Amnesty Report Kuba 09. Mai 2012

Kuba 2012

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Kuba Staats- und Regierungschef: Raúl Castro Ruz Todesstrafe: nicht abgeschafft Einwohner: 11,3 Mio. Lebenserwartung: 79,1 Jahre Kindersterblichkeit: 5,8 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 99,8%

Die letzten elf gewaltlosen politischen Gefangenen, die Opfer der Verhaftungswelle gegen Regimekritiker im März 2003 waren, kamen im März 2011 zusammen mit 62 weiteren politischen Gefangenen frei. Doch die staatliche Repression dauerte auch im Berichtsjahr an und führte zu Hunderten von Festnahmen und kurzfristigen Inhaftierungen. Journalisten und politische Dissidenten waren Schikanen und Einschüchterungsversuchen durch Angehörige der Sicherheitskräfte und Anhänger der Regierungspartei ausgesetzt, die mit stillschweigendem Einverständnis der Regierung agierten.

Hintergrund

Ganz im Gegensatz zur medienwirksam dargestellten Freilassung mehrerer prominenter Dissidenten unterdrückten die kubanischen Behörden auch 2011 weiter die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Hunderte von Dissidenten und Aktivisten der Demokratiebewegung wurden schikaniert, eingeschüchtert und willkürlich inhaftiert.

Im April verabschiedete die Kommunistische Partei Kubas auf ihrem ersten Parteitag seit 1997 ein Paket von über 300 Wirtschaftsreformen, die sukzessive eingeführt werden sollen. Es wurden dagegen weder Resolutionen verabschiedet, die den Kubanern mehr bürgerliche und politische Rechte einräumen, noch Gesetzesreformen zur Erweiterung der politischen Freiheit auf der Insel. Die kubanische Regierung führte im Laufe des Berichtsjahres einige zaghafte Wirtschaftsreformen ein. So erlaubte sie den Verkauf privater Autos und Häuser und ließ auch einige Erwerbsmöglichkeiten zu, die nicht unter ihrer direkten Kontrolle stehen.

  • Der im Dezember 2009 wegen der Verbreitung von Telekommunikationsgeräten auf der Insel verhaftete US-Bürger Alan Gross wurde von einem kubanischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren wegen Gefährdung der Staatssicherheit verurteilt. Die Bemühungen mehrerer Vertreter der US-Regierung und bekannter Persönlichkeiten um seine Freilassung aus humanitären Gründen blieben erfolglos.

Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit von Dissidenten, Journalisten und Menschenrechtsverteidigern wurden von den Behörden nach wie vor stark eingeschränkt. Viele Menschen aus diesem Personenkreis wurden willkürlich unter Hausarrest gestellt bzw. von den Behörden oder Anhängern der Regierung in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und an der Durchführung ihrer legitimen friedlichen Aktivitäten gehindert. Alle Medien standen weiter unter der Kontrolle der Regierung.

Unterdrückung abweichender Meinungen Im Februar 2011 nahmen die Behörden an einem einzigen Tag mehr als 100 Personen in Haft und stellten 50 weitere unter Hausarrest – ein Präventivschlag gegen engagierte Bürger, die an den Tod des Dissidenten Orlando Zapata Tamayo erinnern wollten. Zapato war im Februar 2010 nach über 80 Tagen im Hungerstreik im Gefängnis gestorben.

  • Am 22. Februar wurden Reina Luisa Tamayo, die Mutter von Orlando Zapata, ihr Mann José Ortiz und der Menschenrechtsverteidiger Daniel Mesa in Banes (Provinz Holguín) beim Verlassen des Hauses von etwa 15 Beamten des staatlichen Sicherheitsdienstes festgenommen. Mit ihrer Festnahme sollte verhindert werden, dass sie am 23. Februar Aktivitäten zum Gedenken an den ersten Jahrestag von Orlando Zapatas Tod organisierten. Alle drei wurden nach zwölf Stunden wieder freigelassen. Im Juni ging Reina Luisa Tamayo mit ihrer Familie in die USA ins Exil.

