Amnesty Report Kuba 19. Mai 2010

Kuba 2010

Amtliche Bezeichnung: Republik Kuba Regierungschef: Raúl Castro Ruz Todesstrafe: nicht abgeschafft Einwohner: 11,2 Mio. Lebenserwartung: 78,5 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 9/6 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 99,8%

Die Behörden schränkten die bürgerlichen und politischen Rechte 2009 weiterhin stark ein, und Regierungskritiker waren nach wie vor inhaftiert. Viele von ihnen berichteten, dass sie während der Haft geschlagen worden seien. Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung waren an der Tagesordnung. Die Regierung beschnitt weiterhin das Recht auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Das US-Embargo blieb bestehen, obwohl die Kritik daran sowohl innerhalb als auch außerhalb der USA zunahm.

Hintergrund

Die Beziehungen zwischen Kuba und den USA verbesserten sich im Lauf des Jahres 2009. Die Regierungen nahmen Gespräche über Migrationsthemen und die Wiedereinführung eines direkten Postverkehrs zwischen den beiden Ländern auf. Vertreter des US-Kongresses trafen während eines Kuba-Besuchs im April mit dem kubanischen Präsidenten zusammen.

Der Ministerrat wurde im März größtenteils umgebildet. Minister, die während der letzten Amtsjahre von Fidel Castro Schlüsselpositionen innehatten, wurden ausgetauscht. Im Juni hob die Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) den 47 Jahre andauernden Ausschluss Kubas aus der Organisation auf. Kubas Mitgliedschaft ist jedoch an die Bedingung geknüpft, dass es die OAS-Grundsätze befolgt.

Im Rahmen der universellen regelmäßigen Überprüfung beschäftigte sich der UN-Menschenrechtsrat im Februar mit dem Menschenrechtsbericht Kubas. Das Land akzeptierte einige allgemeine Verpflichtungen, lehnte aber die meisten der Empfehlungen ab, die sich auf den Schutz und die Förderung bürgerlicher und politischer Rechte bezogen. Im Mai wurde Kuba für weitere drei Jahre in den Menschenrechtsrat gewählt. Den für Oktober 2009 geplanten Besuch des UN-Sonderberichterstatters über Folter verschoben die kubanischen Behörden auf das Jahr 2010.

Gewaltlose politische Gefangene

Ende 2009 befanden sich 55 gewaltlose politische Gefangene allein wegen der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung weiterhin in Haft. Der politische Gefangene Nelson Aguiar Ramírez kam im Lauf des Berichtsjahrs aus gesundheitlichen Gründen frei; Reinaldo Miguel Labrada Peña hatte seine Strafe verbüßt.

  • Der Menschenrechtsverteidiger Darsi Ferrer und seine Frau, Yusnaimy Jorge, wurden am 9. Juli 2009 in ihrer Wohnung in Havanna festgenommen und der Hehlerei mit illegaler Ware beschuldigt. Das Ehepaar hatte vor, am selben Tag einen sogenannten "Spaziergang deiner Träume" entlang Havannas Seepromenade Malecón anzuführen. Darsi Ferrer ist Arzt und Präsident des unabhängigen Gesundheits- und Menschenrechtszentrums Juan Bruno Zayas, das Randgruppen der kubanischen Gesellschaft in Havanna unterstützt. Er wurde auf der Polizeiwache Aguilera in Lawton von sieben Polizisten geschlagen. Das Ehepaar kam unter Vorbehalt am selben Tag kurz nach Mitternacht frei. Am 21. Juli wurde Darsi Ferrer erneut festgenommen und des "Widerstands gegen die Staatsgewalt" beschuldigt. Eine Freilassung gegen Kaution wurde abgelehnt. Man brachte ihn ins Gefängnis von Valle Grande in der Provinz Havanna, ein Hochsicherheitsgefängnis für verurteilte Kriminelle. Ende 2009 befand er sich noch immer in Haft und wartete auf seinen Prozess.

Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Das Recht auf freie Meinungsäußerung war weiterhin stark eingeschränkt. Alle Massenmedien und das Internet blieben unter staatlicher Kontrolle. Die Behörden sperrten nach wie vor den Zugang zu Internetseiten von Bloggern und Journalisten, die der Regierung kritisch gegenüberstanden. Es wurden weiterhin Anzeigen wegen angeblicher "Gefährdung" gestellt, um die Dissidenten an der Ausübung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu hindern. Unabhängige Journalisten und Blogger sahen sich mit Einschüchterungen konfrontiert. Einige von ihnen wurden mit Strafverfolgung bedroht, andere inhaftiert.

