waffendepot in der Nähe von Aschgabat im Juli, bei der zahlreiche Menschen ums Leben gekommen waren, ins Visier genommen. Einige Monate zuvor hatte er über die Revolutionen in Nordafrika und im Nahen Osten berichtet und Vergleiche zur Situation in Turkmenistan gezogen.

  • Amangelen Shapudakov, ein 80-jähriger engagierter Bürger, wurde am 7. März 2011 festgenommen und 40 Tage lang in einer psychiatrischen Klinik festgehalten, nachdem er auf Radio Azatlyq (dem turkmenischsprachigen Dienst von Radio Free Europe/Radio Liberty) ein Interview gegeben und darin einen lokalen Regierungsbeamten der Korruption bezichtigt hatte.

  • Die unabhängige, aus dem Ausland betriebene Nachrichtenwebseite Chronicles of Turkmenistan wurde am 18. Juli 2011 von Hackern angegriffen und lahmgelegt, nachdem sie wenige Tage zuvor Materialien über die Explosion des Waffendepots in der Nähe von Aschgabat veröffentlicht hatte. Die Hacker sollen Berichten zufolge Informationen über die Nutzer der Seite veröffentlicht haben, darunter auch über Personen in Turkmenistan, die dadurch in Gefahr gerieten, von den Behörden schikaniert zu werden. Lokale Beamte suchten die Mutter des Chefredakteurs zu Hause auf und stellten ihr dem Vernehmen nach einschüchternde Fragen. Anschließend berichtete sie, dass sie unter Beobachtung stehe.

Religionsfreiheit

Religiöse Aktivitäten wurden in Turkmenistan nach wie vor streng kontrolliert. Viele religiöse Minderheiten sahen sich mit Behinderungen bei der Registrierung konfrontiert, was sie immer wieder zu Opfern von Schikanen durch die Regierung machte.

Die Weigerung, den Militärdienst abzuleisten, blieb weiterhin strafbar, und es gab keine zivile Alternative für Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen. Acht Zeugen Jehovas verbüßten wegen Militärdienstverweigerung Haftstrafen, während einer eine Bewährungsstrafe erhielt. Der protestantische Pastor Ilmurad Nurliev blieb weiterhin in Haft.

Verschwindenlassen

Die Behörden hielten nach wie vor Informationen über den Verbleib zahlreicher Personen zurück, die im Zusammenhang mit dem angeblichen Mordanschlag auf den früheren Präsidenten Saparmurad Nijasow im November 2002 festgenommen und verurteilt worden waren. Der UN-Ausschuss gegen Folter drängte die Regierung, unverzügliche, unparteiische und gründliche Ermittlungen über sämtliche ungeklärten Fälle von mutmaßlichem Verschwindenlassen zu gewährleisten und die Angehörigen der Opfer über deren Ausgang zu informieren.

Recht auf Bewegungsfreiheit

Am 1. August 2011 wurde es turkmenischen Studierenden, die in Tadschikistan studierten und über die Ferien nach Hause gekommen waren, verwehrt, an ihren Studienort zurückzukehren und ihr Studium fortzusetzen. Im Oktober wurde das Verbot aufgehoben, doch hinderte man einige Studierende nach wie vor daran, an ihre Universitäten zurückzukehren. Die turkmenischen Behörden nannten keine Gründe dafür.

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