Gewaltlose politische Gefangene

Im März 2011 ließen die kubanischen Behörden die letzten elf gewaltlosen politischen Gefangenen frei, die bei der Verhaftungswelle gegen Regimekritiker im März 2003 festgenommen worden waren. Auch andere politische Gefangene kamen auf freien Fuß, von denen einige bereits seit den 1990er Jahren einsaßen. Die Freilassung der letzten 52 gewaltlosen politischen Gefangenen hatte im Juli 2010 nach einer Vereinbarung mit der spanischen Regierung und einem Dialog mit der katholischen Kirche begonnen. Die meisten ehemaligen Gefangenen und ihre Angehörigen wurden gezwungen ins Exil zu gehen, nur wenige durften in Kuba bleiben.

  • Néstor Rodríguez Lobaina, Vorsitzender und Mitbegründer der Kubanischen Jugendbewegung für die Demokratie (Movimiento Cubano de Jóvenes por la Democracia), wurde gezwungen, nach Spanien ins Exil zu gehen. Der gewaltlose politische Gefangene war im Dezember 2010 verhaftet und ohne Gerichtsverfahren vier Monate lang festgehalten worden, weil er sich im August 2010 in seiner Wohnung mit anderen Dissidenten getroffen und vor dem Haus regierungskritische Transparente aufgehängt hatte. Néstor Rodríguez Lobaina hatte bereits zwischen 2000 und 2005 eine sechsjährige Gefängnisstrafe wegen Missachtung der Behörden verbüßt.

Willkürliche Inhaftierungen Auch 2011 führten die Behörden willkürliche Inhaftierungen durch, um Kritiker der Regierung zum Schweigen zu bringen.

Die "Damen in Weiß" (Damas de Blanco), eine Gruppe von Angehörigen der gewaltlosen politischen Gefangenen, die im Zuge der Verhaftungswelle von 2003 festgenommen worden waren, mussten bei ihren Protestaktionen in verschiedenen kubanischen Städten immer mit willkürlichen Festnahmen und tätlichen Angriffen rechnen. Im August 2011 wurden in der Stadt Santiago de Cuba fünf "Damen in Weiß" bereits auf dem Weg zur Kathedrale verhaftet, wo sie ihren Protestmarsch beginnen wollten. Wenige Tage später wurden 19 Mitglieder der Gruppe erneut in Haft genommen und 49 "Damen in Weiß" sowie Mitglieder der Unterstützergruppe Damas de Apoyo daran gehindert, im Zentrum von Havanna eine Solidaritätskundgebung für ihre Mitstreiterinnen in Santiago de Cuba und in anderen Provinzen im Osten der Insel durchzuführen. Wiederholt berichteten die "Damen in Weiß", dass sie bei ihren gewaltfreien Protestmärschen von Regierungsanhängern verbal und körperlich attackiert worden seien. Im Oktober wurden 26 Mitglieder der Gruppe von den Behörden vorübergehend in Haft genommen, um ihre Teilnahme an einem Treffen unmittelbar nach dem Tod ihrer Sprecherin Laura Pollán zu verhindern. Im Juli wurden in Palma Soriano in der Provinz Santiago de Cuba vor einem Protestmarsch der "Damen in Weiß", der vor der Kirche Nuestra Señora del Rosario beginnen sollte, mehr als 20 Mitglieder der Unterstützergruppe festgenommen. Weitere Dissidenten wurden auf dem Weg zur Kirche in Gewahrsam genommen, damit sie nicht an dem friedlichen Marsch teilnehmen konnten.

US-Embargo gegen Kuba

Im Januar 2011 gab die US-Regierung eine geringfügige Lockerung des Embargos bekannt. So wurden Reisen nach Kuba für Studierende, Künstler, Kirchengruppen und Journalisten erleichtert. Im Oktober verabschiedete die UN-Generalversammlung zum zwanzigsten Mal eine Resolution, mit der die USA dazu aufgefordert wurden, das seit 1962 bestehende Wirtschafts- und Handelsembargo gegen Kuba aufzuheben.

In Kuba tätige UN-Organisationen wie WHO, UNICEF und UNFPA berichteten auch 2011 von den negativen Auswirkungen des US-Embargos auf die Gesundheit der kubanischen Bevölkerung, vor allem der Menschen aus benachteiligten Gruppen. Der Zugang zu bestimmten Bedarfsgütern, Geräten, Medikamenten und Labormaterialien war stark eingeschränkt. Es galten nach wie vor Importbeschränkungen für Waren US-amerikanischer Unternehmen oder ihrer Tochtergesellschaften und für nach US-Patenten gefertigte Erzeugnisse.

Amnesty International: Missionen

Seit 1990 verweigern die kubanischen Behörden Vertretern von Amnesty International die Einreise.

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