  • Im September 2009 wurde Yosvani Anzardo Hernández, Herausgeber der Internetzeitschrift Candonga und Korrespondent einer in Miami erstellten Nachrichtenwebsite, von Polizisten in seiner Wohnung in der Provinz Holguín festgenommen. Bei der Festnahme beschlagnahmten die Beamten den Computer, auf dem die Daten seiner Internetzeitschrift gespeichert waren. Während seiner Haft im Gefängnis von Pedernales in der Provinz Holguín wurde ihm mit einem Strafverfahren auf Grundlage des Gesetzes Nr. 88 zum Schutz der nationalen Unabhängigkeit und Wirtschaft Kubas gedroht. Nach zwei Wochen kam er ohne Anklage frei.

Bewegungsfreiheit

Beschränkungen der Bewegungsfreiheit hinderten Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und politisch engagierte Bürger an der Ausübung rechtmäßiger und friedlicher Aktivitäten.

  • Im September 2009 verwehrten die kubanischen Behörden Yoani Sánchez, der Autorin des populären Blogs Generación Y, ein Ausreisevisum. Sie wollte in die USA reisen, um an der New Yorker Columbia-Universität den Maria-Moors-Cabot-Preis für Journalismus entgegenzunehmen. Auch ein Ausreisevisum für Brasilien wurde ihr verweigert. Sie war vom brasilianischen Senat eingeladen worden, um vor der Parlamentskammer eine Rede zu halten und ihr Buch bei einer Konferenz vorzustellen. Im November zerrten Staatssicherheitsbeamte Yoani Sánchez und den Blogger Orlando Luis Pardo in ein Auto, schlugen und bedrohten sie, bevor sie sie wieder freiließen. Die Angreifer sagten zu Yoani Sánchez: "Bis hierhin haben wir dich gewähren lassen. Jetzt ist Schluss damit."

US-amerikanisches Embargo

Das US-amerikanische Embargo gegen Kuba wirkte sich weiterhin nachteilig auf die wirtschaftlichen und sozialen Rechte der kubanischen Bevölkerung aus. US-amerikanische Gesetze beschränkten die Ausfuhr von in den USA hergestellten oder patentierten Gütern und Ausrüstungen nach Kuba und verhinderten so nach wie vor den Zugang des Landes zu Medikamenten und medizinischer Technologie. In Kuba tätige Abteilungen der Vereinten Nationen waren ebenfalls vom Embargo betroffen.

Im April lockerte der US-amerikanische Präsident Barack Obama die Reisebeschränkungen: Einzelpersonen erhielten die Erlaubnis, Verwandte in Kuba zu besuchen und ihnen Geld zu schicken. Im September verlängerte er jedoch für ein weiteres Jahr seine Befugnis, finanzielle Sanktionen gegen Kuba im Rahmen des Gesetzes von 1917 über den Handel mit dem Feind (Trading with the Enemy Act) zu verhängen. Im 18. Jahr in Folge stimmte eine überwältigende Mehrheit in der UN-Generalversammlung für eine Resolution, die die USA aufforderte, ihr Embargo gegen Kuba aufzuheben. Eine Gruppe US-amerikanischer Senatoren, zu der sowohl Demokraten als auch Republikaner gehörten, legte einen Entwurf zu einem Gesetz vor, das allen US-amerikanischen Bürgern erstmals seit 1962 erlauben würde, frei nach Kuba zu reisen. Dem Kongress wurden weitere Gesetzentwürfe vorgelegt, die eine Lockerung oder vollständige Aufhebung des Embargos zum Ziel hatten. Ende 2009 war über diese Gesetzentwürfe noch nicht entschieden worden.

Todesstrafe

Hinrichtungen fanden nicht statt. Drei Personen waren Ende 2009 noch in Todeszellen inhaftiert; Präsident Raúl Castro hatte die meisten Todesurteile 2008 in Haftstrafen umgewandelt.

  • Die Todesurteile gegen Otto René Rodríguez Llerena und Raúl Ernesto Cruz León, beide salvadorianische Staatsangehörige, blieben bestehen. Sie waren 1999 wegen Terrorismus verurteilt worden und hatten gegen die Urteile Rechtsmittel eingelegt, über die der Oberste Volksgerichtshof Ende 2009 noch nicht entschieden hatte.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Amnesty International hat seit 1990 keine Erlaubnis erhalten, Kuba zu besuchen.

Cuba: Fear for safety – Jorge Luis García Pérez; Iris Tamara Pérez Aguilera; Carlos Michael Morales Rodríguez; Diosiris Santana Pérez; Ernesto Mederos Arrozarena (AMR 25/003/2009)

Cuba: Harassment – Edgard López Moreno (AMR 25/005/2009)

Cuba: The US embargo against Cuba – Its impact on economic and social rights (AMR 25/007/2009)

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