Amnesty Report Kuba 18. Mai 2009

Kuba 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Kuba Staats- und Regierungschef: Raúl Castro Ruz Todesstrafe: nicht abgeschafft Einwohner: 11,3 Mio. Lebenserwartung: 77,7 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 7/6 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 99,8%

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit blieben 2008 weiterhin eingeschränkt. Journalisten und politische Dissidenten sahen sich mit Schikanen und Einschüchterungen durch Sicherheitsbeamte konfrontiert. Vier gewaltlose politische Gefangene kamen Anfang des Jahres frei; 58 blieben inhaftiert. Die Kubaner litten nach wie vor unter den negativen Auswirkungen des US-amerikanischen Embargos, vor allem in Bezug auf das Recht auf Nahrung.

Hintergrund

Im Februar nominierte das Parlament Raúl Castro zum Vorsitzenden des Staatsrats und machte ihn zum Staatsoberhaupt und Regierungschef. Kuba unterzeichnete den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Es wurde kein Datum für die Ratifizierung festgelegt.

Kuba nahm die Beziehungen zur EU wieder auf, fünf Jahre nachdem die EU infolge der Festnahme und Verurteilung von 75 gewaltlosen politischen Gefangenen im März 2003 Sanktionen verfügt hatte. Die EU hob ihre diplomatischen Sanktionen auf und trat in einen Dialog mit den staatlichen Behörden über zahlreiche Themen, zu denen auch die Menschenrechte gehörten.

Während der ersten Jahreshälfte wurden im Landwirtschaftssektor wirtschaftliche Reformen eingeführt. Die durch zahlreiche Wirbelstürme verursachten Verwüstungen behinderten jedoch die Reforminitiativen der Regierung. Offiziellen Quellen zufolge wurden Zehntausende Menschen durch die Wirbelstürme obdachlos, und das Land erlitt in der landwirtschaftlichen Produktion Verluste in Höhe von fast 1 Mrd. US-Dollar. Die Kubaner erhielten erstmalig die Erlaubnis, Mobiltelefone und Computer für die private Nutzung zu kaufen, der Zugang zum Internet blieb allerdings eingeschränkt. Im Oktober verabschiedete die UN-Generalversammlung im 17. Jahr in Folge eine von 185 Ländern unterstützte Resolution, die die USA dazu aufruft, das Kuba-Embargo zu beenden.

Auswirkungen des US-amerikanischen Embargos

Das US-amerikanische Embargo und diesbezügliche Maßnahmen wirkten sich weiterhin negativ auf die Einhaltung der Menschenrechte aus. Die Bewegungsfreiheit zwischen Kuba und den USA und die Familienzusammenführung blieben empfindlich eingeschränkt. Auch die Anwendung extraterritorial wirkender US-amerikanischer Gesetzgebung begrenzte die Möglichkeiten für die kubanische Regierung, neben anderen Waren Nahrungsmittel, Medikamente und Baumaterial von Kubas Handelspartnern zu kaufen. Kuba erhielt jedoch die Erlaubnis, in den USA Grundnahrungsmittel mit einem Gegenwert von 530 Mio. US-Dollar zu kaufen, die in bar im Voraus bezahlt werden mussten.

Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit Das Recht auf freie Meinungsäußerung war weiterhin eingeschränkt; alle Massenmedien blieben unter staatlicher Kontrolle. Journalisten, die für unabhängige und alternative Nachrichtenagenturen arbeiteten, sahen sich mit Schikanen und Einschüchterungen in Form von kurzzeitigen Festnahmen sowie Überwachung durch Sicherheitsbeamte konfrontiert. Oppositionellen politischen Gruppen und vielen Bürger- und Berufsverbänden wurde der legale Status nach wie vor verwehrt. Im Dezember wurden mehr als 30 Personen von den kubanischen Behörden für kurze Zeit festgenommen, um sie daran zu hindern, den Internationalen Tag der Menschenrechte in Havanna zu feiern.

  • Der Journalist Carlos Serpa Maceira von der Sindical Press News Agency wurde im Juni 2008 in seinem Haus in Havanna festgenommen. Er wurde beschuldigt, sich an "provokativen und gewinnsüchtigen Handlungen unter Führung der US-amerikanischen Interessenvertretung in Kuba" beteiligt zu haben. Beamte wiesen Carlos Serpa Maceira an, nicht mehr als Journalist zu arbeiten, sonst werde er in seine Heimatstadt abgeschoben. Er kam später frei.

  • Im Juli 2008 hinderten die Behörden eine große Anzahl von Dissidenten daran, an verschiedenen Veranstaltungen in Havanna teilzunehmen, so am Treffen der Zivilgesellschaft zur "Übergangsagenda" (Agenda para la Transición) und an einer von der US-amerikanischen Interessenvertretung organisierten Veranstaltung zur Feier des Unabhängigkeitstags der USA. Einige Personen wurden davon abgehalten, in die Hauptstadt zu fahren, andere durften ihre Häuser in Havanna nicht verlassen. Außerdem nahm die Polizei etwa 30 Personen fest, die sie wenige Stunden später oder am nächsten Tag wieder freiließ.

Gewaltlose politische Gefangene

Ende 2008 wurden 58 gewaltlose politische Gefangene nur deshalb in Gewahrsam gehalten, weil sie ihre politischen Ansichten kundgetan hatten. Im Februar kamen vier gewaltlose politische Gefangene aus gesundheitlichen Gründen frei, mussten aber das Land verlassen. Es gab Berichte über Schikanen und Einschüchterungen gegenüber gewaltlosen politischen Gefangenen durch andere Gefängnisinsassen oder Gefängniswärter.

Justizsystem

Das Justizsystem wurde weiterhin dazu benutzt, politische Dissidenten, die in Opposition zur kubanischen Regierung standen, zu schikanieren, vor allem, indem Beschuldigungen der "Gefährdung" herangezogen wurden. Journalisten, politische Dissidenten und Regierungskritiker wurden 24 oder 48 Stunden lang in Gewahrsam gehalten und dann ohne Anklage freigelassen.

  • Gorki Águila, ein Musiker der Band Porno Para Ricardo, wurde im August 2008 in Havanna festgenommen und der "Gefährdung" beschuldigt mit der Begründung, seine Liedtexte seien regierungskritisch. Am 29. August ließ das Gericht die Anklage der "Gefährdung" fallen, verurteilte ihn jedoch wegen des geringfügigeren Delikts des zivilen Ungehorsams zu einer Geldstrafe.

Todesstrafe

Im April 2008 kündigte Präsident Raúl Castro an, dass fast alle Todesurteile in lebenslange Haftstrafen umgewandelt werden sollen. Im Berichtsjahr fanden keine Hinrichtungen statt.

Im Dezember enthielt sich Kuba zum zweiten Mal der Stimme bei einer Resolution der UN-Generalversammlung, die sich für ein weltweites Hinrichtungsmoratorium aussprach.

Amnesty International: Berichte

Cuba: Submission to the UN Universal Periodic Review: Fourth session of the UPR Working Group of the Human Rights Council, February 2008 (AMR 25/002/2008) Cuba: Five years too many, new government must release jailed dissidents (18 March 2008)

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